Herthas neuer Trainer Sandro Schwarz - Wer kennt diesen Mann?

Do 02.06.22 | 09:40 Uhr | Von Shea Westhoff
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Sandro Schwarz
Audio: rbb24 Inforadio | 02.06.2022 | Lars Becker | Bild: imago images/SNA

Kann Sandro Schwarz Hertha BSC? Die Bundesliga verbindet mit dem einstigen Mainz-Trainer wenige Erinnerungen. Im rumorenden Hauptstadtklub soll er für Ruhe sorgen. Ausgerechnet mit Union Berlin hat Schwarz zwei Rechnungen zu begleichen. Von Shea Westhoff

Für einen ambitionierten Fußballtrainer dürfte es weit schlechtere Herkunftsorte als Mainz geben. In der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt scheint man quasi unwillkürlich auf die größten Trainer-Idole des Fußballgeschäfts zu treffen. Sandro Schwarz ist das Glück vergönnt gewesen, als Mainzer auf die Welt zu kommen.

Wer ihm dort nicht alles begegnete. Mit Marco Rose, seinem einstigen Teamkollegen beim FSV Mainz 05, verbindet ihn nach wie vor eine enge Freundschaft. Zusammen mit Jürgen Klopp streifte Schwarz das Mainzer Trikot über, bevor er später von ihm trainiert wurde. Als Schwarz später selbst Nachwuchs-Coach wurde, arbeitete er eng zusammen mit dem damaligen Cheftrainer bei den Profis, Thomas Tuchel.

Schwarz war anders als seine Vorgänger Klopp und Tuchel

Schwarz’ Bekanntschaften aus Mainzer Zeiten sind heute Fußball-Berühmtheiten, die ihren eigenen Trainerstil kultiviert haben. Mit Schwarz hingegen verbinden hierzulande die wenigsten irgendetwas. Welchen Übungsleiter hat sich Hertha da geangelt?

Mit dem glänzenden Arbeitsnachweis, die Mainzer U23-Mannschaft überraschend in die 3. Liga geführt zu haben, übernahm Schwarz im Sommer 2017 das Traineramt bei den Profis als Nachfolger von Martin Schmidt. Schwarz unterschied sich in seinen fast zweieinhalb Jahren als Cheftrainer grundlegend von manch anderem Trainer-Eigengewächs aus Mainz. Er galt nicht als charismatischer Charakterkopf, er war kein schillernder Sympathieträger, vermarktete nicht seine eigene Person oder seinen Spielstil. Er schien nicht als Identifikationsfigur für den Mainzer Anhang zu taugen.

Auch der Liga hinterließ Schwarz wenig bleibende Erinnerungen – obwohl er guten, teils mitreißenden Fußball spielen ließ. Schon in seiner ersten Bundesliga-Saison impfte er seinen Spielern einen offensiven Stil ein, mit hohem Pressing und mutigen Umschaltspiel.

Schwarz formte heutige Leistungsträger

Der Erstliga-Verbleib 2017/18 glückte indes nur knapp, allerdings mit denkwürdigen Siegen gegen Borussia Dortmund und RB Leipzig zum Saisonende. In seiner zweiten Spielzeit schälte sich als Grundformation ein 4-4-2-System heraus, mit einer Mittelfeld-Raute, die bis zu fünf Offensivspielern Entfaltungsmöglichkeiten bot. Der attraktive Fußball wurde am Ende von Schwarz’ zweiter Saison mit Platz 12 belohnt.

In seiner ruhigen, geradlinigen Art formte er in Mainz ein horizontales Teamgefüge. Profiteure waren Spieler, die heute teils gestandene Leistungsträger sind: Flügelspieler Ridle Baku, Torhüter Florian Müller, aber auch Suat Serdar, der über den FC Schalke mittlerweile bei Hertha gelandet ist und sich auf das Wiedersehen mit Schwarz besonders freuen dürfte.

Andere Ballkünstler wie Jean-Philippe Mateta und Robin Quaison konnten unter der Schwarz-Ägide glänzen - und schienen nach dessen Abgang nicht mehr wirklich an die einstige Form anknüpfen zu können.

Der Abschied von Sandro Schwarz folgte in seiner dritten Saison, Mainz kam nicht in Tritt, mit den gestiegenen Ansprüchen schwand die Geduld beim Vorstand. Nach neun Punkten aus den ersten elf Bundesligaspielen entließ der damalige Manager Rouven Schröder Sandro Schwarz.

Ein verbindlicher Trainertyp

Später konnte er beim russischen Erstligisten Dynamo Moskau überzeugen, einem Klub, der in Russland als graue Maus galt. Schwarz einte die junge Mannschaft, führte sie gemeinsam mit Assistenztrainer Andrej Voronin ins diesjährige Pokalfinale, beendete die Saison auf Platz drei.

Rätsel gab er auf, als er sich auch nach Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine entschloss, bis zum Saisonende Trainer in Moskau zu bleiben, während alle anderen internationalen Trainerkollegen ihre Koffer packten. Schwarz selbst gab an, er fühle sich für den Klub verantwortlich. Auf der Hertha-Homepage erläuterte Voronin diesen Entschluss seines einstigen Trainerkollegen: "Er hat gezeigt, dass es für ihn nicht nur um das Sportliche oder ums Geld ging, sondern darum, die Menschen vor Ort nicht im Stich zu lassen. Das zeichnet ihn aus." Gut möglich, dass diese Deutung genau so zutrifft.

