Fußball-Bundesliga - 1. FC Union schlägt Wolfsburg und erobert die Tabellenführung zurück

So 18.09.22 | 18:18 Uhr
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Union Berlins Jordan feiert sein Tor gegen Wolfsburg mit einem breiten Grinsen. (Quelle: imago/Contrast)
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Video: rbb24 | 18.09.2022 | Christian Dexne | Bild: imago/Contrast

Der 1. FC Union Berlin erobert mit einem 2:0 (0:0)-Heimsieg gegen den VfL Wolfsburg die Tabellenführung der Fußball-Bundesliga zurück. Aus einer starken Mannschaft ragte das Sturmduo Jordan und Becker heraus.

Der 1. FC Union Berlin ist zurück an der Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga. Nachdem die Köpenicker am Samstag von Borussia Dortmund verdrängt worden waren, schoben sie sich am Sonntag durch einen souveränen 2:0 (0:0)-Sieg gegen den VfL Wolfsburg wieder am BVB vorbei. Die Tore gelangen dem Traum-Duo Jordan (54. Minute) und Sheraldo Becker (77.). Letztgenannter hatte schon den Führungstreffer vorbereitet.

Drei Tage nach dem Europa-League-Dämpfer in Braga (0:1) setzte Union-Trainer Urs Fischer auf Rotation. Die laufintensiven Positionen auf den Außenbahnen übernahmen Mannschaftskapitän Christopher Trimmel und Niko Gießelmann, sie verdrängten Julian Ryerson und Tymoteusz Puchacz. Zudem erlebten die 22.012 Zuschauer im ausverkauften Stadion an der Alten Försterei ein besonderes Comeback. Erstmals nach seiner Hodenkrebs-Diagnose und fünf Monaten Zwangspause kam Verteidiger Timo Baumgartl wieder in einem Pflichtspiel zum Einsatz. Der 26-Jährige erhielt den Vorzug vor Paul Jaeckel. "Es ist einfach an der Zeit, ihn reinzuwerfen", sagte Coach Fischer: "Es gilt auch, ein bisschen zu schauen, wie weit er ist."

Casteels verhindert Führung nach 42 Sekunden

Die jüngste Europacup-Enttäuschung schien Union schnellstmöglich abschütteln zu wollen. Nach nur 42 Sekunden die erste Chance: Flanke Trimmel, Direktabnahme Janik Haberer aus 13 Metern – einzig Wolfsburgs Keeper Koen Casteels stand einer Blitz-Führung im Weg. Die Berliner legten energisch nach, setzten sofort den Ton. Nach einem kurz ausgeführten Freistoß zog der einlaufende Sheraldo Becker aus rund 16 Metern ab, setzte das Spielgerät allerdings über das Tor (4. Minute).

An zwingenden Torraumszenen war es das zwar zunächst, trotzdem hatte Union das Geschehen im Griff. Aufmerksam und bissig, kompakt und taktisch diszipliniert – die Köpenicker bewiesen erneut, weshalb sie derzeit die beste Defensive der Liga stellen.

Und Wolfsburg? Fiel ohne den von Trainer Niko Kovac ausgebooteten Ex-Unioner Max Kruse zu wenig ein. Ein Durchkommen fand der VfL weder mit kurzen noch mit langen Bällen – auch, weil Union die Gäste permanent unter Druck setzte. Wenn sich das Spiel überhaupt mal in den Berliner Sechzehner verlagerte, dann nach ruhenden Bällen. Ernsthaft gefordert wurde Union-Keeper Frederik Rönnow dabei nicht.

Kurios: Nach gut einer halben Stunde hätte der VfL die Partie beinahe ad absurdum geführt. Nach cleverer Hacken-Ablage von Mattias Svanberg kam Josip Brekalo in der linken Strafraumhälfte zum Abschluss, drosch den Ball nur knapp am langen Pfosten vorbei (32.).

Union wurde vor der Pause nur noch einmal offensiv auffällig. Nach einer Becker-Flanke kam Baumgartl im Zentrum per Kopf zum Abschluss, bekam jedoch keinen Druck hinter den Ball (33.). Der Rest blieb intensiver Zweikampf-Fußball im Mittelfeld. Torlos ging es in die Kabine.

