Analyse zur Europa-League-Partie gegen Braga - Geduld, Cleverness und Knoche sichern Union ein Endspiel bei Saint-Gilles

Fr 28.10.22 | 08:59 Uhr | Von Till Oppermann
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Robin Knoche jubelt über den Siegtreffer gegen Braga. Quelle: imago images/Nordphoto
Audio: rbb24 Inforadio | 28.10.2022 | Jakob Rüger | Bild: imago images/Nordphoto

Nach einem knappen Sieg gegen den direkten Konkurrenten Braga darf der 1. FC Union Berlin auf die Zwischenrunde der Europa League hoffen. Die Köpenicker zeigten Schwächen, konnten sich aber auf ihre Effizienz verlassen. Von Till Oppermann

Vielleicht stehen die Spieler von Sporting Braga auf britische Punkmusik. Zumindest spielte Unions Stadion-DJ Donnerstag beim Europa-League-Spiel gegen Braga am Ende der Halbzeitpause die Londoner Band The Clash. Währenddessen tauchten die Portugiesen erst mit zweieinhalb Minuten Verspätung aus dem Spielertunnel auf dem Spielfeld auf, als hätten sie zuerst das Lied zu Ende hören wollen. Wahrscheinlich handelten die Gäste aber eher aus psychologischem Kalkül als aus ihrer Liebe zur Musik. Noch hatten sie Zeit.

Braga zeigt, wie man gegen Union spielt

Nach einer torlosen ersten Hälfte brauchten die Eisernen dringend ein Tor, um Braga zu überholen und den Sprung in die Zwischenrunde der Europa League in der eigenen Hand zu haben. Anders als viele Konkurrenten in der Fußball-Bundesliga hatte Braga keine Probleme mit Unions Körperlichkeit. Im Gegenteil: Die Portugiesen nahmen die Zweikämpfe an und zeigten, wie man dem 1. FC Union das Leben schwer macht. Schon vor der Partie hatte Trainer Urs Fischer betont, wie gefährlich die Portugiesen im Umschaltspiel sind. Nach Wiederanpfiff wurde er von Minute zu Minute unruhiger.

Der sonst so besonnene Schweizer sprang immer wieder auf und gestikulierte. Auf dem Feld schienen Fischers Unioner die Geduld zu verlieren. Immer häufiger landeten ihre Flanken beim Gegner. Im Gegenzug knackte Braga mit langen Diagonalbällen hinter die aufgerückten Flügelverteidiger die Defensive. Einzig die Genauigkeit fehlte, als Sporting rund um die 60. Minute immer wieder im Berliner Strafraum auftauchte.

Knoche erlöst die Alte Försterei

Unions erlösendes Führungstor fiel vom Himmel. Genauer gesagt segelte mitten in Bragas bester Phase eine Flanke in den Strafraum der Gäste, die Rechtsverteidiger Fabiano vom Oberarm an seinen Bauch und wieder an den Unterarm prallte.

Der Video-Schiedsrichter schaltete sich ein, die Unioner sangen während der Überprüfung: "Ihr macht unseren Sport kaputt". Der englische Schiedsrichter hörte nicht zu und entschied auf Elfmeter. Wie bereits gegen Malmö verwandelte Innenverteidiger Robin Knoche zum 1:0. Die Anspannung an der Alten Försterei entlud sich in lautem Jubel.

Der Torschütze blieb nüchtern. Besonders in einem Spiel, in dem sich beide Teams neutralisieren, nehme er so einen Elfmeter gerne mit, sagte Knoche. Trainer Fischer sah sein Team belohnt: "Zwar fällt das 1:0 dann mit etwas Glück, aber dann haben sie es clever nach Hause gespielt." Besonders aufgrund der ersten Hälfte hätte sich seine Mannschaft den Sieg verdient. Trotzdem zeigten sich vor dem Tor einige Defizite, die Fischers Elf verfolgen.

Altbekannte Probleme

Mutig, aber nicht dumm solle seine Mannschaft spielen, hatte Fischer gefordert. Übersetzt bedeutet das: kontrollierte Offensive mit sicherer Defensive. Aber genau diese Balance schien Union in den Minuten nach der Pause abhanden zu kommen. Erneut offenbarten sich Probleme im eigenen Ballbesitz, die sich wie ein roter Faden durch die Entwicklung der Mannschaft ziehen.

Die Stürmer Sheraldo Becker und Jordan Siebatcheu rieben sich in Zweikämpfen auf und bekamen keine Pässe in den Fuß. Weil Braga keinen Raum für Tiefenläufe anbot, war das Spiel über die Flügel mit Flanken Unions durchschaubares Mittel der Wahl. Insgesamt waren es 26.

Zwar führte eine von ihnen zum Elfmeter, aber es bleibt dabei: Mit dem Ball muss Union mehr Lösungen finden, um die Entwicklung zur Spitzenmannschaft fortzusetzen.

Dabei hatte das Spiel so gut begonnen. Mit zwei großen Chancen in der Anfangsphase ging Union zwar nicht in Führung, aber die Eisernen kontrollieren das Spiel. Die Abwehr erlaubte bis zur Pause nur einen harmlosen Fernschuss.

In Führung unschlagbar

Erst mit der Führung im Rücken erlangten die Unioner diese Stabilität zurück. Es bleibt dabei: Gelingt es Union, das erste Tor zu schießen, ist es fast unmöglich, die Mannschaft noch zu schlagen.

