Hertha II gegen Tasmania - Fans von Influencer El-Jindaoui stürmen Platz bei Freundschaftsspiel

Sa 16.07.22 | 17:55 Uhr
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Spielabbruch bei SV Tasmania Berlin gegen Hertha II am 16.07.2022. Das Spiel wurde abgebrochen, nachdem Fans auf den Platz gerannt waren, um ein Selfie mit Influencer Nader El-Jindaoui zu machen. (Quelle: privat)
Bild: privat

Es war nur ein Freundschaftsspiel zwischen Hertha II und Tasmania Berlin. Doch allein der Hype um einen einzigen Spieler brachte die zahlreichen Zuschauer so sehr in Ekstase, dass das Spiel nicht regulär zu Ende geführt werden konnte.

Eigentlich ist es nicht ungewöhnlich, wenn Internet-Stars irgendwo auftauchen und von Fans umzingelt werden. Doch bei einem Fußballspiel hat das am Samstag in Berlin zu einigem Trubel geführt.

Bei dem Freundschaftsspiel Hertha II gegen Tasmania Berlin waren zahlreiche Fans von Internet-Star Nader El-Jindaoui auf den Platz gelaufen, um ein Selfie mit ihrem Idol zu machen. Die Szenen teilte Tasmania auf Twitter. "Eigentlich waren da nur noch etwa zwei Minuten zu spielen", sagte HCL, Fanbeauftragter der Tasmania, gegenüber rbb|24 am Samstagnachmittag. Der Verein twitterte dann auch das Wort "Spielabbruch" zusammen mit einem Foto der Fans auf dem Platz.

Auf dem Twitter-Account der Hertha-Bubis wurden die Schluss-Szenen nicht erwähnt, dort hieß es nur "Schlusspfiff! Wir gewinnen das Testspiel mit 3:1".

Spielabbruch bei SV Tasmania Berlin gegen Hertha II am 16.07.2022. Das Spiel wurde abgebrochen, nachdem Fans auf den Platz gerannt waren, um ein Selfie mit Influencer Nader El-Jindaoui zu machen. (Quelle: Twitter/@SV_Tasmania_Bln)
Viele Fans stürmen den Platz, um zu ihrem Idol Nader El-Jindaoui zu kommen.Bild: Twitter/@SV_Tasmania_Bln

Internet-Star mit Millionen Followern

Herthas Nader El-Jindaoui ist zwar Fußballer, aber vor allem auch ein gefragter Influencer. Auf Instagram hat der 25-Jährige 1,6 Millionen Follower. Seinem Youtube-Kanal "Jindaouis", den er zusammen mit seiner Frau betreibt, folgen derzeit 1,23 Millionen Menschen.

Auf den Bildern und Videos, die am Samstag bei Twitter kursieren, sieht man, wie vor allem Kinder und Jugendliche auf den Platz rennen.

"Man konnte sich nicht mehr auf das Spiel konzentrieren"

Bereits während des Spiels waren immer wieder Personen auf den Rasen gelaufen, berichtet HCL. "Man konnte sich gar nicht mehr auf das Spiel konzentrieren, weil ab der 75. Minute immer jemand aufs Feld rannte." Zu diesem Zeitpunkt wechselte Hertha II Nader El-Jindaoui aus. "Man hat nur noch verfolgt, wie lange die Ordner brauchen, um die Flitzer vom Platz zu führen", so HCL.

Etwa 2.300 Zuschauer:innen verfolgten das Spiel, so HCL. In der Vorsaison lag der Schnitt bei knapp über 400 Zuschauern. Nach Angaben des Fanbeauftragten von Tasmania kam der Großteil aber wegen ihres Idols. Zunächst hätten alle Zuschauer auf der Haupttribüne gesessen. Einige Tasmania-Fans hätten laut dem Fanbeauftragten dann aber darum gebeten, in andere Blöcke wechseln zu können, weil es doch sehr unruhig wurde. Denn jeder Ballkontakt von Nader wurde von heftigem Gekreische begleitet, berichtet der Verein auch auf Twitter.

Zum Schluss postete Tasmania auf Twitter weniger Spielszenen, sondern viel mehr Flitzerszenen: "Jetzt noch jemand, der über das Feld rennt, um mit Nader ein Selfie zu machen" und "Noch ein Handyträger auf dem Rasen und nochmal und noch". Tasmanias Fanbeauftragtem wird dieses Spiel wohl in Erinnerung bleiben, "An solche Szenen kann ich mich nicht erinnern. Es gab ja keinen Anlass, als ob man um eine Meisterschaft spielen würde.", sagte er.

