Förderung steht auf der Kippe - Para-Leichtathletin droht Karriere-Aus wegen 0,01 Sekunden
Janne Engeleiter gehört in ihrer Leistungsklasse zu den besten 100-Meter-Läuferinnen der Welt. Vor wenigen Wochen stand sie im paralympischen Finale. Doch jetzt droht ihr das Karriere-Ende. Der Grund ist der Bruchteil einer Sekunde. Von Andreas Friebel
Es geht um 0,01 Sekunden. Dieser kurze Moment hat Janne Engeleiter bei den Paralympischen Spielen in Tokio gefehlt, um die Kriterien für eine Sportförderung im neuen Jahr zu erfüllen. "Ich bin bei den Paralympics Neunte geworden. Mit einer Hundertstel hinter Platz acht. Um weiter zum Perspektivkader zu gehören, hätte ich Achte in Tokio werden müssen", erklärt Engeleiter.
Sportförderung nur bis Platz acht
Um es einmal konkret zu machen. Weil der Sprinterin im Finale 0,01 Sekunden gefehlt haben, gehört sie ab Januar nicht mehr zum sogenannten Perspektivkader. Monatlich 1.000 Euro finanzielle Unterstützung plus die Betreuung am Paralympischen Zentrum in Cottbus wären damit futsch. "Dieser Kaderstatus spielt eine unglaublich wichtige Rolle für mich. Zum einen, wegen der finanziellen Absicherung. Zum anderen, weil damit die Unterstützung am Stützpunkt, zum Beispiel in Form von Physiotherapeuten, ermöglicht wird."
Was der 26-Jährigen besonders bitter aufstößt, ist die Ungleichbehandlung zwischen Sportlern mit und ohne Handicap. Während Para-Leichtathleten in Tokio bestimmte Platzierungen erreichen mussten, um weiter gefördert zu werden, reichte bei den Olympiastartern allein die Tatsache, dass sie in Japan dabei waren. Wie erfolgreich sie dabei abschnitten, spielt für die Förderung keine Rolle. "Wir müssen uns für die Paralympics qualifizieren. Und dann dort noch zeigen, dass wir gut genug sind, um im Kader zu bleiben. Wir müssen uns also doppelt beweisen."
Ausnahme-Antrag ist gestellt
Und wie nun weiter? Die Sprinterin gibt sich kämpferisch und hat einen Ausnahme-Antrag gestellt. "Dafür benötigt man die Unterstützung der Bundestrainerin. Die habe ich. Und nun entscheidet der Deutsche Behindertensportverband, ob ich weiter unterstützt werde", so die 100-Meter-Läuferin.
Mit einer schnellen Entscheidung rechnet die Cottbusserin nicht. Sie trainiert aber trotzdem weiter. "Im Dezember steht ein Trainingslager an. Bis dahin, so hoffe ich, gibt es eine Entscheidung. Über das Jahr hinaus kann ich aber aktuell nicht planen." Denn sollte sie künftig keine Förderung mehr erhalten, ist Schluss. Vollzeit-Job und Vollzeit-Training lassen sich in Engeleiters Fall nicht unter einen Hut bringen.
Sendung: Inforadio, 15.10.2021, 9:15 Uhr