Hertha BSC - Warum Marton Dardai derzeit wenig zum Einsatz kommt

Do 10.02.22 | 21:55 Uhr
Herthas Marton Dardai (imago images/Matthias Koch)
Bild: imago images/Matthias Koch

Nur kurz nach seinem Profi-Debüt schien Marton Dardai für Hertha BSC nicht mehr aus der Startelf wegzudenken zu sein. In der laufenden Saison aber kommt das Eigengewächs nicht in seinen Rhythmus. Aus nachvollziehbaren Gründen. Von Marc Schwitzky

Und dann ging alles sehr schnell: Unter Bruno Labbadia darf Marton Dardai erstmals mit den Profis trainieren, am 7. und 15. Spieltag der Bundesliga-Saison 2020/21 schnuppert das Berliner Eigengewächs sogar seine ersten 22 Minuten Profi-Luft. Damals ist Dardai gerade einmal 18 Jahre alt.

"Wenn ich die sieben Monate sehe, die ich jetzt hier bin, muss ich sagen: Marton ist ein sehr klarer Junge, bei dem vor allem die Mama eine gute Erziehung gemacht hat. Beim Papa weiß ich's nicht so ganz", sagte Labbadia im November etwas scherzend über seinen Schützling, nicht ahnend, dass erwähnter Vater, Pal Dardai, ihn nur zwei Monate später als Trainer von Hertha BSC beerben würde. Der feste Platz bei den Profis sei laut Labbadia aufgrund Dardais Entwicklung "die logische Folge".

Dardai spielte sich auf Anhieb bei Hertha fest

Die Entwicklung Dardais sollte weiter rasant voranschreiten. Im vierten Spiel, nachdem sein Vater wieder den Cheftrainerposten bei Herthas Profis innehatte, stand der Innenverteidiger erstmals in einem Bundesliga-Spiel in der Startelf. Gegen RB Leipzig, im Februar 2021, machte das Talent gleich solch einen stabilen Eindruck, dass an ihm kein Vorbeikommen mehr war. Jordan Torunarigha verletzt, Omar Alderete im Formtief – jetzt schlug Dardais Stunde.

Reaktionäre Plattitüden, Sohn Marton würde einzig spielen, da sein Vater der Trainer ist, stellten sich schnell als haltlos heraus. Zu souverän waren Dardais Auftritte in der Rückrunde der vergangenen Spielzeit. Gutes Stellungsspiel, hohe taktische Disziplin und eine herausragende Spieleröffnung machten ihn für die Blau-Weißen unentbehrlich. "Er hat seine Sache hervorragend gemacht", sagte Sportdirekter Arne Friedrich, nachdem Dardai vier Spiele infolge in der Startelf gestanden hatte. Es war beeindruckend, wie schnell der noch so junge Abwehrspieler auf Bundesliga-Niveau bestehen konnte. Dardai ging nahezu voran, in einer Mannschaft, die sich in einer absoluten Formkrise befand und sich selbst suchte, schien sich der Jüngste bereits gefunden zu haben.

Ein verpatzter Saisonauftakt

So stellte sich in der Vorbereitung zur aktuell laufenden Saison schon nicht mehr die Frage, ob Marton Dardai in diese als Stammspieler gehen würde. Seine Qualitäten hatten sich in wenigen Monaten als unverzichtbar herausgestellt. Deutlich erfahrene Spieler wie Torunarigha oder Stark waren nun die Herausforderer.

Beim Saisonauftakt stand das Eigengewächs somit wenig überraschend in der Startelf. Gegen den 1. FC Köln und deren Stürmer Anthony Modeste erlebten Dardai und Hertha jedoch die erste kalte Dusche der Saison. Gegen den Franzosen sah Herthas Youngster gleich mehrere Male nicht gut aus. Seine Defizite im direkten Zweikampf und Kopfballspiel wurden hier schmerzlich offenbart. Hertha verlor das erste Ligaspiel mit 1:3, Dardais starke Form der Vormonate erhielt ihre ersten herben Kratzer.

Mit den Verletzungen kam die erste Krise

Was in den Monaten darauf folgte, ist als das typische erste Tief eines jungen Spielers zu beschreiben. Nach dem schwachen Spiel gegen Köln verletzte sich Dardai am Sprunggelenk. Er fiel damit knapp drei Wochen aus, hätte danach eigentlich noch Zeit gebraucht, musste aufgrund des Mangels an Innenverteidigern aber ungenesen früh wieder aushelfen.

Der fehlende Rhythmus machte sich sofort bemerkbar. Dardai wirkte in den beiden Partien, die er nach seiner Rückkehr bestritt, auffällig unsicher. In Zweikämpfen fehlte ihm das richtige Timing, Luftduelle entschied er sehr selten für sich und sein sonst so progressives Aufbauspiel verblasste. Dennoch musste Dardai aufgrund einer dünnen Personaldecke auch im dritten Spiel infolge starten. Doch der Körper zahlte der Überanstrengung Tribut: Dardai hangelte sich von einer Muskelverletzung zur nächsten. Es ist die logische Folge, dass ein Spieler, besonders ein so junger, in solch einer Phase nicht in seinen Rhythmus finden und somit nicht die gewohnte Leistung abrufen kann.

Unter Korkut kein Faktor – wie geht es mit Dardai weiter?

Im Hinspiel-Derby gegen Union unterlief Dardai sogar sein erster ernster Patzer in der Bundesliga, der den 2:0-Sieg des Stadtrivalen einläutete. Das sollte aufgrund des eben erwähnten fehlenden Rhythmus jedoch nicht überbewertet werden – ebenso wenig, dass Dardai in den bislang acht Partien unter Trainer Tayfun Korkut nur 58 Minuten gespielt hat. In den ersten drei Partien Korkuts fehlte der Defensivakteur aufgrund einer Muskelverletzung, in diesen Wochen konnten sich andere Spieler dem Übungsleiter empfehlen.

Zudem wurde mit Marc Oliver Kempf im Winter ein gestandener Bundesliga-Spieler für seine Position verpflichtet, an dem zunächst kein Vorbeikommen sein wird. So ging Dardais Weg zuletzt zurück in die U23, wo er seit Oktober 2020 nicht mehr eingesetzt wurde. "Das ist ja keine Bestrafung", erklärte Fredi Bobic dem Berliner Kurier. "Das sehen die Spieler auch nicht so. Mein Eindruck ist, dass sie dort mit Spaß und dem gleichen Einsatz dabei sind. Da sind sie Führungsspieler. Das hilft bei der Ausbildung." Und in eben jener befindet sich Dardai mit 19 Jahren ohne Zweifel, Rückschläge sind zu diesem Zeitpunkt eingepreist.

Zuletzt kamen Medienberichte auf, dass Dardai Hertha im Sommer verlassen könnte. Da er seinen Vertrag erst im Mai letzten Jahres bis 2025 verlängert hat, scheint ein Verkauf ausgeschlossen. Womöglich könnten ihm eine Leihe, das temporäre Verlassen des Nestes und neue Eindrücke in der Entwicklung helfen. Sein Weg bei Hertha, der hat schließlich gerade erst angefangen.

Sendung: rbb24, 11.02.2022, 18 Uhr

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