Interview | DOSB-Vizepräsident Oliver Stegemann - "Es gehört auch das Quäntchen Glück dazu"

So 24.07.22 | 17:15 Uhr
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Die deutsche Leichtathletin Konstanze Klosterhalfen bei der Weltmeisterschaft in den USA (imago images/Axel Kohr)
Audio: rbb24 Inforadio | 24.07.2022 | Interview mit Oliver Stegemann | Bild: imago images/Axel Kohr

Die Leichtathletik-WM verlief für die deutsche Delegation eher weniger erfolgreich. Im Gegensatz zu den World Games eine Woche zuvor. Für den verantwortlichen DOSB-Vizepräsidenten Oliver Stegemann liegen die Gründe dafür auf der Hand.

rbb|24: Herr Stegemann, Sie sind beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zuständig für die nicht-olympischen Sportarten. Die versammeln sich wie zuletzt bei den World Games, wo die deutsche Delegation den Medaillenspiegel am Ende anführte. Was machen Ihre Sportler besser als etwa die Leichtathleten, die bei der Weltmeisterschaft derzeit eher enttäuschen?

Oliver Stegemann: Ich kann mich da jetzt nicht aufschwingen, irgendwelche Vergleiche zu ziehen. Aber für uns waren die World Games eine Riesen-Chance, um uns nach Corona wieder zu präsentieren. Und man muss auch sagen: Es gehört nicht nur die sportliche Leistung, sondern auch das Quäntchen Glück dazu. Und das hatten wir auch. Da ist ganz, ganz vieles gut gelaufen. Und wenn es gut lief, dann lief es einfach auch sehr gut.

Das gesamtdeutsche Team hat im vergangenen Jahr so schlecht wie noch nie abgeschnitten bei Olympia. Die Leichtathletik-WM war aus deutscher Sicht ein Desaster. Böse Zungen werden jetzt behaupten, es reicht eben nur noch für Nischensportarten wie Kanu-Polo und Tauziehen, die in anderen Ländern wenig bis gar keine Beachtung finden.

Das kann man so oder so sehen, das ist jedem überlassen. Wir hatten 104 Teilnehmer-Länder bei den World Games. Und ich denke, es war immer ein großes Plus des deutschen Sportes, wie breit wir aufgestellt sind. Das hat uns über viele, viele Jahre auch im olympischen Medaillenspiegel geholfen. Es ist für uns etwas Positives, dass man nicht sagt: Einzelne Disziplinen, die etwas bringen, die werden bis zum Anschlag gefördert und alles andere kann weg.

In vielen großen Sportarten wie dem Schwimmen wird über mangelnden Nachwuchs geklagt. Kritiker sagen, der jungen Generation fehle die Leistungsbereitschaft. Quälen für den Erfolg ist mega-out.

Aus meinem Verbandswesen kann ich das nicht bestätigen. [Stegemann ist Präsident des Deutschen Sportakrobatik Bundes; Anm. d. Red.] Wir haben Leute, die für den Sport brennen. Die man nicht motivieren, sondern zum Teil eher bremsen muss. Aber natürlich ist es für den deutschen Sport schwieriger geworden, Talente dauerhaft an sich zu binden. Es wird viel, viel mehr von den jungen Leuten erwartet heute, auch schulisch. Die Verbindung von Schule und Sport klappt aus meiner Sicht noch nicht so, wie sie klappen könnte. Und insgesamt ist die Bewegungsaffinität rückläufig. Von daher wäre es toll, wenn wir eine neue Initiative starten könnten in Deutschland, dass sich die Kinder wieder mehr bewegen. Weil: Das macht Spaß!

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Thomas Kroh für das rbb24 Inforadio. Diese Version ist eine leicht gekürzte und redigierte Fassung des Interviews.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.07.2022, 15:25 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    Abwarten, bis man älter wird und dann ein vertrauliches Gespräch mit einem Orthopäden außerhalb des Leistungssport-Universums führen... Wir Höhlenmenschen sind für lange Wege gemacht, für kurze Flucht vor dem bösen Tier, für wenig essen im Winter, aber nicht dafür, dass das täglicher Dauerzustand ist... Und: wir würden alle gerne älter als 30. Der Höhlenmensch würde das nicht...

  2. 5.

    Erfolglosigkeit mit besserer Moral zu verknüpfen, wirkt auf Erfolgreiche wie schlechte Verlierer die man meidet.

  3. 4.

    Komischerweise müssen die ehemaligen Leistungssportler später auf unsere Kosten frühverrentet werden, weil sie selbst für den Staatsdienst (der sie eh jahrelang als SoldatIn oder PolizistIn durchgefüttert hat ohne jede Gegenleistung) oder Schuldienst wegen körperlichen Gebrechen unbrauchbar sind... Von den psychischen Auswirkungen für die Betroffenen ganz zu schweigen. Hormonpumpen machen aber wenigstens die verhungerten Mädels wieder fruchtbar...

  4. 3.

    Völlig überflüssiger Kommentar. Wenn sie keine Ahnung vom Leistungssport haben, halten sie sich doch bitte einfach aus der Diskussion raus.

  5. 2.

    Solange Smombie-Walking nicht olympisch wird, sehe ich schwarz.

  6. 1.

    Richtig, bewegen macht Spaß, aber der schmale Grat zwischen Spaß und Drill wird alsbald überschritten. Schon das Titelbild zeigt, dass neben den orthopädischen Schindereien mit Spätfolgen das Hungern eine Grundvoraussetzung für den Erfolg zu sein vorgibt. Wer also gesund alt werden will, der bewegt sich. Und zwar nicht im Leistungssport!

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