Landesparteitag - Berliner SPD fordert Boykott der Fußball-WM in Katar

So 05.12.21 | 16:05 Uhr
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Franziska Giffey, SPD-Landeschefin, spricht am 05.12.2021 mit Medienvertretern über das Ergebnis der Abstimmung zum Koalitionsvertrag auf dem Berliner SPD-Landesparteitag. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Bild: dpa/Annette Riedl

Die Berliner SPD fordert einen Boykott der Fußball-Weltmeisterschaft Ende 2022 in Katar. "Die WM in Katar kostet Menschenleben, unterstützt ein System, das Menschenrechte systematisch missachtet und Terrororganisationen fördert", heißt es in einem Antrag, den ein digital ausgetragener SPD-Landesparteitag am Sonntag mit breiter Mehrheit von rund 80 Prozent beschloss.

"Ein Sport und insbesondere das finanzielle Geschäft damit darf nie höher gestellt werden als Menschenrechte." Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) müsse die WM in Katar daher boykottieren. "Sollte er dies nicht tun, muss das finanzielle Sanktionen nach sich ziehen."

"Auch abseits der Baustellen ist die Menschenrechtslage verheerend"

Bei der Debatte des Antrages verwiesen zahlreiche Delegierte darauf, dass schon beim Bau der Stadien nach Angaben der Organisation Amnesty International und der Vereinten Nationen menschenverachtende Arbeitsbedingungen geherrscht hätten und Arbeiter ums Leben gekommen seien. "Auch abseits der Baustellen der WM-Stadien ist die Menschenrechtslage in Katar verheerend", heißt es in dem Beschluss.

Das Rechtssystem in dem Emirat am Golf basiere in großen Teilen auf der Scharia, es gebe keine Meinungsfreiheit, vergewaltigten Frauen drohe wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs Haft. Zudem werde die absolutistische Monarchie wegen der Unterstützung von Terrororganisationen immer wieder kritisiert.

Die Fußball-WM in Katar ist vom 21. November bis zum 18. Dezember 2022 geplant. Die deutsche Nationalelf hat sich für das Turnier qualifiziert. Die Vorrundengruppen werden am 1. April 2022 ausgelost. Einen Boykott hatte der DFB trotz eigener Kritik am Gastgeberland immer abgelehnt. Der Weltverband FIFA, der das Turnier 2010 überraschend an das Emirat vergeben hatte, verweist wiederholt darauf, dass sich die Menschenrechtslage in Katar auch durch eigene Bemühungen bereits verbessert habe.

Sendung: Inforadio, 05.12.21, 17:00 Uhr

24 Kommentare

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  1. 24.

    Zitat: "Deswegen nicht nur Katar hinterfragen, sondern die Fußballkultur an sich. Kommerz, Agression, Homophobie leider an der Tagesordnung in einerm erzkonservativen Sport."

    Also bitte, Sie schreiben dieser Sportart, ja der gesamten Kultur darum, ausschließlich negative Eigenschaften zu, was einfach nicht der Realität entspricht. An diesem Sport erfreuen sich unzählige Millionen (eher Milliarden) Menschen weltweit. Sie haben scheinbar ein Bild von marodierenden besoffenen Männern vor sich, die Fussball als Abfuhr für ihre Agressionen missbrauchen - und Verbände und Vereine etc., denen das aus Kommerzgründen egal ist. Das ist doch ein absolutes Zerrbild dessen, was Fussball mit allem drum und dran heute wirklich bedeutet und in der Realität darstellt, Pascal.

  2. 23.

    Es gibt sicher nicht wenige Argumente die für einen Boykott sprechen, aber ebenso gewichtige dagegen. Ich persönlich hielte einen Boykott der DFB Elf für falsch, da sich dadurch nicht das geringste ändern würde. Die WM findet nun mal definitiv in Katar statt, ob mit oder ohne "Die Mannschaft". Und die Flick-Truppe, die sich sportlich fürs Turnier qualifiziert hat, als eine Art Missfallensbekundung gegenüber dem Katarischen Staat zu instrumentalisieren, fände ich unangebracht. Zumal kein anderer Verband, ausser vlt. noch der Norwegische, mitziehen würde.

