Neues Stadion im Nordwesten des Olympiaparks - Hertha stellt Entwurf seiner "Pralinenschachtel" vor

Fr 10.06.22 | 18:15 Uhr
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Der Berliner Olympiapark von oben. / imago images/Matthias Koch
Video: rbb24 Abendschau | 10.06.2022 | Christian Dexne | Bild: imago images/Matthias Koch

45.000 Plätze, eine neue Form - und südamerikanisches Flair: Hertha BSC hat im Sportausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses Details zu einem möglichen neuen Stadion im Nordwesten des Olympiaparks vorgestellt.

Hertha BSC hat erstmals öffentlich die angepassten Entwürfe für sein geplantes Stadion im Olympiapark vorgestellt. Der Fußball-Bundesligist reagierte damit auf den Vorschlag von Sportsenatorin Iris Spranger (SPD), das Stadion in der nordwestlichen Ecke des Olympiaparks am Maifeld zu errichten.

Kapazität von 45.000 Zuschauern

Herthas Finanz-Geschäftsführer Ingo Schiller präsentierte die ersten Pläne am Freitag im Sportausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Laut der Entwürfe könnte das neue Stadion mit einer Kapazität von 45.000 Plätzen, davon 17.000 Steh- und 500 Logenplätze auf dem Areal des sogenannten "Lindeneck" an der Friedrich-Friesen-Allee gebaut werden. Bei internationalen Spielen könnten 36.500 Fans ins Stadion.

Die Kosten würden sich nach Angaben des bald scheidenden Schiller auf 250 Millionen Euro belaufen. Bezahlt werden soll es mit "geringen Eigenmitteln", einer höheren Leihe, sowie dem Rest als Hypothekendarlehen. Die Finanzierung sei absolut darstellbar, sagte Schiller - selbst wenn Hertha absteigen und mehrere Jahre in der zweiten Liga gespielt würde. Die Refinanzierung erfolge "ausschließlich durch Fußballspiele", so Schiller. Er stellte in Aussicht, dass Einahmen aus zusätzlichen Veranstaltungen im neuen Stadion dem Land Berlin zugutekommen würden, "zur Refinanzierung von Mindererlösen", vor allem im Olympiastadion. Spranger kündigte bereits an, entsprechende Verträge mit Hertha BSC abschließen zu wollen.

Engelbert Lütke Daldrup, der ehemaligen BER-Chef, wird den Verein bei seinem Bauvorhaben "in beratender Funktion" unterstützen, so Schiller.

Archivbild: Stadion La Bombonera in Buenos Aires. (Quelle: imago images/S. Danielsson)Stadion "La Bombonera" ("Pralinenschachtel") in Buenos Aires

Vorbild "Bombonera"

Anders als in den bisherigen Entwürfen wäre die Grundform nicht mehr oval: Das neue Stadion hätte eine "flache" Seite, angelehnt an das berühmte Stadion "La Bombonera" ("Pralinenschachtel") in Buenos Aires, die Heimspielstätte des argentinischen Clubs Boca Juniors, dem Herzensverein des 2020 gestorbenen Diego Maradona. "Das steht dort mitten in einem Wohnviertel und ist baulich entsprechend angepasst", sagte Schiller.

Das Berliner Pendant ist aber vor allem dem Platzmangel und den Lärmschutzbestimmungen auf dem Gelände geschuldet. Radikal neu ist nun vor allem die Südseite des Entwurfs: sie soll flacher gebaut und mit einer gigantischen Videowand ausgestattet werden, die Richtung Maifeld zeigt. Das benachbarte Maifeld soll dadurch unter dem Label "Myfield" stärker für die Öffentlichkeit geöffnet werden, etwa mit Public Viewing. Zudem sind 500 Tiefgaragenplätze geplant. Mit der weiteren Planung habe der Klub das Planungsbüro Albert Speer und Partner beauftragt.

Die Ostkurve des neuen Stadions wäre weiterhin der Bereich für die Hertha-Fans, so wie es bisher auch im Olympiastadion Tradition ist.

Landeskonservator sieht Punkte, die Bau verhindern könnten

"Ich bin davon überzeugt, dass Hertha ein Fußballstadion bekommen sollte", sagte Innensenatorin Spranger, die ankündigte, das Verfahren an sich ziehen zu wollen. Die SPD-Politikerin kündigte zu Beginn der über vierstündigen Sitzung am Freitag an, eine Steuerungs- und Projektgruppe einzuberufen, die sie leiten werde. Sie soll nach der Sommerpause im Parlament eingerichtet werden.

