Dritte Heimniederlage in Folge - Souveräner Bayern-Sieg gegen überforderte Herthaner
Die Gegentorflut für Hertha BSC geht weiter. Im Heimspiel gegen den Tabellenführer Bayern München setzte es eine 1:4-Niederlage, wobei der Sieg des Rekordmeisters noch höher hätte ausfallen können. Von Fabian Friedmann
Hertha BSC kommt nicht vom Fleck. Im Heimspiel gegen den Rekordmeister aus München gab es eine 1:4-Pleite, gleichbedeutend mit der dritten Heimniederlage in Folge. Damit bleibt Hertha auf dem 13. Tabellenplatz, muss sich aber langsam ernsthafte Sorgen um den Klassenerhalt machen.
Selke vor Spielbeginn positiv auf Corona getestet
Nach der 2:3-Derby-Niederlage im Pokal gegen Union Berlin stellte Hertha-Trainer Tayfun Korkut in der Abwehr um: Marton Dardai und der erst 17-jährige Linus Gechter rutschten für Lukas Klünter und den angeschlagenen Niklas Stark in eine Dreierreihe neben Kapitän Dedryck Boyata. Santiago Ascacibar und Marco Richter routierten für Peter Pekarik und Myziane Maolida auf die Bank. Stürmer Davie Selke war kurz vor Anpfif positiv auf das Coronavirus getestet worden und musste sich in Isolation begeben.
Nach zuletzt zahlreichen Corona-Ausfällen konnte Bayern-Trainer Julian Nagelsmann wieder auf mehr Personal zurückgreifen, unter anderem auf Mittelfeldspieler Kingsley Coman. Und die ausgeruhten Bayern machten zu Beginn gleich ernst gegen eine spürbar verunsicherte Hertha. Schon nach 30 Sekunden legte Gnabry einen Diagonalball von Süle artistisch für Müller ab, dessen Schuss dann aber weit drüber rauschte. Eine Minute später lag der Ball in Herthas Netz, aber Tolisso stand bei seinem Schuss knapp im Abseits.
Nackenschlag in Herthas bester Phase
Und es ging weiter nur auf ein Tor, das der Hertha. Ein Lupfer von Thomas Müller (9.) und die Schüsse von Sané (12.) und Coman (16.) blieben aber noch zu ungenau. Danach konnte sich die Hertha langsam vom Dauerdruck der Münchner befreien. Belfodils Kopfball in der 21. Minute war eine richtig gute Möglichkeit für die Hausherren, Maolidas Schuss aus halbrechter Position ging kurz darauf relativ weit am Tor vorbei.
Inmitten von Herthas kleiner Drangphase kam dann der Nackenschlag für die Berliner: Coman hatte auf der linke Seite zu viel Zeit zum Flanken und Tolisso setzte sich im Zentrum per Kopf gegen Dardai und Mittelstädt durch: 0:1 für die Bayern. Und die Münchner blieben weiter gefährlich, Schwolow musste in der 35. Minute schon seine ganze Klasse gegen das lange Bein von Lewandowski aufbieten, um den Ball aus dem rechten, unteren Heck herauszukratzen.
Kurz vor der Pause zeigte Hertha dann wieder einmal seine Anfälligkeit bei Standards. Thomas Müller stand nach einem Kimmich-Freistoß völlig blank und traf locker mit der Innenseite aus 12 Metern zum 0:2 für die Gäste. Es war der 12. Gegentreffer nach einem ruhenden Ball für die Hertha. Die Torschussstatistik von 16:2 nach der ersten Hälfte unterstrich zusätzlich die Überlegenheit des Rekordmeisters.
Darida mit der großen Chance zum Anschlusstreffer
Hertha kam dann besser aus der Pause. Gerade über die linke Angriffsseite der Berliner konnte immer wieder Druck auf die Abwehr der Münchner aufgebaut werden. Belfodil behauptete sich im Mittelfeld und legte nach links zu Mittelstädt, dessen flache Hereingabe perfekt auf Darida kam. Der Tscheche war am ersten Pfosten komplett frei, schaufelte aber die Kugel neben das Tor. Das hätte in der 52. Minute der Anschluss sein müssen.
Anschließend übernahmen die Bayern wieder das Zepter. Tolisso spielte einen feinen Ball auf den aus abseitsverdächtiger Position startenden Gnabry, der daraufhin frei von rechts auf Schwolow zulief und knapp am langen Eck vorbeischoss. Fünf Minuten später hätte Müller sein zweites Tor erzielen können, doch war sein Abschluss zu zentral. Die Vorentscheidung kam dann in der 75. Minute: Herthas Keeper Alexander Schwolow spielte im Aufbau den Ball unter Druck in die Füße von Leroy Sané und der hatte aus fünf Metern keine Mühe ins leere Tor zu vollenden.
Bayern ließ im Anschluss Ball und Gegner laufen, während die Hertha kaum noch Zugriff fand. Gnabry erhöhte allein vor Schwolow auf 0:4 und man musste in dieser Phase Angst haben, dass Hertha nun vollends unter die Räder geraten würde, doch die Gastgeber zeigten noch mal eine Reaktion: Ekkelenkamp hob den Ball nach einer Jovetic-Chance im Nachsetzen über Neuer zum Ehrentreffer für die Berliner.
Die Kurzanalyse
Die 1:4-Heimniederlage gegen den Rekordmeister war in der Höhe völlig verdient, allein wenn man einen Blick auf die nackten Zahlen riskiert: 30:6 Torschüsse für die Bayern bei 70 Prozent Ballbesitz und 90 Prozent Passquote. Natürlich muss man berücksichtigen, dass die stark besetzten Bayern in dieser Form nur wenig Mannschaften in Deutschland zu fürchten brauchen. Allerdings hätte Hertha in der ein oder anderen Situation konsequenter verteidigt und kurz nach der Pause seine große Chance auf den Anschlusstreffer genutzt, es hätte eine viel spannendere Partie werden können.
Aber so war es das alte Spiel des Kaninchens vor der Schlange. Bayern hatte das Geschehen nach dem 0:3 komplett im Griff und man musste wirklich Angst um die Hertha haben, sich noch eine höhere Packung einzufangen. Die Reaktion nach dem 0:4, als die eingewechselten Jovetic und Ekkelenkamp auf den Ehrentreffer drängten, macht zumindest ein wenig Hoffnung. Doch darf dies nicht über die eklatanten Schwächen in der Defensive hinwegtäuschen. Müllers 0:2 ging naivstes Berliner Abwehrverhalten bei einer Standard voraus. Immer wieder spielten sich die Bayern ohne größere Probleme in den Hertha-Strafraum, wobei Keeper Schwolow, bis dato noch der beste Berliner, sich beim 0:3 als unfreiwilliger Vorlagengeber für die Bayern präsentierte.
Stellt Hertha diese individuellen Fehler nicht alsbald ab, dann muss man sich ernsthafte Sorgen um den Ligaverbleib der Alten Dame machen. Die Unruhe im Umfeld samt Platzsturm von ein paar aufgebrachten Hertha-Anhängern während des Abschlusstrainings am Samstag sind ein Bärendienst für eine Mannschaft, die vollkommen verunsichert wirkt. Auf Trainer Tayfun Korkut kommen schwere Wochen zu.
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