Pflichtspiel-Auftakt im DFB-Pokal - Warum Union in Chemnitz nichts geschenkt bekommen wird

Sa 30.07.22 | 18:50 Uhr | Von Lukas Witte
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Union-Trainer Urs Fischer macht es sich im Trainingslager auf einem Ball gemütlich (imago images/Matthias Koch)
Audio: rbb24 | Sa 30.07.22 | Rüger, J. | Bild: imago images/Matthias Koch

Mit Rückenschmerzen und neuen Gesichtern tritt Union Berlin die Reise zum Pokalspiel nach Chemnitz an. Dabei gehen sie zwar als klarer Favorit ins Spiel, der sächsische Rekord-Landespokalsieger wird es ihnen aber so schwer wie möglich machen.

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Für eine kleine Überraschung im Vorfeld der DFB-Pokal-Partie sorgte der 1. FC Union auf der Pressekonferenz. Statt Trainer Urs Fischer, der üblicherweise den Journalisten Rede und Antwort steht, trat sein Assistent Markus Hoffmann vor das Mikrofon. Der schweizer Cheftrainer ließ sich wegen Rückenproblemen entschuldigen, die Berliner hoffen aber, dass er seine Mannschaft bei der Partie am Montag von der Seitenlinie aus betreuen kann.

Sein Vertreter musste dann vor allem Fragen zu den Neuzugängen und der Kader-Situation des Fußball-Bundesligisten beantworten. Kein Wunder, schließlich hatte Union in der letzten Saison mit Max Kruse, Marvin Friedrich, Taiwo Awoniyi und Grischa Prömel wieder Schlüsselspieler verloren. Jahr für Jahr gelingt es den Berlinern aber, diese Abgänge zu kompensieren. Grundlage dafür liefert nicht zuletzt die Transferpolitik von Manager Oliver Ruhnert, der mit den zur Verfügung stehenden Mitteln einen breit aufgestellten Kader mit einer stets verblüffenden Dichte an Qualität zusammenzustellen weiß.

Auch in dieser Saison ist das Trainerteam mit den Neuzugängen wieder zufrieden. "Die sind alle auf einem guten Weg. Für den einen ist es eine größere Umstellung, für den anderen ein bisschen weniger. Aber alle haben in der Vorbereitung ihre Sache gut gemacht", sagte Co-Trainer Hoffmann. Wie viele der Neuen bereits beim Pflichtspiel-Auftakt im Pokal zum Einsatz kommen werden, ließ Fischers Assistent erst einmal offen. Mit einem Startelf-Einsatz der jüngst verpflichteten Morten Thorsby und Diogo Leite sei aber erst mal nicht zu rechnen. "Es ist noch zu wenig Vorbereitung für die zwei, um seriös von Anfang an in ein Pflichtspiel zu gehen. Es würde uns nicht helfen, wenn sich da ein Spieler gleich verletzt, weil er noch nicht bereit ist", sagte der 50-Jährige.

Zum Angeben

Union Berlin war zu Zeiten der deutschen Teilung zwar nie DDR-Meister, dafür aber einmal Pokalsieger. 1968 triumphierten die Köpenicker im Finale des FDGB-Pokals gegen den damaligen Favoriten und DDR-Meister Carl-Zeiss Jena mit 2:1 – bis heute die wichtigste und größte Trophäe der Vereinsgeschichte.

Chemnitz wurde hingegen einmal DDR-Meister (1967), dafür aber nie FDGB-Pokalsieger. Dreimal stand der Klub, der damals noch FC Karl-Marx-Stadt hieß, im DDR-Pokalfinale, blieb dort aber sieg- und torlos. 1969 und 1983 verlor der FC mit 0:4 gegen Magdeburg, 1989 gab es ein 0:1 gegen den BFC Dynamo.

Im DFB-Pokal gelang dem Chemnitzer FC 1993, was Union in der vergangenen Saison schaffte: der Einzug ins Halbfinale. In diesem scheiterten die Sachsen damals aber an einem weiteren Berliner Überraschungsteam. Mit 1:2 verloren sie gegen die Amateure von Hertha BSC und verpassten das Endspiel knapp.

Der Gegner

Der Chemnitzer FC hat es sportlich seit vielen Jahren nicht leicht. Nach dem zweiten Abstieg aus der 3. Liga im Jahr 2020 gehen die Sachsen nun in ihre dritte viertklassige Saison in Folge. Eigentlich wollten sie im vergangenen Jahr schon wieder um den Aufstieg mitspielen, wurden aber am Ende nur Fünfter.

Doch mit dem Trainerwechsel im März dieses Jahres geht der Trend wieder nach oben. Die Bilanz des neuen Cheftrainers Christian Tiffert, der als Spieler 2003 Vize-Meister mit dem VfB Stuttgart wurde, kann sich sehen lassen: Von 15 Spielen unter seiner Leitung gewann Chemnitz zehn, spielte dreimal unentschieden und verlor nur zwei Partien. Durch den 2:1-Sieg gegen Chemie Leipzig im Finale des Landespokals Sachsen qualifizierte sich der Traditionsklub für den diesjährigen DFB-Pokal. Zum zwölften Mal holte der CFC den sächsischen Pokal in der vergangenen Saison – das ist Rekord.

