Herthas Aufgabe für die Wintertransferphase - Aus wenig mach viel

Mo 26.12.22 | 11:44 Uhr | Von Marc Schwitzky
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Hertha-Geschäftsführer Fredi Bobic (Quelle: IMAGO/Contrast)
Bild: IMAGO/Contrast

Hertha BSC überwintert nur auf Rang 15. Um im neuen Jahr mehr Abstand zu den Abstiegsrängen zu gewinnen, könnte auch die Transferperiode genutzt werden. Wo muss Fredi Bobic handeln und welche Spieler hat er auf dem Zettel? Von Marc Schwitzky

Knapp die erste Saisonhälfte mit Sandro Schwarz im Traineramt ist vorbei. Das Fazit für Hertha BSC fällt durchmischt aus. Einer klar ersichtlichen spielerischen wie auch menschlichen Entwicklung der Mannschaft stehen nur 14 Punkte aus den ersten 15 Partien gegenüber. Damit sich die guten Leistungen besser in der Punkteausbeute widerspiegeln, könnten auch Transfers in der kommenden Wintertransferperiode ein Mittel sein.

rbb|24 checkt, wo sich der Hauptstadtklub womöglich verstärken könnte und ob es bereits konkrete Gerüchte gibt.

Wo lagen Herthas Probleme in den ersten 15 Saisonspielen?

Um den Bereich für mögliche Verstärkungen einzugrenzen, muss zunächst festgehalten werden, in welchen Disziplinen Hertha bislang eklatante Defizite aufweist. Hierfür sind besonders die für die eigene Spielidee wichtigen Attribute entscheidend: Trainer Schwarz hat bei den Blau-Weißen ein System implementiert, das sich vor allem über (frühe) Balleroberungen und anschließende Umschaltmomente definiert. Einige Automatismen greifen dabei bereits auffällig gut. So ist Hertha beispielsweise das zweitbeste Team der Liga im Abfangen von Bällen.

Die großen Defizite im eigenen Spiel zeigen sich vor allem in der mangelhaften Präzision. Schwarz hat es seiner Mannschaft schulbuchmäßig beigebracht, den gegnerischen Ballbesitz in die eigens gewünschten Zonen zu bringen, um dann den Ball zu gewinnen. Auch wissen die Spieler nun, wo der Ball beim Kontern hingespielt werden soll - die Abläufe sitzen.

Allerdings fehlt es an Passsicherheit und Effizienz, um den eigenen Aufwand zu belohnen. Hertha steht bezüglich der erfolgreichen Kurzpässe auf Rang 15 der Bundesliga, bei langen Bällen auf Platz 14. Das Team spielt nach Augsburg und Schalke die drittwenigsten Schlüsselpässe (Pässe, die zu einem Abschluss führen) der Liga. In vielen Partien bringen sich die Blau-Weißen in aussichtsreiche Angriffssituation, nur um dann die entscheidenden Pässe zu vermasseln. Die Folge: Mittelstürmer Wilfried Kanga erhält zu wenig Vorlagen und es kommt zu oft auf Einzelaktionen von beispielsweise Dodi Lukebakio an.

Hertha fehlt ein passstarker Ankersechser

Neben dem fehlerbehafteten Passspiel der Hauptstädter fällt auf, dass Hertha ligaweit die viertmeisten Ballverluste nach einem technischen Fehler bei der Ballverarbeitung verbucht. Unpräzise Zuspiele und zu viele unnötige Ballverluste sind somit die Hauptprobleme im Berliner Spiel. Ivan Sunjic, vor der Saison aus Birmingham ausgeliehen, spielt als Mann hinter Suat Serdar und Lucas Tousart zwar keine schlechte Saison, allerdings sind seine Defizite im Ballbesitzspiel offensichtlich.

In vielen Partien ist spürbar, dass Hertha ein ballsicherer und passstarker Spielmacher im zentralen Mittelfeld fehlt, der dem Spiel Balance und Struktur geben kann. Es bräuchte einen sogenannten "Ankersechser" bei Hertha. Jemand, der seine Position im defensiven Mittelfeld diszipliniert hält, über eine gute Übersicht verfügt und sich vor allem um ein progressives Passspiel bemüht. Mit Jean-Philippe Gbamin bei Mainz 05 und Nikola Moro bei Dinamo Moskau hatte Schwarz genau jene Ankersechser bei seinen vorherigen Stationen.

Hertha fehlt es an Kaderbreite

Ein weiteres Problem der "alten Dame" ist die an manchen Stellen fehlende Kaderbreite. Beispielsweise besteht eine große Abhängigkeit Herthas von Serdar. Der Lieblingsschüler von Trainer Schwarz ist der einzige "Balltreiber" im Herthaner Kader, der mit solch einer Ballsicherheit, Torgefahr und Tiefe im eigenen Spiel gesegnet ist. Mit Vladimir Darida ist nun der Serdar-Backup verkauft worden.