Dass nun in chaotischen Hertha-Tagen ein gelassener und gleichsam verbindlicher Typ wie Sandro Schwarz wieder für Ruhe und Kontinuität sorgen könnte, scheint durchaus denkbar. Dass er dabei über eine eigene, mutige Spielidee verfügt, ist überdies die ideale Voraussetzung für einen gelingenden sportlichen Umbruch.

Union Berlin fügte ihm zwei schmerzhafte Pleiten zu

Welch Ironie, dass Herthas neuer Coach zwei Rechnungen offen hat mit dem Konkurrenten aus Köpenick. Union Berlin fügte ihm immerhin zwei seiner bittersten Niederlagen zu: Als Profi unterlag er 2002 am letzten Spieltag der 2. Bundesliga den Unionern, die den Mainzern damit den ersehnten Aufstieg zunichtemachten.

Zu seiner Zeit als Bundesliga-Trainer griffen die Unioner ebenfalls ins Schicksal von Schwarz ein: Das Team von Urs Fischer besiegte Mainz im Herbst 2019 mit 3:2 - danach wurde Schwarz entlassen und musste sich vorerst aus der Bundesliga verabschieden.

Mit Hertha hat Sandro Schwarz nun die Möglichkeit zur Revanche.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.06.2022, 10:15 Uhr

Beitrag von Shea Westhoff

10 Kommentare

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  1. 10.

    Da irrt der Verfasser gewaltig "Mit dem glänzenden Arbeitsnachweis, die Mainzer U23-Mannschaft überraschend in die 3. Liga geführt zu haben,..."
    Nicht Schwarz hat die damalige U23 2014 in die Dritte Liga geführt sondern Martin Schmidt. Von diesem übernahm er dessen Traineramt und stieg 2017 mit ebender U23 wieder in die Regionalliga ab.
    Dass er "zur Belohnung" dann Cheftrainer der Ersten Mannschaft wurde, haben damals viele Fans von 05 nicht verstanden.
    Also Vorsicht: "Schwarz kann Abstieg." Das hat er schon bewiesen.

  2. 9.

    Wie wäre es mit gesichertem Klassenerhalt ohne Zittern bis zum Schluss? Das wäre doch schon ein Fortschritt! Wir würde daher das untere Mittelfeld im nächsten Schritt schon reichen.

  3. 8.

    Hallo Katie, was hat denn der Herr Schwarz mit den Ideen zu tun, die der Autor des Artikels hier verbreitet? Das liest sich doch so, als ob hier nur den Unionern ein Bröckchen hingeworfen werden sollte, damit die den Artikel auch interessant finden. Und dass manche Leute sich davon so schön triggern lassen, dürfte auch im Kalkül des Autors gelegen haben.

  4. 7.

    Ich hoffe das ein neu Start kommt wir brauchen ein gutes Team bei ganz Hertha und vielleicht können wir dann im Mittelfeld der Bundesliga spielen.

  5. 6.

    Ich denke nicht, dass Sandro Schwarz irgendwelche Rechnungen mit Union begleichen will. Das sind alles Vorstellungen und Fantasien des Autoren dieses Artikels. Bitte nicht verwechseln.

  6. 5.

    Nun kommt Herr Schwarz nach Berlin zur Hertha um mit dem Konkurrenten/Kontrahenten Union alte Rechnungen zu begleichen?
    Was ist das für ein Kleingeist; dieses Nachtragen von das was vor Jahren mal war, ekelhaft, ohne Stil, Kampfarena - Bolzplatz -Kindergarten.
    Fussball abschaffen. Das ganze Konstrukt. Geht zur Bundeswehr, wenn ihr euch raufen wollt.

  7. 4.

    Einer der sehr sehr wenigen, die nach Russlands Überfall auf die Ukraine munter weiter für die Russen gearbeitet hat. Hat sich nicht gegen den verbrecher aus Moskau ausgesprochen. Passt zu Hertha? Ich wünsche in der nächsten Saison einen Abstieg

  8. 3.

    Gute Entscheidung die absehbar war. Ick freu mich schon uff die neue Saison. Da bin ick unverwüstlich. In guten ,wie in schlechten Zeiten. Und niemand erwartet wirklich was von unserer alten Dame. Die neue Saison wird etwas besser. Da wette ich drauf

  9. 2.

    Ach, wenn ich nicht so schrecklich hoffnungslos wäre nach den letzten Jahren und ehrlicherweise Jahrzehnten. Selbst als Hertha mal in der ersten Hälfte der Tabelle stand wusste doch niemand warum
    Und als letzte Saison die drei besten Spieler gegangen sind haben meine Depressionen wieder einen festen Anker bekommen. Ist ja gar nicht schlecht, wenn ich meine Melancholie bei der Hertha parken kann.
    Da weiß man was man hat.
    Danke Hertha

  10. 1.

    Gute Arbeit Herr Westhoff.. gern gelesen.

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