Union-Manager Ruhnert über Kruse-Abgang - "Wir waren 'not amused' und überrascht"

Der Abgang von Top-Stürmer Max Kruse zum VfL Wolfsburg traf Union plötzlich und überraschend. In einer Medienrunde schildert Manager Oliver Ruhnert den Ablauf des Transfers. Er glaubt, dass Union sportlich auch weiterhin gut aufgestellt ist.
Oliver Ruhnert über …
... den Abgang von Max Kruse zum VfL Wolfsburg.
Wir waren von der Entwicklung selbst überrascht. Wir haben aber trotzdem gemeinsam als Verein mit dem Spieler die Entscheidung getroffen. Wir haben erst sehr spät - Ende letzter Woche - die Info bekommen, dass das Interesse besteht. Der Spieler hat uns mitgeteilt, dass er diese Möglichkeit hat und diese auch wahrnehmen möchte. Wenn dich ein Spieler zu diesem späten Zeitpunkt kontaktiert, sagst du ihm natürlich schon: Guck mal aufs Datum, was hier Sache ist und dass das für uns in der Gesamtheit eine Herausforderung ist.
Max und ich hatten allerdings immer ein relativ offenes Verhältnis dahingehend, dass wir gesagt haben, wenn ein Angebot kommt, müssen wir darüber sprechen. Es gab ja auch bereits die Möglichkeit, dass er in den USA weiterspielt und zu seinem Sohn zieht. Wir haben uns also immer offen ausgetauscht.
In diesem Fall haben wir zunächst aber schon gesagt: Bei allem Respekt, wie sollen wir das aufgrund der kurzen Zeit machen? Es kam dann aber eben diese Entwicklung rein. Max ist keine 20 mehr, wenn er mit sowas an uns herantritt, meint er es auch ernst. Er hat uns gesagt, dass das ein Angebot ist, was er zum derzeitigen Status seiner Karriere annehmen muss.
Ich weiß nicht, ob ich enttäuscht bin. Mir gefällt einfach der Zeitpunkt nicht, der ist einfach unglücklich. Man ist dann in der letzten Woche am Rödeln und guckt, wie man seine Mannschaft auf Kurs hält.
… über die Gründe, warum Union den Transfer nicht blockiert hat.
Das war natürlich auch ein Thema. Für uns hat der Sport oberste Priorität. Also auch, wie wir im Kader aufgestellt sind. Wir wissen aber auch - und das ist für uns der entscheidende Faktor - dass wir nicht von einem Spieler sprechen, der drei Tage später ganz normal damit umgeht und sagt: Na, dann ist es halt so. Max ist ein Spieler, der am Ende seiner Karriere nochmal eine besondere Herausforderung und eine spezielle Möglichkeit finanzieller Art hat. Deswegen muss man alles gewichten und das haben wir gemeinsam getan. Natürlich haben wir mit ihm darüber gesprochen, ob es eine endgültige Entscheidung ist und er sich diese gut überlegt hat. Für ihn stand es aber fest und war ein klarer Entschluss. Für uns ging es dann darum, ob wirklich ein Angebot kommt - was einen Tag später der Fall war - und wie wir uns sportlich aufstellen können.
… die sportlichen Möglichkeiten von Union ohne Kruse.
Es hört sich vielleicht etwas plakativ an, aber wenn Max Kruse sich verletzt hätte - was ja in der Vergangenheit schon passiert ist - hätten wir weitergespielt und so müssen wir jetzt auch weiterspielen. Das ist für mich also keine Frage, die sich stellt. Selbstverständlich glauben wir, dass wir eine Mannschaft haben, die erfolgreich sein kann. Ich habe dem Team gestern gesagt: Wir sind Union Berlin und wir sind schon öfters mit Abgängen konfrontiert worden, was ja auch völlig normal ist. Und trotzdem geht es weiter.
Ich habe die Thematik jetzt ehrlich gesagt relativ schnell abgehakt. Mich stört gerade viel mehr, dass Grischa Prömel möglicherweise wegen seiner Corona-Erkrankung ausfällt. Wir wissen nicht, was in den nächsten Wochen noch kommt. Das sind die Dinge, die mich ehrlicherweise noch unglücklicher machen. Mit Sven Michel haben wir aber einen sehr guten und motivierten Spieler dazubekommen. Ich glaube schon, dass wir als Team weiter funktionieren werden.
… die Reaktion von Trainer Urs Fischer auf den Kruse-Abgang.
Der Trainer ist umgehend von mir über den Sachverhalt informiert worden. Er war genau so wenig begeistert wie ich. Der Trainer ist aber niemand, der hingehen und sagen würde, ohne den mache ich es nicht mehr. Er konzentriert sich auf die Spieler, die da sind. Er sagt auch: Wenn jemand nicht mehr möchte, dann ist das so. Ich trainiere Leute, die wollen und die bereit sind, alles zu geben. Wir waren alle 'not amused', überrascht und sind trotzdem gemeinsam zu der Entscheidung gekommen.
Sendung: rbb24, 01.02.22, 18 Uhr