Hier müssen die Verantwortlichen also dringend tätig werden. Mit Aissa Laidouni (26, Ferencvaros Budapest) wurde vor kurzem der passende Spielertyp mit Hertha in Verbindung gebracht. Mit seinem 2023 auslaufenden Vertrag wäre der Tunesier genau jemand für Bobic’ Beuteschema, doch mit seinen starken Leistungen bei der vergangenen Weltmeisterschaft hat Laidouni vermutlich auch weitere Interessenten auf den Plan gerufen.

Kanga könnte Konkurrenzkampf guttun

Auch im Mittelsturm ist Hertha etwas dünn besetzt. Zwar betonen sowohl Schwarz als auch Bobic, wie zufrieden sie mit Neuzugang Kanga trotz seiner bisher nur zwei geschossenen Tore sind. Dennoch könnte dem Ivorer ein echter Konkurrenzkampf guttun. Davie Selke könnte den Verein noch im Winter verlassen, mit dem verletzungsanfälligen Jessic Ngankam ist nur schwer zu planen.

Florian Niederlechner soll laut Medienberichten ein konkretes Thema bei Hertha sein, doch wohl erst für den kommenden Sommer. Hier müssen die Verantwortlichen also kalkulieren, ob das Risiko, "nur" mit Kanga und Perspektivspielern wie Ngankam und Derry Scherhant in die Rückrunde zu gehen, womöglich zu groß ist und gegebenenfalls auf dem Transfermarkt reagieren.

Wenig Geld: Hertha muss taktieren

Grundsätzlich gilt, dass Hertha im Transferwinter sehr genau mit seinem Geld haushalten muss. Zwar muss alles ausgelotet werden, um das oberste Ziel - den Klassenerhalt - wahrscheinlicher zu machen, doch aufgrund der wirtschaftlich extrem angespannten Situation hat Manager Bobic nur wenig Möglichkeiten.

Die Transferaktivitäten des vergangenen Winters geben einen Geschmack davon, in welchem Regal sich Hertha bedienen kann: Spieler, deren Verträge im Sommer auslaufen oder die keine Rolle mehr bei ihren Vereinen spielen und die daher billig zu haben sind. Oder aber Perspektivtransfers, die keine Soforthilfe sind. Es wird also nur um punktuelle Verstärkungen gehen. Eben auch, weil bereits der bestehende Kader noch ungenutzte Potenziale aufweist und es auf keiner Position eklatante Fehlbesetzungen gibt.

Verstärkung aus den eigenen Reihen?

So sind auch "interne Neuzugänge" ein Thema. Die Eigengewächse Lukas Ullrich und Julian Eitschberger müssen eine Perspektive für die kommende Saison geboten bekommen, Ensar Aksakal hat gerade einen Profi-Vertrag unterschrieben und Nader El-Jindaoui hat nun mehrmals bei Schwarz vorspielen dürfen. Womöglich verstärkt sich Hertha also auch aus den eigenen Reihen.

Schließlich könnten Spieler wie Deyovaisyo Zeefuik, Peter Pekarik, Maximilian Mittelstädt, Myziane Maolida oder ein Selke den Verein im Winter verlassen, um Ablösen zu generieren und Gehaltskosten zu senken. Darida und Dong-jun Lee haben bereits den Anfang gemacht. Der Ausbildungsverein Hertha BSC wird diese Kaderlücken auch mit eigenen Talenten füllen wollen - und müssen.

Beitrag von Marc Schwitzky

10 Kommentare

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  1. 10.

    Irgendwie scheinst du ein komplettes Jahrzehnt verschlafen zu haben. Wer sorgt denn nicht nur in der Bundesliga, sondern seit 2 Jahren auf internationaler Bühne für Furore? Welches Team ist Dauergewinner, wenn die beste Berliner Mannschaft zur Wahl steht? Union hat Hertha als Hauptstadtclub längst den Rang abgelaufen. Ich als „Altunioner“ kann mich noch an Zeiten erinnern, wo die Freundschaft zwischen Hertha und Union als Fangesänge durch die Stadien hallte. Deshalb ärgert es mich umso mehr, solch einen unqualifizierten Unsinn lesen zu müssen.

  2. 9.