Braga gelangen im ganzen Spiel trotz 59 Prozent Ballbesitz nur fünf Schüsse in die Richtung von Frederik Rönnow. Nach fünf Gruppenspielen stehen die Eisernen bei neun Punkten. Dafür reicht ihnen ein Torverhältnis von 3:2 - in jedem der Spiele, ob Sieg oder Niederlage, fiel nur ein Treffer.

Effizienter ist keine Mannschaft in der Europa League. Wenn dieser Minimalismus tatsächlich sicher für die Zwischenrunde reichen soll, müssen die Köpenicker nächste Woche in Belgien gewinnen.

Der unangefochtene Spitzenreiter Union St. Gilloise steht als Gruppensieger bereits sicher im Achtelfinale der Europa League. Robin Knoche kündigte an: "Jetzt haben wir noch ein Endspiel und auch da werden wir versuchen, unsere Leistung konzentriert auf den Platz zu bringen."

Mit den Belgiern hat Union noch eine Rechnung offen. Das Hinspiel endete mit 1:0 für die Mannschaft aus Brüssel.

Sendung: rbb24, 27.10.22, 21:45 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

13 Kommentare

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  1. 13.

    Das hat nichts mit "Stutenbissigkeit" zu tun, da ich Eusebio nicht als Konkurrent ansehe, der mir irgendwas streitig machen könnte. Es ist einfach nur albern, wenn Herthaner immer wieder von "penlich" schreiben - egal, ob der FCU gewinnt, Unentschieden spielt oder verliert. Zumal sie diese Meinung exklusiv haben, den Unionern ist selbst die Niederlage gegen Bochum letztens keineswegs peinlich - und schon gar kein Sieg gegen einen international erfahrenen Gegner wie Braga (UEFA-Klubkoeffizient: 36 / FCU: 97).

    https://de.uefa.com/nationalassociations/uefarankings/club/#/yr/2023

  2. 12.

    Union hat gewonnen. Ob dreckig oder nicht danach fragt hinterher keiner. Ich glaube sie brauchen dringend eine Pause. War ein bissel viel. Ist auch ganz normal. Sie müssen da rein wachsen. Werden sie auch.

  3. 10.

    Zitat: " . . . dieser Sieg ist peinlich."

    Immer wieder belustigend zu lesen, wenn Herthaner FCU Siege, Unentschieden oder Niederlagen, wie jüngst gegen Bochum, als peinlich bezeichnen.

    HInterlassen Sie doch lieber hier mal was, Eusebio: https://www.rbb24.de/sport/beitrag/2022/10/fussball-bundesliga-werder-bremen-hertha-bsc-ticker-spielbericht.html

  4. 8.

    Union steht nach Eintracht Frankfurt aktuell auf Platz 2 der Fairnesstabelle.
    Aber zur Sicherheit erst mal "einen raushauen", auch wenn man null Ahnung hat ...Irgendwas bleibt schön irgendwie haften...

  5. 7.

    Lustig, dass niemand die Situation aus dem Spiel heraus sah und es auch m.E. keine Reklamationen gab, aber, nach Ansicht der Bilder sind zwei Dinge klar:
    1. Die Hand "führte" den Ball, damit ist es definitiv ein Handelfmeter.
    2. Bei Hertha gegen Frankfurt (glaub ich) gab es eine ähnliche Situation, wo nicht auf Elfer für Hertha entschieden wurde, was im Nachhinein auch als klare Fehlentscheidung durch Experten kommuniziert wurde.
    Ich bin inzwischen etwas zwiespältig dem VAR gegenüber eingestellt. Ursprünglich ein Gegner muss man aber eingestehen, dass dieser Sport immer schneller wird und gewisse Dinge mit dem bloßen Auge in Echtzeit nicht mehr wahrnehmbar sind.

  6. 6.

    Da gebe ich ihnen ja prinzipiell Recht, trotzdem werden sie mir doch zustimmen, dass dieses Spiel zum abgewöhnen war. Und leider spielt Union des öfteren so " dreckig"
    Und der Elfmeter war ein Witz, ich hoffe auch da stimmen sie mir zu.

  7. 5.

    Ein dreckiges 1:0 ist besser als ein schön gespielte 0:1. Fragt im nachhinein keiner nach. Und fürs schön spielen gibts keine Punkte.

  8. 4.

    Die Hand ging klar zum Ball. Sie sollten sich eine andere Sportart aussuchen.

  9. 3.

    Auch wenn ich mir die rot/weiße Brille aufsetzen würde,dieser Sieg ist peinlich. Ein Elfmetergeschenk des Schiedsrichters....
    Ein ganz schwaches Union gegen ein schwaches Braga.....Fußball zum abgewöhnen.

  10. 2.

    Herzlichen Glückwunsch.
    Union isst nunmal die beste Mannschaft in und um Berlin.
    Weit vor Rostock, Cottbus dem BFC und anderer Berliner Mannschaften in der 3. und Regionalligen.

  11. 1.

    Union spielt am Limit, so einfach ist das. Die aktuellen Ergebnisse sind einfach unglaublich. Schaut euch die Ergebnisse von Benfica und Sporting Lissabon an. Braga hat ungefähr das gleiche Niveau. Und Union könnte jetzt mal eine Pause gebrauchen. Die unsägliche WM passt da ganz gut rein. U.N.V.E.U.

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