Vor dem Bundesligisten Union hat Tiffert keine Angst und will den Berlinern das Spiel so schwer wie möglich machen. "Wir wollen nicht vor Ehrfurcht erstarren, das Spiel soll für uns ein Highlight werden. Ich habe keine Lust, dass die Jungs sich verstecken, wenn sie vor ausverkauftem Haus spielen. Natürlich spielen wir gegen einen Erstligisten und sind der krasse Außenseiter. Wir wollen aber schon versuchen, unseren Fußball zu spielen", sagt der 40-Jährige.

Unions Co-Trainer weiß um die Qualitäten des neuen Chemnitzer Erfolgstrainers und mahnt trotz der Favoritenrolle zur Vorsicht. "Die Handschrift von Christian Tiffert ist bereits sichtbar. Das ist eine gute Mannschaft, die auf Ballbesitz spielt, sehr kompakt ist, ein gutes Umschaltspiel hat, aber auch mutig im Herausspielen ist. Das wird keine leichte Aufgabe."

Ein historisches Duell

Das Duell zwischen Union und Chemnitz ist eine Premiere im DFB-Pokal. Allerdings trafen beide Teams einmal im FDGB-Pokal aufeinander. In der letzten Spielzeit des Wettbewerbs besiegten die Berliner den CFC im Viertelfinale 1990/91 mit 1:0. Auch in der DDR-Oberliga und später dann in der Regionalliga gab es Pflichtspiele zwischen beiden Mannschaften. Zuletzt in der Saison 2004/05, als es in Chemnitz einen 1:0-Heimerfolg des CFC und ein 1:1 in Berlin-Köpenick gab.

Abseits des Wettbewerbs trafen beide Teams das letzte Mal im September 2019 im Rahmen eines Testspiels aufeinander, dass Union mit 3:1 für sich entscheiden konnte.

Die erwartete Aufstellung

Zu Beginn der Vorbereitung hat Urs Fischer einen Zweikampf im Tor zwischen Frederik Rönnow und Neuzugang Lennart Grill ausgerufen, sich allerdings festgelegt, dass erstgenannter vorerst die Nummer eins im Tor der Eisernen sein wird. Auch Co-Trainer Hoffmann lobte die Qualitäten des Dänen im Vorfeld der Pokal-Partie noch einmal: "Er hat uns bisher eine gewisse Sicherheit im Spiel gegeben und alles umgesetzt, was wir von ihm verlangen. Er war zum richtigen Zeitpunkt da, wenn er gebraucht wurde. Und davon gehe ich auch in dieser Saison aus."

Personal

Die Mannschaft von Union Berlin bildet vor dem Testpsiel gegen Nottingham Forest einen Kreis (imago images/Matthias Koch)
Matthias Koch

Bei Union fehlen:

Timo Baumgartl (Hodenkrebs)

Fabio Schneider (Innenbandriss am Knie)

In der Fünferabwehrkette sind mit Niko Gießelmann und Kapitän Christopher Trimmel die Außenspieler gesetzt. Neben Dauerbrenner Robin Knoche in der Abwehrzentrale ist Danilho Doekhi heißer Favorit auf die Startelf. Diogo Leite wird für die linke Innenverteidigerposition noch nicht weit genug sein, weswegen der in den Testspielen stark aufspielende Dominique Heintz diese Position einnehmen wird.

Auf der Sechserposition ist Khedira als Ersatzkapitän gesetzt. Auf der Doppelacht sind mehrere Varianten möglich. Haraguchi dürfte für das Pokalspiel die Nase noch vorn haben, neben ihm könnte, wie im Testspiel gegen Nottingham Forest, Jannik Haberer auflaufen. Im Sturm führt an Sheraldo Becker nach einer starken Vorsaison kein Weg vorbei. An seiner Seite wird der Awoniyi-Nachfolger aus Bern, Jordan Siebatcheu, auf Torejagd gehen.

So könnte Union beginnen: Rönnow - Trimmel, Doekhi, Knoche, Heintz, Gießelmann - Khedira, Haraguchi, Haberer - Becker, Siebatcheu

Sendung: rbb24, 30.07.2022, 21.45 Uhr

Beitrag von Lukas Witte

5 Kommentare

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  1. 5.

    FDGB? War das nicht die Ostgewerkschaft? Was hatte die mit Fußball zu tun?

  2. 3.

    Warnung sollte das gestrige Spiel von Jena gegen Wolfsburg sein. Jena hat sehr unglücklich in der Nachspielzeit verloren.
    Und dann noch so ein unsägliches Montagsspiel. Was soll das? Und richtig, Union war 1968 Pokalsieger. Ansonsten gilt es wie immer: Hauptsache weiter - egal wie.

  3. 1.

    Der 1. FC Union Berlin wurde nicht 1986, sondern schon 1968 FDGB-Pokalsieger! Durch den mit dem Prager Frühling verbundenen Boykott des EC durch die Ostblockregierungen wurde der Verein um die Möglichkeit gebracht, erstmals in einem europäischen Wettbewerb zu spielen.

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