    Hertha weiterhin Ausbildungsverein zu nennen ist Augenwischerei! Passable Talente muss man aufgrund unzureichender Jugendvertragsklauseln ziehen lassen, noch bevor sie Profis sind und dem Verein was geben konnten (Luca Netz etc., und die die dann im Profikader landen, bekommen entweder keine echte Chance (Sherhandt, Ngankam) oder haben lediglich durchschnittliches 2.Liga-Niveau (Mittelstädt, Eitschberger) und bringen den Verein deshalb nicht weiter. Zudem werden vielversprechende Jugendspieler vergrault, wenn man sieht, wie Torunaringa und Arne Meyer dann unter Wert weitergereicht werden, ohne dass mal ein Trainer kontinuierlich auf sie gesetzt hat. Es fehlt an Mut auf dieses Jugend zu setzen (so wie in Freiburg uNd Stuttgart). Stattdessen werden Legionäre ohne Ende geholt, mit denen sich der gemeine Hertha-Fan nur schwer indentifizieren kann. Auch mangels Leistung und Qualität! Sunjic, Uremovic, Lee, etc. Hohoho HaHoHe

  3. 8.

    Sollte Marc Schwitzky den 1. Union Berlin auch als "Haupstadtclub" bezeichnen, dann scheint seine blau/weiße Brille verrutscht und der blau/weiße Schal ihm die Sinne geraubt haben.
    Aber, Gott sei Dank, bleibt noch der 1.FC Union Berlin nur eine regional Größe, der in der Bundesligatabelle auf einen weit komfortablen 5.Platz steht und eben nicht in der Abstiegszone wie der "Hauptstadtclub" Hertha BSC.
    Wie ich eine solche undifferenzierte Jubelpresse verachte.
    Nebenbei: bisher hat der BCC aus viel wenig gemacht, warum also sollte aus "wenig viel machen" klappen?

  4. 7.

    Sollte Marc Schwitzky den 1. Union Berlin auch als "Haupstadtclub" bezeichnen, dann scheint seine blau/weiße Brille verrutscht und der blau/weiße Schal ihm die Sinne geraubt haben.
    Aber, Gott sei Dank, bleibt noch der 1.FC Union Berlin nur eine regional Größe, der in der Bundesligatabelle auf einen weit komfortablen 5.Platz steht und eben nicht in der Abstiegszone wie der "Hauptstadtclub" Hertha BSC.
    Wie ich eine solche undifferenzierte Jubelpresse verachte.
    Nebenbei: bisher hat der BCC aus viel wenig gemacht, warum also sollte aus "wenig viel machen" klappen?

  5. 6.

    "Die Bundesliga ist längst kein Maßstab mehr!" Und deshalb ist Eintracht Frankfurt in diesem Jahr Europa League Sieger geworden!

  6. 5.

    Den BCC als alleinigen „Hauptstadtverein“zu postulieren, zeigt mir doch, als welchem Holz der Schriftsteller geschnitzt ist, was ein Weiterlesen dieser abnormen Huldigung unnötig macht.
    Soviel Fach- und Sachverstand ist kaum zu ertragen.

  7. 4.

    Ich will ja kein Geheimnis verraten, aber der FCU spielt nahezu eben diesen Fussball, den Sie beschrieben haben und der ihn in den letzten Jahren so erfolgreich gemacht hat - also starke Defensive, schnelles Umschalten und Effektivität vorm Tor. Soo sehr viel anders spielt bsw. die Équipe Tricolore auch nicht, nur halt auf einem anderen Niveau, ne. ;) Aber das nur mal nebenbei.

    Was nun Hertha betrifft, sollte man sich vorrangig auf eine geschlossene Mannschaftsleitung mit vlt. ein zwei sog. Unterschiedsspielern konzentrieren - wenn man solche denn für das zur Verfügung stehende Budget und vor allem durch gutes Scouting zu verpflichten in der Lage ist.

  8. 3.

    Wie will Hertha aus wenig viel machen, wenn dieser Verein aus viel
    schon nichts gebacken bekommt ??

  9. 2.

    Hertha schafft es noch nicht einmal aus viel viel zu machen, wie bitte soll dann aus wenig viel werden !?

    Ich jedenfalls freue mich sehr darauf, wenn der BCC am Ende der Saison ENDLICH verdient absteigt !!! :o)))

  10. 1.

    ... ach der Schwitzky. Also wenn es nach ihm geht, braucht Hertha also ausgewachsene Weltklassespieler. Grandios in der Balleroberung und bärenstark im Passspiel. Gibt es sicherlich ab 60 Mio aufwärts. Na dann mal los. Wie wir allerdings bei der WM gesehen haben, ist "hohe Balleroberung", "pressen bis der Arzt kommt" längst die Taktik von gestern. Eine gesunde Defensive, gepaart mit solidem Passspiel hat gereicht, um Spanien und Deutschland in die Zweitklassigkeit zu befördern. Der Trend wird weitergehen. Jeder Pass in die Tiefe wurde zu einer veritablen Torchance. Auch gegen Kimmich und Co.. Hört auf mit dieser Sinnlostaktik und schaut wie tatsächlich Fussball gespielt wird. Die Bundesliga ist schon längst kein Maßstab mehr.

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