Möglicher Neubau am Maifeld - Drohender Abstieg befeuert Herthas Stadiondebatte

Beim Rückspiel gegen den HSV steht für Hertha BSC auch die Stadiondebatte auf dem Platz: Denn der Verbleib in Liga eins ist bedeutsam für den geplanten Neubau. Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern auch um den Rückhalt in der Politik. Von Sebastian Schöbel
Das Relegationshinspiel hat Iris Spranger im Olympiastadion geschaut, die Berliner Sportsenatorin hat ihr "Daumendrücken" auf Twitter dokumentiert. Zuvor hatte die SPD-Politikerin im rbb24-Inforadio einen zuversichtlichen Tipp für das Spiel abgegeben: 2:0-Sieg für die Hertha. Und das neue Stadion, das sich der Verein seit Jahren wünscht, könne ziemlich sicher am Maifeld gebaut werden. "Hertha wird da ein neues Stadion bekommen, da gibt es jetzt keine Diskussion."
Grüne und Linke widersprechen Spranger
Aus dem 2:0 für Berlin wurde dann bekanntlich aber ein 0:1 für den HSV. Und die Diskussion, die laut Spranger über den Stadionstandort nicht mehr geführt werde, ist in Wirklichkeit noch voll im Gange. Ihre beiden Koalitionspartner jedenfalls haben noch viel Gesprächsbedarf. "Für uns sind noch ganz viele Fragen offen", sagte dazu etwa die sportpolitische Sprecherin der Linken im Abgeordnetenhaus, Claudia Engelmann. Zu beraten seien hier noch sehr viele Aspekte, etwa Anforderungen des Denkmalschutzes, des Umweltschutzes, der Verkehrserschließung oder der Finanzierung. Klara Schedlich, die Sportpolitikerin der Grünen, sagte dem rbb, man prüfe lediglich den Standort, entschieden sei noch gar nichts.
Die CDU als größte Oppositionspartei ist in der Frage gespalten. Kaum einer weiß das so gut wie der Westender Abgeordnete Ariturel Hack. Teile seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus befürworten den Stadionneubau, auch im Olympiapark. Doch in Hacks Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf spricht sich die Partei klar gegen den Neubau am Maifeld aus - und ist damit auf Linie des von den Grünen geführten Bezirksamtes. Auch Hack gehört zu den Skeptikern, zumindest was den Bau direkt neben dem Olympiastadion angeht. "Wenn das Management von Hertha BSC sagt, wir wollen weiter ein eigenes Stadion haben, sehe ich nichts, was dagegen spricht", sagt Hack. "Die Frage in Berlin ist nur: Wo?"
Beendet ein Abstieg die Stadiondebatte?
AfD-Sportpolitiker Karsten Woldeit plädiert derweil schon dafür, den Umbau des Olympiastadions nochmal zu prüfen. Dafür holt er Pläne hervor, die einst unter Sportsenator Andreas Geisel vorgelegt und wieder einkassiert wurde. "Da gibt es viele Möglichkeiten, dass man die Spielfläche absenkt oder den Oberrang abhängt." Ähnliches wurde vor Jahren schon diskutiert, dann aber wegen Herthas deutlichem Nein wieder verworfen. Woldeit aber ist sich sicher, dass mit so einem Umbau auch im Olympiastadion eine Sitzplatzkapazität von nur noch 40.000 oder 45.000 erreichbar wäre. "Das ist aus meiner Bewertung im Olympiastadion realisierbar."
Nun aber droht der Hertha zunächst der Abstieg in die zweite Liga. Die Koalition will die Stadionfrage nicht mit dem sportlichen Erfolg des Vereins verknüpfen. "Jedem Fußballclub steht es zu, ein eigenes Stadion zu wollen", sagt Claudia Engelmann von den Linken. Anders sieht es allerdings die FDP. "Ein Abstieg in die zweite Bundesliga stellt die Weichen noch mal komplett neu", sagt ihr Sportexperte Stefan Förster. "Verbindlichkeiten, Finanzierung, was passiert, wenn möglicherweise ein Durchmarsch in die dritte Liga droht? Das sind alles Fragen, die geklärt werden müssen."
Förster verweist auf das Beispiel Kaiserslautern: Der FCK spielt heute in Liga drei und kann nur noch einen Bruchteil der früheren Stadionmiete an die Stadt zahlen. Für Herthas neues Stadion wird nun bereits an eine gemeinsame Betreibergesellschaft gedacht, um Herthas Arena zusammen mit dem Olympiastadion zu bewirtschaften. Kritiker wie Förster befürchten, dass ein Zweitligist ein solches Konstrukt eher belasten könnte - zum Nachteil der Stadt Berlin. Allerdings sei ohnehin unklar, wer aktuell für den Verein spricht, so Förster. Er rechne damit, so der FDP-Politiker, dass bei einem Abstieg ohnehin die Hertha-Führung ausgetauscht wird. Ob dann ein deutlich kleineres Stadion als bislang geplant überhaupt noch Priorität hat, sei fraglich, so Förster.
Sendung: rbb24 Inforadio, 23.05.2022, 12:00 Uhr