Hype geht nach dem Spiel weiter

Auch nach dem Spiel war der Hype um Nader El-Jindaoui noch nicht zu Ende. Zahlreiche Fans versammelten sich mit ihren Smartphones vor dem Stadion, um ihn vor die Linse zu bekommen.

In seinen Instagram-Stories bedankte sich El-Jindaoui für die Unterstützung seiner Fans und drückte gleichzeitig sein Bedauern über einen Polizeieinsatz aus. "Am Ende war es ein bisschen traurig, dass die Polizei das abgebrochen hat. 99 Prozent haben sich benommen, aber es müssen sich alle benehmen, damit auch alle ihre Fotos bekommen", so El-Jindaoui.

Der Einsatzleiter der Direktion 2 sagte rbb|24 auf Anfrage, dass es einen Polizeieinsatz gegeben habe. Zum Ende seien laut Polizei noch 150 Fans vor Ort gewesen. Weil El-Jindaoui laut Aussage der Polizei nicht mehr vor Ort war und die Fans dies nicht glauben wollten, habe die Polizei sie davon überzeugen müssen, wieder zu gehen. Die Polizei war bereits das gesamte Spiel über vor Ort gewesen.

10 Kommentare

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  1. 10.

    Sperre für "El", Hausverbot für seine Fans?

  2. 9.

    Die, die da den Platz gestürmt und für den Spielabbruch gesorgt haben, hatten vielleicht gerade mal so einen Personalausweis. Erwachsene Männer waren da nirgends zu sehen. Hoffentlich ist der Spuk bald vorbei.

  3. 8.

    Ganz starke Arbeit von Bobic! Vor ein paar Wochen noch mit gerade mal einem Tor dem Abstieg entronnen, wird die Transfer-Politik der Vergangenheit endlich komplett umgekrempelt! Wer braucht schon Fußballspieler von internationalem Format, wenn er viertklassige Influencer haben kann? Das ist so hipp, das ist so edgy, das ist so zukunftweisend! Hier zeigt der Verein endlich mal wieder, wie sehr ihm die wahren Werte von Fußball und Tradition am Herzen liegen.

  4. 7.

    Ich war auch mal Influenzer. Da hatte ich Husten, Schnupfen und Fieber.

  5. 6.

    Erwachsene Männer rennen wie Teenie Mädels zu einer Boyband für ein Selfie. Das im Testosteron gesteuerten Fußball....Respekt.

  6. 5.

    Ich kenne Ihn nicht! Ist er eigentlich schon mal sportlich und fußballerisch positiv aufgefallen?

  7. 4.

    Es ist erschreckend wie wenig die Menschen sich an Regeln und Gesetze halten. Jeder macht nur noch was er will.
    Und es ist sehr traurig in welche Richtung wir immer mehr dirften. Das Chaos ist vorprogrammiert, weil niemand mehr für sein Fehlverhalten geahndet wird.

  8. 3.

    Mir fällt es schwer, irgendwas Gutes an diesen Verhältnissen zu finden... hat jedenfalls nix mehr mit Fußball zu tun...
    Der Verband ist gefordert, wird aber garantiert ewig für ein Reaktion brauchen...
    Vereine, die dieses Spiel mitmachen, sollten spürbar sanktioniert werden.
    Wer solchen Mumpitz haben will, soll zu DSDS gehen...

  9. 2.

    Einfach entsetzlich, was die Jugend heutzutage teilweise für Vorbilder hat bzw. welche Vorbilder der Jugend vorgesetzt werden.

  10. 1.

    Die Influencer tanzen den Verbänden schon bald auf der Nase herum. Delay Sports wird der nächste Fall, wo sowas vorkommt. Diesen Egomanen geht es nicht um Fußball, sondern um Aufmerksamkeit und ihr Geschäft. Der BFV lässt sich ja bereits vorführen und der erhoffte Effekt fürs Ehrenamt wird gleich Null sein. Hertha hat Jindaoui doch genau dafür geholt, dass er die Trikotabsätze steigert und der feiert sich für diese Frechheit heute auf Instagram und co in den Himmel, bedankt sich bei seinen Fans.

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