Zu Beginn der Saison 1995/1996 läuft es nicht rund für den Hamburger SV. Und so beerbt nach acht Spieltagen Assistent Felix Magath - als Spieler eine Legende bei den Norddeutschen - seinen Chef Benno Möhlmann als Boss auf der Bank. Ein 2:2 am 14. September 1995 soll der Start einer langen Trainerkarriere in Deutschlands Fußball-Oberhaus sein. Der damals 42-jährige Magath führt den HSV noch in derselben Saison auf Platz fünf und damit in den UEFA-Cup. Lange währt das Glück jedoch nicht. In der nächsten Spielzeit folgt - zwei Spieltage vor Schluss auf Platz 15 - das Aus.

Weiter geht's in Nürnberg. Die Schulterklopfer der Fans der Franken? Kein Wunder! Denn Magath übernimmt den Zweitliga-Aufsteiger im Herbst 1997 im Tabellenkeller und führt ihn bis auf Platz drei. Dieser bedeutet den direkten Durchmarsch in die Bundesliga. Beim Saisonstart ist Magath dann aber schon nicht mehr an Bord. Er hat nur vier Wochen vor dem ersten Spieltag hingeworfen, weil der Verein seine vertraglichen Forderungen nicht erfüllt.

Lange muss Magath nicht auf einen neuen Job warten. Es geht zurück in die Hansestädte des hohen Nordens. Aus Hamburg wird Bremen. Wieder wird der gebürtige Aschaffenburger gerufen, weil so gar nichts zusammenläuft. Wolfgang Sidka - auch in Berlin vor allem als fast 200-facher Spieler für Hertha BSC bestens bekannt - steht mit den Bremern nach schwachem Saisonstart auf dem letzten Platz. Magath führt den Klub zwar ins DFB-Pokalfinale (das sein Nachfolger Thomas Schaaf schließlich gewinnt), in der Liga kann er die Situation aber nicht maßgeblich verbessern. Und so ist nach gerade einmal sieben Monaten Schluss. Magath wirft selbst hin. Von der Mannschaft verabschiedet er sich nicht. Das Verhältnis ist zerrüttet.

Kurz vor der Jahrtausendwende übernimmt Magath Eintracht Frankfurt. Es ist der nächste Job als Feuerwehrmann. Die Mission ist schwierig: Acht Punkte trennen die Hessen vom rettenden Ufer. Magath liefert, das Team punktet plötzlich wie ein Top-Team. In der Rückrundentabelle liegen die Frankfurter mit 30 Punkten auf dem dritten Platz (Hinrunde: elf Punkte) und schaffen als 14. den Klassenerhalt. Verstetigen kann Magath den Erfolg nicht. Ganz im Gegenteil. In der Folgesaison rutscht er mt der Eintracht tief in den Tabellenkeller und wird entlassen. Der Verein steigt dennoch ab.

An Magaths Reputation kratzt das nicht. Er bleibt im Business. Nun trimmt er den VfB Stuttgart. Es geht bergauf - hier die Strandtreppen im Trainingslager in Westerland auf Sylt. Und die magath'schen Quälereien zahlen sich aus. Wiederum gelingt es ihm, einen Abstieg zu verhindern. Dieses Mal ist der Aufschwung ein langfristiger ...

Der Trainer macht die Stuttgarter zum Spitzenteam. Entwickelt mit Philipp Lahm und Co. die spätere Crème de la Crème des deutschen Fußballs. 2003 schließlich ist nur noch Bayern München besser. Die Schwaben sind als Tabellenzweiter mit einem jungen Team in der Champions League angekommen - und Magath im Trainer-Olymp. Der Rekordmeister ruft, er verlässt Stuttgart vorzeitig und wird Hitzfeld-Nachfolger bei den Bayern.

Magath grinst nun neben dem damaligen Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß (l.) auf der Trainerbank ...

... und schafft ein Novum. Sowohl 2004/05 als auch 2005/06 gewinnt er - hier begossen vom heutigen Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic - mit den Münchenern Meisterschaft und Pokal. Das Doppel-Double ist zuvor noch niemandem gelungen. Als Lohn gibt es die vorzeitige Vertragsverlängerung. Doch der Erfolg bröckelt. Die Nach-WM-Saison 2006/07 läuft für die Bayern nicht nach Plan. Ende Januar sind sie nach einem 0:0 zuhause gegen den VfL Bochum nur Vierter. Meistertitel und sogar die Champions-League-Quali scheinen zu entgleiten. Magath muss gehen. Auch sein Vorgänger und Nachfolger Ottmar Hitzfeld kann die Spielzeit nicht mehr retten. Die Münchener landen nur auf Platz vier. Ausgerechnet Stuttgart wird Meister.