Vieles muss weiter besprochen, geprüft und geklärt werden. Sei es das Thema Großveranstaltungen mit hohen Lärmemissionen, die jährlich auf dem Gelände des Olympiaparks steigen würden, der Protest eines Reitvereins oder auch der Denkmalschutz. Das "Lindeneck" sei keine "Restfläche", betonte der Direktor des Landesdenkmalamtes, Christoph Rauhut. Von den aktuellen Plänen habe er erst kurz vor der Ausschusssitzung erfahren, weitere Prüfungen seien nötig. Der Landeskonservator sah durchaus auch Punkte, die einen Bau noch verhindern könnten. "Dies ist sicherlich keine behutsame Weiterentwicklung dieses Geländes, aus denkmalfachlicher Perspektive", so Rauhut.

Hertha will Synergien schaffen

Vor allem mit Blick auf die dann unklare Zukunft des Olympiastadions schlägt der Bundesligist vor, das neue Stadion mit dem Olympiastadion und der Waldbühne zusammen zu bewirtschaften, um Synergien zu schaffen und Kosten zu sparen. Die Einbußen für das Land Berlin könnten dadurch halbiert werden, so Schiller.

Allerdings gab es im Sportausschuss Zweifel, ob diese Rechnung aufgeht. Timo Rohwedder, der Chef der Olympiastadion GmbH, verwies vor allem auf die Lärmschutzbestimmungen: Die würden pro Jahr nur 23 Veranstaltungen mit außergewöhnlicher Lärmbelastung erlauben. Diese müsste sich das Olympiastadion mit dem neuen Hertha-Stadion und der Waldbühne teilen. "Wir sehen insofern keine Möglichkeit, wesentliche große Veranstaltungen durchführen zu können." Schiller entgegnete, dass Hertha in der Regel am Nachmittag spielt. "Nachmittags zum Spiel und abends zum Konzert sind problemlos möglich."

Das Problem sei allerdings komplexer, so Rohwedder: Weil die Bundesliga ihre Spielpläne erst sehr spät festlege, Konzerte und andere Veranstaltungen aber mit teilweise jahrelangem Vorlauf geplant würden, seien Konflikte zwischen beiden Spielstätten in Zukunft kaum vermeidbar.

Sendung: rbb24 Abendschau, 10.06.2022, 19:30 Uhr

51 Kommentare

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  1. 50.

    Hertha braucht einen Bolzplatz damit sie spielen lernen, kein Stadion.

  2. 49.

    Bin kein Fußballfan, deshalb erlaube man mir die total ketzerische Idee: Union und Hertha einfach fusionieren und damit die gesamten Berliner Fans „abgreifen“. Dann wird das Olympiastadion möglicherweise stets voll. Das Union-Stadion könnte dann auch noch eingespart werden. Mit der geballten Kraft der Sponsoren könnte man tolle neue Spieler einkaufen. Wofür einen Ost- und Westverein? Hauptsache Berlin!

  3. 48.

    Bevor die Orthographiefetischisten wieder zuschlagen, Hertha wird mit th geschrieben.

  4. 47.

    Hertha BSC braucht kein neues Stadion.Allein schon die Forderung nach einem eigenen Stadion ist eine Frechheit.Fur die dritte Bundesliga reicht auch das Poststation vollständig aus.Wen man das Olympiastadion nicht mehr will.Ich hoffe der Reitverein kann sein Gelände behalten.

  5. 46.

    Anscheinend überwiegt die Skepsis bzgl. eines eigenen Stadions, was auch nicht verwundert, denn:
    - keine überzeugenden Leistungen der Profi-Fußballmannschaft in den letzten 10 Jahren
    - Chaos in der Vereinsführung
    - Finanzdebakel trotz Großinvestor
    - keine gesicherte Perspektive auf den Klassenerhalt in der kommenden Saison
    - keine kompetenten und verlässlichen Mandatsträger im Senat, die so ein großes Bauprojekt als starker Partner begleiten
    - ein Bauvolumen, dass auf Kante geschnitten ist

  6. 45.