Erfolgskombination: Becker auf Jordan

So zäh der erste Durchgang endete, so schwungvoll begann Hälfte zwei – vor allem dank Union. Erst schoss Jordan nach Schäfer-Ablage knapp am rechten Pfosten vorbei (47.), dann nach Querpass von Becker über die Querlatte (49.).

Ein guter Distanzschuss von Wolfsburgs Maximilian Arnold (51.) verkam kurz darauf zur Fußnote, denn im dritten Anlauf schlug Jordan zu. Becker war zuvor auf dem linken Flügel schneller als Bewacher Maxence Lacroix und hatte eine passgenaue Hereingabe auf seinen Angreiferkollegen geschlagen. Der Mittelstürmer verwandelte am Fünfmeterraum sehenswert per Flugkopfball, drückte den Ball ins lange Eck – 1:0 (54.). Für Becker war es bereits die vierte Torvorlage im siebten Liga-Spiel, für Jordan das dritte Saisontor. Bemerkenswert: Schon zum dritten Mal erzielte er damit das wichtige 1:0, jedes Mal nach Vorarbeit seines kongenialen Kollegen Becker.

VfL-Coach Kovac reagierte, der gebürtige Berliner brachte nach einer Stunde Felix Nmecha (für Luca Waldschmidt) und Omar Marmoush (für Svanberg). Auch Fischer setzte auf frische Kräfte. Jaeckel löste Rückkehrer Baumgartl ab, der einen ordentlichen Eindruck hinterließ; Morton Thorsby kam für Haberer. Am Kräfteverhältnis änderte das nichts. Die durchaus bemühten Wolfsburger rannten genauso zuverlässig an, wie sie am Berliner Abwehr-Verbund abprallten. Das insgesamt wachere Team blieb Union.

Die logische Folge war das verdiente zweite Tor. Der gerade erst eingewechselte Paul Seguin (76. für Andreas Schäfer) schickte aus dem Mittelfeld den pfeilschnellen Becker, der den Ball aus vollem Lauf elegant mit der Brust annahm und anschließend kühl zum 2:0 einschob (77.). Ein kunstvoller Treffer, der vom VAR und Schiedsrichter Robert Schröder zwar noch wegen des Verdachts auf Handspiel kontrolliert wurde, schlussendlich aber gegeben wurde.

Spitzenreiter bis Oktober

Echter Widerstand kam von den Wolfsburgern nicht mehr. Union brachte die Partie souverän über die Bühne und wird in der nun anstehenden Länderspielpause gern auf die Tabelle schauen. Klar ist: Bis zum Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt am 1. Oktober (15:30 Uhr) bleibt das Fischer-Team Spitzenreiter.

Die Kurzanalyse: Brutale Qualität

Für Urs Fischer war der Fall klar. Nein, seine Mannschaft habe beim ernüchternden 0:1 in Braga kein schlechtes Spiel gemacht, aber ja, etwas Entscheidendes habe am vergangenen Donnerstag nun mal gefehlt. "Auf den letzten 30 Metern musst du konsequenter sein", hatte Unions Chefcoach bemängelt.

Drei Tage später bewiesen seine Spieler, dass sie sich die Kritik zu Herzen genommen haben. Zwar benötigten die Köpenicker beim 2:0 (0:0) gegen den VfL Wolfsburg fast eine Stunde zur Führung, doch letztlich zeigten sie am Sonntag das, was in Braga noch gefehlt hatte: Zielstrebigkeit, Konsequenz und Durchschlagskraft.

Die Erfolgsgaranten hießen dabei Jordan (Führungstor) und Sheraldo Becker (eine Vorlage, ein Treffer) – ein Angriffspaar, das inzwischen derart gut harmoniert, dass es fast unheimlich ist. Durch die Kombination aus einstudierten Laufwegen, handlungsschnellen Kombinationen, starker Physis und großem Selbstvertrauen sind Becker/Jordan aktuell kaum zu stoppen.

In der Statistik der torgefährlichsten Duos der Fußball-Bundesliga stehen die beiden mittlerweile dort, wo auch Union aktuell thront: an der Spitze. Becker (sechs Tore, vier Vorlagen) und Jordan (drei Treffer, zwei Assists) sind das Maß der Dinge – vor solch namhaften Akteuren wie Sadio Mané und Jamal Musiala (FC Bayern). Rückkehrer Timo Baumgartl brachte es am Sonntag auf den Punkt: "Wir haben vorne brutale Qualität mit den beiden."

