Interview | Fachanwalt für Sportrecht - "Wenn im Fußball was passiert, wird immer gleich die strafrechtliche Keule ausgepackt"
Seit letztem Jahr ist René Lau Berlins erster Fachanwalt für Sportrecht. Er vertritt Sportler, aber auch Fans, die in Konflikt mit der Polizei oder gegnerischen Fans kommen. Warum er von Stadionverboten nichts hält, erklärt er im Interview.
Fachanwälte gibt es für verschiedenste Bereiche, vom Straf- zum Baurecht. Vor einigen Jahren wurde die Spezialisierung auch für das Sportrecht eingeführt. In Deutschland gibt es dafür mittlerweile knapp 40 Fachanwälte, René Lau ist seit letztem Jahr der erste in Berlin.
Er vertritt Sportlerinnen und Sportler vor dem Sportgericht, kümmert sich aber auch um Rechtsfragen bei Fanangelegenheiten.
rbb|24: René Lau, Sie haben einmal gesagt: "Fußball ist ein Probierfeld der Politik".
Wenn über Repressalien im strafrechtlichen Sinne gesprochen wird, dann ist es meist so, dass die Innenminister in Wahlkampfzeiten auf die Idee kommen, sich an Fußballfans auszuprobieren. Und wenn im Fußball was passiert, dann wird immer gleich die strafrechtliche Keule ausgepackt. Das passiert häufiger als in anderen gesellschaftlichen Bereichen.
Zum Beispiel?
Ich sage mal so: Verschiedene Innenpolitiker kamen mal auf die Idee, man könne ja Nacktscanner oder Gesichtsscanner in Stadien einrichten. Aber da könnte man ja auch auf die Idee kommen, diese beim Oktoberfest einzusetzen. Denn beim Oktoberfest passieren prozentual mehr Straftaten als bei einem Bundesligaspiel. Dann gab es auch mal die Idee von "Fußfesseln für Hooligans". Wie kommt man auf sowas? Wenn man sich einmal überlegt, wann in unserem Rechtssystem Fußfesseln eine Rolle spielen - erst bei allerschwersten Straftaten. Und dann kommt jemand in der Innenpolitik auf die Idee, man könne einem Fußballfan so etwas um den Knöchel beziehungsweise Fuß legen?! Da kann man nur den Kopf schütteln.
Auch für Stadionverbote haben Sie wenig Verständnis.
In der Regel ist das ein vom DFB oder den Vereinen verhängtes, bundesweites Stadionverbot. Der Fan kann dann in den nächsten ein bis zwei Jahren gar kein Stadion mehr betreten, von der ersten bis zur vierten Liga. Allerdings gibt es da die gesetzliche Unschuldsvermutung nicht. Schon bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kann es verhängt werden, unabhängig vom späteren Ausgang. Jetzt muss man sich mal überlegen, wie viele Schlägereien es an jedem Wochenende vor einer Diskothek gibt. Da ist bisher niemand auf die Idee gekommen, demjenigen ein bundesweites Diskothekenverbot zu erteilen. Oder Schützenfeste. Jeder weiß, dass es da nicht selten zu später Stunde eskaliert. Da kommt doch auch niemand auf die Idee, jemandem der dort eine Straftat begangen hat, ein bundesweites Schützenfestverbot auszusprechen. Aber mit dem Fußballfan kann man das machen!
Fußballfans werden auch kategorisiert.
In Kategorie A sind friedliche Fans, in Kategorie B sind Fans, die bei Gelegenheit Gewalt suchen und in Kategorie C sind es Gewalt suchende Anhänger. So lautet die Definition der Polizei, die auch zählt, wie viele Fans in den einzelnen Kategorien vorhanden sind. Aber wie sie jemanden kategorisieren, das habe ich nie herausgefunden.
Sie sind Anhänger des BFC Dynamo, waren einst sogar Vizepräsident. Beim BFC gibt es laut Polizei etwas 120 Fans der Kategorie C und damit mehr als doppelt so viele wie etwa bei Hertha BSC oder dem 1. FC Union Berlin. Gemeinhin werden die BFC-Fans zudem vermehrt dem rechten Spektrum zugeschrieben.
Vor 25 Jahren oder vor 30 Jahren hätte man es nicht bestreiten können, aber heute würde ich es immens bestreiten. Oftmals sagen das Leute, die nie im Sportforum gewesen sind. Die sollen doch mal zum Spiel oder zu den Fanfesten kommen, mit den Ultras zum Auswärtsspiel fahren und dann sollen sie eine erneute Einschätzung abgeben.
Die Stimmung dürfte meist gut sein, schließlich liegt der BFC Dynamo auf Platz eins in der Regionalliga Nordost.
Ich hätte es vor der Saison ehrlich gesagt nicht erwartet, dass es so gut läuft. Es ist die beste Saison des BFC seit vielen Jahren. Egal ob sie jetzt am Ende Erster, Zweiter oder Dritter werden. Egal ob sie in der Relegation aufsteigen oder nicht.
Aber die dritte Liga wäre machbar?
Das ist ja die absolute Neuigkeit, welche der Verein diese Woche verkündet hat, dass er fristgemäß zum ersten März die Lizenz beim DFB für die dritte Liga beantragt hat. Mit allem Drum und Dran, mit dem entsprechenden Etat, dem Stadion.
Die derzeitige Heimspielstätte, das Sportforum, genügt den Auflagen der dritten Liga aber nicht.
Ja, da fehlt die Rasenheizung, das bestehende Flutlicht reicht auch nicht aus und es gibt nicht genügend überdachte Sitzplätze. So wie ich es mitbekommen habe, hat der Verein erstmal den Jahnsportpark als Heimspielstätte gemeldet, den er sich dann mit Viktoria Berlin teilen müsste. Aber das Sportforum bleibt die Heimat.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Ilja Behnisch, rbb sport.