    Ich sehe die Gäste-Fans kurz vor Mitternacht nach dem Flutlichtspiel durch die Dunkelheit zum U-Bahnhof Olympiastadion irren und die Hertha-Fans über den Trampelpfad durch das Maifeld zur S-Bahn. Ganz zu schweigen von der Infrastruktur, die man am Ort des Stadions sonst noch herstellen muss. Zum Beispiel Zufahrten für Mannschaften, VIPs(Wer eine Loge hat, wird kaum mit der S-Bahn anreisen), Lieferanten und Rettungsdienste, Wasser, Abwasser, Strom, Internet. Es wird wohl eine Praline in einer besonders teuren Schachtel.

  7. 44.

    Ich finde solch ein Projekt in der momentanen Situation kann nur schiefgehen. Man kann die Kosten gar nicht seriös voraussagen weil es Knappheit bei den Baumaterialien gibt und die Bauzeit nicht zu kalkulieren ist.
    Wenn man das jetzt wirklich umsetzen will, bedeutet das, dass niemand weiß, was am Ende kostet. Anstatt aus den Fehlern Anderer zu lernen, macht man sie nach.
    Der Steuerzahler wird am Ende dafür einstehen müssen, weil Hertha sonst pleite geht.

  8. 43.

    Die Bauform gefällt mir nicht.
    Trotzdem muß ein kleineres her.
    55k oval ist optimal. Stimmung ist dann auch intensiver
    Mich interessiert, wie sich die Nachfrage nach Tickets verändert, wenn nicht jederzeit eins verfügbar ist.
    Künstl. Verknappung. Da wird das Ticket gleich viel interessanter.
    Die Kapazität im Oly ist das Problem.
    Es kommen ja im Schnitt 45k Zuschauer.
    (Da wäre fast jedes BuLi Stadion ausverkauft.)
    Manchmal aber eben nur <35k. Das sieht dann blöd aus, im 75k Stadion.

  9. 42.

    Eine öffentliche Förderung des Hertha - Stadion - Wahnsinns wäre das nächste Vergehen des Senats an den Menschen dieser Stadt.

  10. 41.

    Ich finde, Hertha sollte erstmal Fußball spielen lernen.
    Dann wären auch weitere Gedanken erlaubt.

  11. 40.

    Lieber Freund, wäre es nicht richtig, Hertha lernt erstmal Fußball spielen?

  12. 39.

    Hertha sollte sich eher über die sportlichen Ziele klar werden, und sich mal Gedanken machen in welchem Stadion sie spielen dürfen

  13. 38.

    Zitat: "Hertha BSC ist der Hauptstadtclub mit einer 130 jährigen Tradition und verdient ein eigenes reines Fußballstadion mit Minimum 55 000 Plätzen"

    Die Kapazität wird Hertha doch von niemandem vorgegeben. Wenn der Verein meint, dass 45k Plätze sich am besten rechnen, ist das dessen Entscheidung.

  14. 37.

    Laßt den Mist mit dem neuen Station einfach sein! Konzentriert Euch beim BSC endlich auf das wesentliche.
    „Geht raus - und spielt Fußball!“
    Zeit wird’s! Punkt.
    HaHoHe

  15. 36.

    Es wird immer lächerlicher.
    Die 6 ,8 16, der Antworten sagen alles u. Mehr sollte dazu auch nicht mehr kommen.
    Das Oly gehört zu Berlin ist in der Welt berühmt.
    Und auch der Verein wird wieder besser dastehen.
    Mal gewinnt man , mal verliert man.
    Jeder macht Höhen u. Tiefen durch.

  16. 35.

    Etwas aus der Ferne betrachtet stellt sich ernsthaft die Frage, ob der Größenwahn bei Hertha überhaupt noch irgendwo endet...

  17. 34.

    Dann hätte Union damals auch keinen Anspruch auf ein eigenes Stadion gehabt als sie es erst für 1€ kaufen sollten/wollten und das Land dann aus rechtlichen Gründen nur pachten mussten/durften.

  18. 32.

    Ich dachte, dass der Herr Schiller ist zurückgetreten...??? Wer hat die Idee aus vorgeschlagen ? In Berlin, auf einem" freien" Grundstück ein Stadion aus Buenos Aires, mit eine "flache" Seite ?!?! Wahnsinn, aber die Innensenatorin kann das Stadion Hertha schenken, wenn Sie genug Geld hat, vielleicht kann Gazprom einspringen (bitte mit noch Parteifreund Schröder sprechen), dann entsteht hässliche Gazprom Arena!

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