    Der Fehler wurde bereits 2010 unter der alten Regentschaft von der FIFA begangen und ist heute nicht mehr zu beheben. Vielmehr müssen die nationalen Verbände gegen die unsäglichen Pläne der aktuellen FIFA Führung zusammenhalten, und bspw. die angestrebte Änderung des Austragungsrhythmus auf Turniere alle zwei Jahre und eben auch die zukünftige Vergabe an Staaten wie z.B. Katar verhindern.

  3. 22.

    Diese Geschäftemacherei hat nichts mehr mit seriösem Sport zu tun.

  4. 21.

    Würde auch Zeit, dass sich Mal Etwas in diese Richtung bewegt. Meine volle Unterstützung.

  5. 20.

    Genau, typisch SPD: wie immer viel zu spät, hinterher die Schlauen machen. Vielleicht konzentriert man sich mal um die Sachen, die wirklich wichtig sind, wie Schulen mit vernünftigen Toiletten, mehr Arztpraxen, ein funktionierendes ÖPVN, den alten Menschen ein würdevolles Leben zu ermöglichen etc. Aber genau hier ist das Problem, man müsste dafür Arbeiten. Wegen WM und Katar, da kann man schön rumlabern, - ist ja eh nicht hier und die Entschuldigung, dass das Vorhaben nicht klappt hat man schon in der Tasche. Und da wundern sich die Politiker noch über Politikverdrossenheit ???

  6. 19.

    Richtig so. Es wird Zeit, dass wir uns Gedanken machen darüber was hinter einem Produkt steht, dass wir konsumieren, egal ob es ein Handy ist, Lebensmittel oder auch Fußball. Deswegen nicht nur Katar hinterfragen, sondern die Fußballkultur an sich. Kommerz, Agression, Homophobie leider an der Tagesordnung in einerm erzkonservativen Sport.

  7. 18.

    Ich musste politische Boykotts d. Sports als Jugendlicher bzw. junger Erwachsener bereits erleben. Olympia 1980 in Moskau u. 1984 in Los Angeles, wurden verschiedene Sportler aus unterschiedlichen Weltsystemen gezwungen, auf Grund d. Boykottierung ihrer Regierungen, d. Spielen fernzubleiben. Was hat es politisch gebracht? Nichts!!! Die Politik sollte sich generell aus d. Sport heraushalten. Sportler d. politisch engagiert sind, wissen, wie sie die Meinung diskret kund tun u. das ohne Politiker!

  8. 17.

    In der Konsequenz müssten auch die olympischen Spiele in China boykottiert werden.

  9. 16.

    Wie viele Tote - in Katar gab es etwas 6.500 tote Gastarbeiter seit der WM-Vergabe - ist jede/r bereit, für eine Fußball-Weltmeisterschaft mitzuverantworten und auszublenden?

    Seit 1982 habe ich jede WM intensiv mitverfolgt. Brasilien (Umsiedlungen und vereinzelte Todesfälle auf Stadionbaustellen) war für mich schon grenzwertig.

    2022 wird die erste WM sein, die ich ganz persönlich boykottiere, unabhängig davon, was andere machen. In meinem Fenster wird während des Turniers die nepalesische Fahne hängen.

    Die Aufrufe an die Landesverbände, das Turnier nicht zu boykottieren, um stattdessen vor Ort etwas verändern zu können, halte ich für falsch. Dazu muss man sich nur vor Augen führen, was hinsichtlich der Menschenrechte in z.B. China, Russland oder Deutschland (1936) vor, während und nach wichtigen Sportturnieren geschehen ist.

    Ich bin sehr gespannt, ob es Spieler geben wird, die es ablehnen, 2022 in Katar zu spielen.

  10. 15.

    Stell sich mal einer vor,jeder Spieler trägt für jeden auf den Baustellen als Folge von Schlamperei und Misachtung verstorbenen Arbeiter z. B. eine schwarze Armbinde( früher war es hier unter Verwandtenüblich). Das wäre eine Demonstration. Oder jeder Spieler wirft einen Schuh in Richtung Ehrentribüne. Da hätte die neue Bundesaussensenger gleich mal was zu tun und wir könnten deutlich sehen, wie machtvoll sie nach Außen ist.