Sicher, die Basis des Köpenicker Erfolgs liegt immer noch in der beeindruckenden Verteidigungsarbeit und der mannschaftlichen Geschlossenheit. Das Thema Toreschießen ist inzwischen aber ebenfalls in besten Händen: bei Sheraldo Becker und Jordan.

Das Spiel im Liveticker

Sendung: rbb24, 18.09.2022, 21:45 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Die Eisernen machen mich sprachlos, es ist einfach fantastisch!!!! Weiter so!

  2. 16.

    Gratulation Unioner, ihr seid Klasse! Urs Fischer ein super Trainer führt eine tolle Mannschaft. Das passt. Weiter so. U.N.V.E.U.

  3. 15.

    "Ossi-Kultclub"???
    Selbst als Alt-Wessi ist mir nicht entgangen, dass seit über 30 Jahren so eine Titulierung wohl nicht mehr in die Zeit passt.
    U.N.V.E.U.

  4. 14.

    In den letzten Jahren reichten 28 Punkte zum Klassenerhalt. Es fehlen also nur noch 11 Punkte.
    GLÜCKWUNSCH

  5. 13.

    Nur fünf Punkte Abstand auf die Oktoberfesttruppe, 23 Punkte bis zum Klassenerhalt. Mir wird Angst und Bange. Wenn das weiter so geht, darf Union gerne alle Europacupspiele verlieren. U.N.V.E.U.

  6. 12.

    Ein sehr großes Dankeschön an die Mannschaft und dem Trainerteam. Für mich wieder ein wundervoll gelungener Abschluss des Wochenendes.

    U.N.V.E.U. Matze

  7. 11.

    wer sich da so drüber ärgern könnte? Bitteschön Hertha, wir halten Euch Wolfsburg vom Hals. Wir sorgen schon dafür, das Ihr nicht absteigt.

  8. 10.

    Glückwunsch aus der Mitte der Lausitz. Drei weitere Punkte für das große und wichtigste Ziel erneuter Klassenerhalt.

  9. 9.

    Nehmt Euch ein Beispiel am Trainer und bleibt auf dem Teppich. Denkt an Europa = 2 Niederlagen, so schnell kann es gehen Immerhin sind noch 27 Spiele, dann wird erst abgerechnet. Bis dahin gibt es hoffentlich noch oft Grund zur Freude! Da sind noch einige dicke Brocken, die Union in die Suppe spucken können.

  10. 8.

    Wahnsinn!
    Gratulation aus dem P-Berg!

  11. 7.

    GRATULATION UNION !!!
    verrückt, dieser kleine Ossi-Kult- Club legt so eine Entwicklung hin, frag mich dabei grad, wer sich da so drüber ärgern könnte, fällt mir ein: ein Herr M.K. ist bestimmt dabei :-)
    also: fleißig weiter soooo, gefällt!!!!
    U.N.V.E.U.

  12. 6.

    Bravo zum Sieg und der Tabellenführung.
    Weiter so und die Meisterschaft rückt immer mehr in den Vordergrund.

  13. 5.

    5 Punkte vor Bayern und 11 vor Hertha, Unionerherz,was willst du mehr. Mit 14 Spielen ohne Niederlage haben wir durchaus schon bewiesen, das wir in der Lage sind, das Eroberte zu verteidigen.
    Glückwunsch Baumi. Hast uns gefehlt.
    EISERN

  14. 4.

    Nur noch 27 Siege.

  15. 3.

    Ich hab auch den Eindruck das wird nie aufhören und insbesondere durch Journalisten weiter betont und somit getrieben.
    Inzwischen dürfte Köpenick im deutschen Fussball so bekannt wie Schalke oder St. Pauli sein.

  16. 2.

    Stehende Ovationen für Baumi.
    Da habe sogar ich ne Träne verdrückt.

  17. 1.

    Im Ticker:
    36. Minute
    Die Ostberliner pressen hoch, verdichten gleichzeitig aber das Zentrum und stellen die Anspielstationen gut zu.

    Gruß nach Ostberlin aus dem Westberlin....
    Ohne Worte!

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