Interview | Volleys-Geschäftsführer Kaweh Niroomand - "Unter den jetzigen Bedingungen ist es ein Lotteriespiel"

Mi 05.01.22 | 14:26 Uhr
Spieler der BR-Volleys beim Jubeln (Quelle: picture alliance / Andreas Gora
Bild: picture alliance / Andreas Gora

Bei den BR Volleys will einfach kein Trainingsalltag einkehren. Gerade als die im Dezember positiv getesteten Spieler zurückkehren sollten, wurden drei neue Coronafälle entdeckt. Geschäftsführer Kaweh Niroomand spricht über diese schwierige Situation.

rbb|24: Herr Niroomand, eigentlich wollten wir mit Ihnen über das geplante Spitzenspiel gegen Düren am Donnerstag sprechen. Jetzt ist es auf Sonntag verschoben worden. Wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen?

Kaweh Niroomand: Wir haben neue Coronafälle in der Mannschaft. Und damit müssen wir auch davon ausgehen, dass wenn heute und morgen wieder getestet wird, möglicherweise neue Fälle dazukommen. Dann hätten wir das Spiel tatsächlich kurzfristig absagen müssen. Wir wollten vermeiden, dass Düren gerade auf der Autobahn ist und sie dann den Anruf kriegen: 'Fahrt mal wieder zurück.' Auch um Düren die Reisekosten zu ersparen.

Deswegen haben wir gesagt, dass wir heute und morgen weiter testen, damit wir dann auch die entsprechende Anzahl an Spielern zur Verfügung haben, antreten können und die Infektionsgefahr von den anderen wegnehmen.

Der neue Termin ist nur wenige Tage später. Warum wurde das Spiel nicht weiter nach hinten verschoben?

Am Mittwoch haben wir schon ein Champions-League-Spiel (Anm. d. Red.: am 12. Januar gegen Zenit St. Petersburg). Dann würde der Zeitplan völlig durcheinanderkommen. Es ist jetzt schon schwierig, Termine zu finden. Die Liga ist bereits dabei, mit den Vereinen gemeinsam einen möglicherweise komplett neuen Spielplan aufzustellen und auch die Zwischenrunde anders zu gestalten.

Wie geht es den im Dezember erkrankten und auch den neuinfizierten Spielern inzwischen?

Die Spieler, die zuerst infiziert waren, sind wieder im Training. Sie hatten auch ihre Untersuchungen in der Sportmedizin an der Charité. Seit Dienstag können sie wieder trainieren, aber nur individuell. Das Mannschaftstraining mussten wir wegen den neuen Fällen absagen.

Auch den Spielern, die diese Woche positiv getestet wurden, geht es so weit ganz gut. Die sind ja alle durchgeimpft oder genesen. Geboostert sind jetzt alle. Und insofern können wir – Gott sei Dank – nicht von schweren Verläufen sprechen. Aber wir müssen eben die Regularien einhalten und diese Spieler vom Training fernhalten.

Gibt es schon einen Termin, wann das erste gemeinsame Mannschaftstraining vor Sonntag stattfinden soll?

Das hängt immer von den Tagestests ab. Wir testen jeden Tag mit PCR-Tests. Wenn die Tests heute und morgen gut laufen, kann man dann auch zusammen trainieren.

Wird es beim Mannschaftstraining jetzt bestimmte Vorkehrungen geben, dass beispielsweise immer der Teamarzt dabei ist, um die Genesenen zu überwachen?

Unser Teamarzt ist in konstanter Verbindung mit der Mannschaft. Er ist ständig auf der Hut. Dass er jetzt jeden einzelnen Spieler in Manndeckung verfolgt, ist nicht nötig. Die Physiotherapeuten sind vor Ort. Und die Spieler, die nach einer Infektion ins Mannschaftstraining zurückkommen, sind alle internistisch und kardiologisch durchgecheckt.

In den letzten Tagen meldeten zahlreiche Profivereine sportartenübergreifend positiv getestete Spieler. In der Volleyball-Bundesliga ist auch Friedrichshafen betroffen. Durch die engen Spielpläne sind die gegnerischen Spieler teilweise auch untereinander Kontaktpersonen und könnten das Virus im schlimmsten Fall durch die ganze Liga streuen. Bereitet Ihnen das Sorgen?

Natürlich bereitet mir das Sorgen. Aber die Ansteckung läuft, glaube ich, nicht in erster Linie unter den Spielern von Spiel zu Spiel. Die holt man sich in erster Linie woanders. Das hat man bei uns jetzt auch gesehen: Die erneute Ansteckung ist nach einer Pause passiert. Ich glaube nicht, dass die Spiele selbst die große Gefahr sind. Die Leute, die aufs Spielfeld kommen, sind tagesgetestet und meistens geboostert oder genesen. So eine Sportveranstaltung ist, glaube ich, sicherer als ein Weg in den Supermarkt.

Der Grund wird sein, so wie man das auch von allen anderen Ligen und Sportarten erfährt, dass diese neue Variante scheinbar sehr schnell ansteckend ist und man sich vor allem im privaten Rahmen schützen muss.

Gesundheitsupdate

Volleys-Spieler Cody Kessel hat seine Knöcheloperation im Dezember gut überstanden. Der Außenangreifer befindet sich inzwischen im Reha-Training und ist auf dem Weg ins Mannschaftstraining zurückzukommen.

Mittelblocker Anton Brehme musste sich zum Jahresbeginn einer Operation am rechten Knie unterziehen. In dieser Saison kam der 22-Jährige wegen anhaltender Beschwerden noch nicht zum Einsatz. Wie lange Brehme ausfällt, ist noch unklar.

Die Volleys haben jetzt sehr lange pausiert. Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf die kommenden Spiele?

Mit nicht sehr rosigen. Wir waren bis vor Weihnachten in einem sehr guten Rhythmus und seit dem 20. Dezember können wir nicht mehr in der Mannschaft zusammen ordentlich trainieren. Es ist leider zu einem Zeitpunkt passiert, wo wir gerade sehr gut drauf waren und uns vor allem auch auf das Januar-Spiel gegen St. Petersburg gefreut haben. Vielleicht endlich mal auch gegen eine europäische Spitzenmannschaft gut aussehen. Das wirft uns natürlich enorm zurück.

Zu Beginn der Saison haben Sie die Titelverteidigung in der Bundesliga als Minimalziel ausgegeben. Europa sollte obendrauf kommen. Passen Sie diese Ziele nun an?

Wenn Sie Meister sind, in eine neue Saison gehen und eine gute Mannschaft haben, haben Sie natürlich das Ziel, das zu wiederholen. Und in Europa sollte uns endlich mal vielleicht der Schritt ins Viertelfinale gelingen, wo wir dann unter den ersten acht Mannschaften Europas sind. Aber unter den jetzigen Bedingungen ist es mehr ein Lotteriespiel. Heute trifft es uns, morgen kann es eine andere Mannschaft treffen. Friedrichshafen hat es jetzt getroffen. Von einem normalen, regulären Ergebnisverlauf kann man ja nicht sprechen. Ich hoffe nicht, dass es dazu kommt, dass nachher PCR-Tests über die Titel in den verschiedenen Ligen entscheiden und nicht die sportliche Leistung der Mannschaft.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Lynn Kraemer, rbb sport.

Sendung: Inforadio, 05.01.2022, 11:15 Uhr

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