Magath zieht weiter zum VfL Wolfsburg und wird dort der starke Mann. Im sportlichen Bereich entscheidet bei den Niedersachsen nun als Trainer und Sportdirektor er (fast) alleine. Aus dem Beinahe-Absteiger unter Klaus Augenthaler formt er einen Kandidaten dür die Top-Plätze - allen voran dank eines herausragenden Sturmduos: Grafite und Edin Dzeko.

Im zweiten Jahr von Magath in Wolfsburg werden die beiden mit insgesamt 54 Treffern zum torgefährlichsten Angriff der Bundesliga-Historie - und tragen ihren Teil dazu bei, dass die Niedersachsen von Hinrunden-Platz neun zur Meisterschaft stürmen. Unvergessen auf dem Weg dorthin ist etwa der 5:1-Triumph gegen Bayern München.

Den Titel gewinnt Wolfsburg, verliert aber seinen gefeierten Trainer. Magath wird der neue Big Boss in Gelsenkirchen. Wie schon beim VfL bekommt er auf Schalke 04 nahezu unbegrenzte sportliche Macht. Trainer und Manager ist er bei den Königsblauen. On top geht es für ihn noch in den Vorstand. Am Anfang feiert er nicht für möglich gehaltene Erfolge. Magath hievt die Schalker auf den zweiten Platz.

Es ist ein Triumph, der Magath in seiner Allmacht weiter stärkt. Sie sogar noch uneingeschränkter werden lässt. Ganz dem Motto nach: Wer gewinnt, hat recht. Magath baut den - eigentlich mehr als klammen - Klub um, wie Magath will. Wie schon in Wolfsburg wirbelt er den Kader komplett durcheinander. Große Namen wie der Spanier Raul kommen nach Gelsenkirchen.

Was geht, ist der sportliche Erfolg. Schalke strauchelt und startet so schlecht in eine Saison wie nie zuvor. Die Saison verläuft ernüchternd - darüber kann auch der Einzug ins Viertelfinale der Champions League nicht hinwegtäuschen. Der Rückhalt für Magath bricht weg. Es kracht im Verein und mit den Fans. Wurde die Machtfülle zuvor zumindest toleriert, gibt es nun immer lautere Kritik. Am 16. März 2011 ist schließlich Schluss für Magath. Der Alleinherrscher ist weg, der Streit geht als öffentliche Schlammschlacht weiter.

Magath zieht im Eiltempo weiter. Zurück nach Wolfsburg - zurück an den Ort seiner dritten Meisterschaft. Gerade einmal zwei Tage nach seinem Aus auf Schalke hat er wieder den bekannten Arbeitsplatz in bekannter Doppelfunktion bei den Niedersachsen inne. Er probiert in gewohnt magath'scher Manier viel. Er kauft ein. Er schickt in einer Saison so viele verschiedene Spieler aufs Feld wie kein anderer Trainer (nicht einmal er selbst) zuvor. An die Erfolge seiner ersten Amtszeit kann er aber dennoch nicht mehr anknüpfen. Am 25. Oktober 2012 wird er entlassen.

Und Magath ist - nach eineinhalb Jahrzehnten im Dauer-Einsatz - erstmals richtig weg aus dem Bundesliga-Business. Er geht nach einer Pause ins Ausland. Als erster deutscher Cheftrainer der Premier League zum FC Fulham und später nach China zu Shandong Luneng Taishan. Ab Anfang 2020 managt er für die Onlinedruckerei Flyeralarm für ein gutes Jahr deren Sport-Sparte Flyeralarm Global Soccer. Grund zu jubeln hat er wenig. Die Nachricht über sein Engagement bei Hertha BSC kommt am 13. März daher überraschend. Nach mehr fast zehn Jahren ist er zurück auf der Bundesliga-Trainerbank.

Sein Debüt muss er allerdings verschieben. In einer Phase, in der bei Hertha (gefühlt) alles schiefläuft, fällt der neue Chef nach drei Tagen im Amt mit einer Corona-Infektion aus. Es schlägt die Stunde seines Co-Trainers Mark Fotheringham. Mit der personifizierten Leidenschaft an der Seitenlinie holt Hertha (verfolgt von Magath im Hotelzimmer) drei Punkte gegen Hoffenheim - und der Schotte erobert die Herzen der Herthaner. Übrigens: Genau dieses Spiel ist der Grund, aus dem Magath bereits seit dem vergangenen Wochenende 500 Spiele als Cheftrainer in den meisten Statistiken vermerkt hat, aber erst gegen Bielefeld tatsächlich zum 500. Mal auf der Bank sitzen wird.

Bei Hertha macht Magath Mut. Er scheint das Feuerwehrmann-Gen von früher nicht verloren zu haben. Ganz im Gegenteil. Drei Siege hat er in fünf Spielen geholt - zuletzt zwei überlebenswichtige gegen die direkte Konkurrenz im Abstiegskampf. Nach seinem 500. Spiel auf der Bank in Bielefeld könnte der Klassenerhalt für die Berliner bereits feststehen. Er wäre wohl gleichzusetzen mit seinen Titeln und Pokalen.