Berlin-Prenzlauer Berg - Stadion im Jahn-Sportpark soll abgerissen und neu gebaut werden

Das Stadion im Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg soll einem Neubau weichen. Darauf hatte sich die Senatsverwaltung für Inneres verständigt und angekündigt, einen Realisierungswettbewerb auszuschreiben. Dafür erntet sie nun scharfe Kritik - auch vom Koalitionspartner.
Das Stadion im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg soll endgültig abgerissen und neu gebaut werden. Das geht aus einer Pressemitteilung der Berliner Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport vom Mittwoch hervor. Dazu soll im Frühjahr 2022 ein offener, zweiphasiger Realisierungswettbewerb für das Stadion mit einem städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenteil ausgelobt werden.
Zur Begründung heißt es: "Vor dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeit, dem Raumprogramm, der städtebaulichen Rahmenbedingungen und den besonderen Anforderungen an ein Inklusionsportstandort hat das Lenkungsgremium entschieden, das Stadion unter Einbeziehung der wesentlichen identitätsstiftenden Merkmale des Jahn-Sportparks neu zu bauen."
Neubau an gleicher Stelle für 120 Millionen Euro?
Dieser Entscheidung war eine jahrelange Diskussion über die Neugestaltung des Areals vorausgegangen. Bereits im September 2021 wurde noch von einem behördlichen Lenkungskreis entschieden, dass ein Entwurf zur Umgestaltung der Sportanlage, der einen Teilabriss und die Erhaltung der Haupttribüne, der Lichtmasten und des Walls an der Hinterlandmauer vorsah, nicht weiterverfolgt werde. Jetzt wurde sich offenbar auch gegen die weitere Option ausgesprochen, einen barrierefreien Umbau des Stadions vorzunehmen.
Übrig bleibt damit also die erste Option – Abriss des großen Stadions und Neubau an gleicher Stelle für 120 Millionen Euro, wobei die Senatserwaltung für Inneres auf Nachfrage betont, dass es nicht bedeute, "dass das vorhandene Stadion komplett abgerissen wird. Aufgabe der Wettbewerbsteilnehmer des bevorstehenden Realisierungswettbewerbs zum Stadion wird sein, identitätsstiftende Merkmale und die ortsprägende Topographie zu berücksichtigen." Über die Höhe der Gesamtkosten soll erst nach Beendigung des Wettbewerbs verbindliche Aussagen getroffen werden, erklärte die Pressesprecherin Sylvia Schwab. Der Jahn-Sportpark solle darüber hinaus zur Inklusionssportanlage ausgebaut werden.
Dazu sagte Sportsenatorin Iris Spranger (SPD): "Wir freuen uns, dass der Wettbewerb um das beste Konzept für den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark jetzt starten kann. Damit haben wir einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu mehr Inklusion in unserer Stadt unternommen und ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse des Wettbewerbs."
Der Realisierungswettbewerb soll laut Senatsverwaltung spätestens im Dezember 2022 abgeschlossen sein. Im Anschluss werde dann über den Baubeginn entschieden. "Beabsichtigt ist die Stadionfertigstellung zum Abschluss der laufenden Legislaturperiode", so Sylvia Schwab von der Senatsverwaltung für Inneres. Das wäre dann im Herbst 2026.
Bürgerinitiative sieht einen Skandal
Die Bürgerinitaitive Jahn-Sportpark zeigte sich überrascht von der Entscheidung der Senatsverwaltung und übte Kritik. Die Initiative sieht nach eigenen Angaben vor allem Probleme beim Klimaschutz und fordert einen Um- statt einen Neubau. "Ein Stadion mit 20.000 Sitzplätzen soll abgerissen werden, um ein Stadion mit 20.000 Sitzplätzen an der selben Stelle zu bauen. Wundert sich noch jemand, dass das Bauwesen der größte Klimasünder überhaupt ist", sagte Archtiekt Philipp Dittrich, Sprecher der Initiative.
In einem Werkstattverfahren sei 2021 nachgewiesen worden, dass auch ein Umbau des Stadions möglich sei, um den Ansprüchen eines Inklusionsstandortes gerecht zu werden. Die unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger erzielten Arbeitsergebnisse würden jetzt von der Senatsverwaltung mit Füßen getreten werden, hieß es in einer Mitteilung der Initiative.
Stattdessen würde hinter verschlossenen Türen auf der Basis eines einzigen Entwurfs eine Entscheidung gegen Klimaschutz, gegen Ressourcenschonung, gegen Baukultur und gegen Anwohner-Interessen gefällt. Die Entscheidung des Senats werde man nicht hinnehmen. "Ob das jetzt der endgültige Beschluss ist, das werden wir noch sehen. Wir werden versuchen, dagegen zu arbeiten", sagte Dittrich.
Kritik kommt auch vom Koalitionspartner
Kritik an dem Vorgehen der Senatsverwaltung für Sport und Inneres kommt auch vom Koalitionspartner. "Dass die Koalition bei dieser Entscheidung nicht einbezogen wurde, ist schon auffällig", sagte Andreas Otto, der baupolitische Sprecher der Grünen, im Gespräch mit rbb|24. Weiter kritisierte er, dass die Senatsverwaltung für Bau nicht vorab miteinbezogen wurde. Dort säßen schließlich die Fachleute. "Die sind laut unseres geschlossenen Koalitionsvertrags darauf verpflichtet, dass alles, was neu gebaut wird und was schon steht, durch Umbau und nicht durch Abriss gelöst wird." Das hätte man berücksichtigen müssen, so Otto weiter.
Der Grünen-Politiker hatte angekündigt eine Koalitionsrunde zu dem Thema Jahn-Sportpark einberufen zu wollen. Für ihn wäre ein Teilumbau des Stadions das anvisierte Ziel, denn "wir wollen eine breit getragene Lösung." Otto werde nun das Gespräch mit den zuständigen Senatsverwaltungen suchen. Dabei werde es auch darum gehen, neuralgische Punkte des Stadions doch noch beizubehalten. "Die Flutlichtmasten sind eine Stadt- und Landmarke. Warum soll man die nicht stehen lassen?"
Andreas Otto wolle zudem das Gespräch mit der Bürgerinitiative Jahnsportpark suchen, die den aktuellen Alleingang der Sportverwaltung scharf kritisiert hatte: "Und die Senatsverwaltung für Sport wäre gut beraten, dies auch zu tun."
Sendung: Inforadio, 23.02.2022, 16:15 Uhr