  11. 14.

    Auch die gesamte LGBTQ Community Deutschlandweit regt sich sehr darüber auf. Nur hier in diesem Forum nicht. Und weil u.a. die SPD endlich auch mal dieses Thema anspricht erinnere ich nochmals deutlich daran wie wichtig zumindest diese Aussage ist. Selbst wenn es nur dabei bleibt. Beim Formel 1 Rennen wird im übrigen die Nr1 der Weltrangliste Lewis Hamilton seinen Regenbogenhelm tragen. Er will damit deutliches Zeichen setzen. Homosexuallität wird in diesem Land mit dem Tode bestraft.

  12. 13.

    Schade, wir waren gespannt auf den Auftritt von Herrn Manuel Neuer und die Reaktion seines Arbeitgebersponsors… Katar ist nicht gleich Russland nicht war Herr Neuer?

  13. 12.

    Da wo einige im großen Stil Geld verdienen können, kommt Gier auf und der Charakter verliert. Und selbst Staaten verdienen auf die ein oder andere Weise und manche Staaten gehen da auch mind. über Menschenrechte hinweg.
    Ich finde ein Aufruf zum Boykott ok, aber das bringt nicht mehr als ein müdes Lächeln bei den Entscheidern, ich sag nur WM in Deutschland und der "fahle Geschmack beim Abgang".
    Wie wahrscheinlich ist der Boykott?

  14. 11.

    Spät aber nicht zu spät tut die SPD endlich etwas für das sie kein Lob von DFB, Bayern München und der FIFA bekommt, dafür aber von den Bürgern, die sich schon länger wundern ob beim Bezahlfußball noch irgendetwas von Moral vorhanden ist. Hoffentlich schließen sich die Linkrn und die Grünen dieser Berliner Aussage an und au h die DPD im Bund.ä

  15. 10.

    Erschrecke mich ehrlich gesagt schon, dass Leute bei solchen ernsten Themen mit Pseudo-Argumenten ("warum erst jetzt?") und Whataboutism ("aber Veranstaltung X wird auch nicht boykottiert"), anstatt sich zu freuen, dass die SPD Berlin mal positiv auffällt mit einer deutlichen Stellungnahme, die auch viele Fans ähnlich sehen. Bin großer Fußballfan, aber die WM in Katar werde ich nicht verfolgen.

  16. 9.

    Was soll der Whataboutism? Inwiefern wird das eine durch das andere verändert?

    Außerdem: In der Außenpolitik werden gegenüber China (siehe Baerbock) schon deutliche Grenzen gezogen, Katar wurde noch nicht mal ansatzweise erwähnt. A

  17. 8.

    Wann tritt die SPD gegen China an? Viele Basket ball Spiele finden dort statt von Deutschen und Amerikanischen Teams,
    und keiner regt sich auf!!

  18. 7.

    Inwiefern hat sich denn die Menschenrechtslage seit 2010 dort verbessert, das Frauen Autofahren dürfen? Mehr ist mir nicht bekannt.

  19. 6.

    Meine Befürchtung ist diejenige, dass so eine richtige Stellungnahme zu nichts anderem führt als der seinerzeitige Bundestagsbeschluss zum Genozid an den Armeniern, bei dem das seinerzeitige dt. Kaiserreich Pate stand. Im Beschluss wurde die eigene, deutsche Schuld formuliert und der Genozid der Türkei gleichermaßen verurteilt.

    Nach einer Intervention Erdogans wurde das dann regierungsseitig zu einer unverbindlichen und keine Rechtsfolgen nach sich ziehenden Meinungsäußerung relativiert.

  20. 5.

    Warum dann nicht gleich die Welt wieder in politische Blöcke aufteilen und jeder Block schließt seine Grenzen für andere und bleibt nur noch unter sich. Über einen Boykott - also wir reisen einfach nicht hin - lachen die sich doch kringelig, was ist soll denn damit in der Sache gewonnen werden?

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