Füchse-Sportvorstand Stefan Kretzschmar - "In Berlin gibt es kein Mittelmaß"

Mi 27.10.21 | 15:00 Uhr | Von Nico Giese
Stefan Kretzschmar (Quelle: picture alliance/SvenSimon/Anke Waelischmiller)
Video: ARD Morgenmagazin | 27.10.2021 | Johanna Rüdiger | Bild: picture alliance/SvenSimon/Anke Waelischmiller

Stefan Kretzschmar träumt mit den Füchsen vom großen Erfolg. Sieben Siege und ein Unentschieden an acht Spieltagen - eine Kampfansage an die Spitze der Handball-Bundesliga. Eine Momentaufnahme oder der erwartete Erfolg? Von Nico Giese

Die Füchse haben einen Lauf. Vergangenen Sonntag gewannen die Berliner gegen TuS N-Lübbecke mit 30:22 und punkten damit weiterhin in jedem Bundesligaspiel der laufenden Saison. Dieses Zwischenergebnis dürfte den Ambitionen des Vorstands Sport gerecht werden. Auch in der European League läuft es alles andere als schlecht für die Hauptstädter.

Am Dienstag zeigten die Hauptstädter zuletzt ihre ganze Souveränität gegen den slowakischen Meister Tatran Presov. Dort konnten die Berliner auch ihr zweites Gruppenspiel in der European League deutlich mit 36:23 für sich entscheiden. Nichtsdestotrotz zeigt sich der Vorstand Sport, Stefan Kretzschmar, demütiger als noch bei seinem Amtsantritt 2019. Nachhaltige Entwicklung statt zu ambitionierte Ziele. Es scheint als würde nach der Achterbahnfahrt des Erfolgs in der letzten Saison nun mehr Ruhe im Fuchsbau einkehren. Der Erfolg gibt der neuen Handschrift der Füchse recht.

Die Rückkehr nach Berlin

Stefan Kretzschmar ist zurück in Berlin, doch nicht um selbst auf dem Feld zu stehen, sondern um die Fäden im Hintergrund als Vorstand Sport zu ziehen. Am 1. September 2019 gab der ehemalige Nationalspieler über seinen Instagram Account bekannt: "Liebe Handballgemeinde, für mich schließt sich heute der Kreis und ich kehre nicht nur privat, sondern auch beruflich in meine Heimat zurück, dorthin wo alles begann." Es wurde schnell klar, dass sich der Kreis möglichst erfolgreich schließen sollte.

Bei seinem Amtsantritt war der Tonus klar: "Wenn du in Berlin stattfinden willst, musst du oben mitspielen." Unter seiner Führung sollte schon in der ersten Saison oben mitgespielt werden. Doch ganz so einfach war es nicht.

Der Erfolg lässt auf sich warten

Kretzschmars erste Saison bei den Füchsen war sicherlich keine leichte. Die Beschreibung Achterbahnfahrt, ist wahrscheinlich zutreffender denn je. Zum Vergleich: Nach acht Spieltagen waren die Füchse nicht wie in dieser Saison auf dem zweiten Platz, sondern auf dem elften.

Dann kam aber die Wende. Die Füchse gewannen neun Spiele in Folge und kletterten so auf den zweiten Platz der Handball-Bundesliga. "Wir hatten eigentlich einen sehr großen Optimismus, dass das alles in die richtige Richtung geht", beschreibt Kretzschmar die Situation nachträglich.

Doch diese Erfolgsserie konnten die Füchse nicht halten, es folgte der Absturz ins Tabellenmittelfeld. Die Füchse konnten keine Punkte mehr sammeln und eine Formänderung war nicht in Sicht. Ein Grund einzugreifen? Auf jeden Fall, vor allem für Stefan Kretzschmar. "Wir haben uns dann entschieden ein Straftrainingslager über Ostern zu machen und die Jungs aus ihren Familien zu reißen", sagt Kretzschmar. "Eine sehr unpopuläre Entscheidung, aber ich sah da keinen anderen Ausweg", fügt er hinzu.

Doch die unpopuläre Entscheidung war genau die Richtige. Die Berliner starteten nach Ostern nochmal eine Siegesserie und konnten so die Saison auf einem versöhnlichen vierten Platz beenden.

Demütiger in die Zukunft

In seiner zweiten Saison bei den Füchsen wirkt der ehemalige Nationalspieler demütiger als noch bei seinem Amtsantritt. Dort war von Demut noch nicht viel zu sehen. "Die Konstellation Hanning Kretzschmar ist keine, bei der man Mittelmaß vermutet", so der Vorstand Sport. Das Kretzschmar nicht für Mittelmaß wieder nach Berlin gekommen ist, zeigte sich schnell. Die Zielsetzung war klar: Champions-League. "Das haben wir auch relativ vollmundig formuliert", sagt der 48-Jährige schmunzelnd.

Doch diese Saison sollte anders angegangen werden. "Manchmal ist Mentalität wichtiger als Qualität", so Kretzschmar. Die Mannschaft solle zusammenwachen und sich nachhaltig entwickeln. Das scheint auch richtig gut zu funktionieren, wenn man nach acht Spieltagen auf die Tabelle der Handball-Bundesliga schaut.

Die Berliner haben bis dato eine weiße Weste. Trotzdem mahnt der ehemalige Linksaußen zur Vorsicht und dämpft aufkommende Euphorie: "Das ist mir ein bisschen zu viel Freude gerade", sagt Kretzschmar nach dem Sieg gegen Lübbecke. "Irgendwann wird die Serie wahrscheinlich brechen und dann können wir nicht sagen, wir haben es nicht kommen sehen", fügt er hinzu.

Die neue Marschroute für die laufende Saison bei den Füchsen steht also fest. Erfolg: Ja gerne, aber nicht um jeden Preis.

Sendung: ARD Morgenmagazin, 25.10.2021, 8 Uhr

Beitrag von Nico Giese

Nächster Artikel