Viktoria-Legende Luise Pfannenschmidt wird 100 - Unendlich viele 14 Tage

So 12.03.23 | 11:57 Uhr | Von Ilja Behnisch
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Luise Pfannenschmidt, ehemalige Präsidentin von Viktoria Berlin (Quelle: rbb)
Video: rbb24 | 12.03.2023 | Dietmar Teige | Bild: rbb

Durch ihren Mann kam Luise Pfannenschmidt einst zum Fußball und zu Viktoria Berlin. Eine Liebe, die sie bis heute pflegt und die ihr jede Menge zu verdanken hat. Selbst vor Gericht. Von Ilja Behnisch

Wer Luise Pfannenschmidt so sieht und erlebt, sechs Tage vor ihrem 100. Geburtstag, glaubt ihr sofort, wenn sie sagt: "Es gab bei mir nie Streit und nie ein böses Wort." Dann lächelt sie, die alle immer nur "Lu" nannten, die 20 Jahre lang Geschäftsführerin und zehn Jahre Präsidentin des Berliner Traditionsvereins Viktoria war. Der Klub und damit der Fußball wurden zu ihrem Lebensglück. Auch wenn dafür ein wenig nachgeholfen werden musste.

Es war ihr Mann, Carl-Heinz Pfannenschmidt, der sie in dieses Glück drängte. Ein "Fußball-Bekloppter", wie Luise Pfannenschmidt sagt, "schon in der Jugendzeit. Ich musste sonntags mit auf den Platz, was blieb mir anderes übrig?" Später kam sie mit zu den Vorstandssitzungen von Viktoria, dem zweifachen deutschen Meister (1908 und 1911), an dessen Neugründung nach dem Krieg Gatte Carl-Heinz ("Er hatte einen Gründer-Tick …") maßgeblich beteiligt war und dessen Präsident er in der Folge wurde. So wurde Lu zunächst Protokollantin der Vorstandssitzungen ("Eh du hier rumsitzt, kannst du das auch mitschreiben."), dann Mädchen für alles, bis ihre Funktionärskarriere 1972 geradezu katapultartig beschleunigt wurde.

Zehn Kartoffeln für jeden Spieler

Der amtierende Geschäftsführer war im Zuge einer turbulenten Vorstandssitzung von seinem Amt zurückgetreten, Ersatz musste her. Also beknieten sie Luise, das Amt aushilfsweise zu bekleiden. "Der kommt nach 14 Tagen zurück und dann wirst du abgelöst", habe man ihr versichert, erinnert sich Luise Pfannenschmidt. Dann lacht sie: "Darauf warte ich heute noch …".

Dabei war sie die ideale Besetzung. Sie kannte den Verein ohnehin seit langem in- und auswendig, hatte ein Händchen für Organisatorisches und den Umgang mit Menschen. Ob kurz nach dem Krieg, als die Spieler angesichts der Lebensmittelknappheit in Kartoffeln bezahlt wurden und Luise darauf achten musste, diese nicht nur in der Anzahl, sondern auch in der Größe gerecht zu verteilen. "Jeder kriegte zehn Stück. Das werde ich nie vergessen. Das war 1945." Oder später, als sie ihre Spieler höchstpersönlich vor dem Sportgericht verteidigte. Und überhaupt: "Ich habe Bier ausgeschenkt, Wäsche gewaschen, Socken gestopft. Es war immer irgendwas."

Man kommt nie davon los. Ich bin so eine alte Kuh und lese immer noch die Fußballwoche.

Luise Pfannenschmidt über ihre Fußballbegeisterung

"Das Alter kann man nicht anfassen"

Lu Pfannenschmidt war sich für nichts zu schade, auch, weil sie sich gegenüber den Aufopferungen anderer keine Blöße geben wollte, wie sie einmal dem Fußballmagazin "11Freunde" gegenüber sagte: "Ich habe in der Zeit so viele Men­schen kennen gelernt, die jeden Abend, jedes Wochen­ende für den Verein unter­wegs waren. Denen hat eine Nie­der­lage das ganze Wochen­ende ver­dorben. Und nie hat einer auch nur einen Pfennig ver­langt. Da wäre ich mir ganz schön blöd vor­ge­kommen, wenn ich nur mit halber Kraft gear­beitet hätte." Ihr selbst machten Niederlagen übrigens weniger etwas aus. Auch dafür habe sie "Verständnis gehabt. Vielleicht war es das", sagt sie auch mit 100 Jahren noch in Hinblick auf ihre Erfolgsformel.

Die Zahl 100 bedeute ihr gar nichts, "nein, wirklich nicht. Mein Gott, man hat Geburtstag. Aber man kann das Alter nicht anfassen." Der Fußball hingegen bedeute ihr noch immer viel: "Man kommt nie davon los. Ich bin so eine alte Kuh und lese immer noch die Fußballwoche", sagt sie, deutet auf die vor ihr liegende, aktuelle Ausgabe des Fachblattes und lächelt so sanft, dass man sich fragen muss, wer eigentlich gerade die Heizung angemacht hat im Herzen.

Vorfreude auf das Wiedersehen

Zu ihrem Geburtstag ist sie eingeladen worden von Viktoria. Sie freue sich, "weil ich da meine ganzen alten Hasen zu sehen kriege". Dann kann sie wieder mit den Menschen zusammensein, die den Fußball so lieben wie sie. Das sei immer ihr Antrieb gewesen. Sie wolle aber bloß keine bösen Worte verlieren. Auch nicht über die aktuelle Situation bei Viktoria. Die nach dem Abenteuer in der dritten Liga derzeit im Mittelfeld der Regionalliga rangieren.

Lu Pfannenschmidt sieht es realistisch: "Ich glaube, denen fehlt das Geld. Da kann man glücklich sein, wenn sie nicht absteigen." Dafür macht die neu gegründete Frauenmannschaft Freude. "Ganz, toll, Hut ab", sagt sie. Auch den großen Berliner Fußball verfolgt sie noch. Union? "Hat die richtigen Leute!" Und Hertha? Kein böses Wort.

Sendung: rbb24, 12.03.2023, 22 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

8 Kommentare

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  1. 8.

    Danke für den Bericht ! ich kannte die Frau nicht. Beeindruckend! Gruß aus Thüringen und alLes Gute!!!

  2. 7.

    Toller Bericht und herzlichen Glückwünsch zum 100 jährigen Geburtstag auch von mir und VAR Traditionsgemeinschaft

  3. 6.

    Schöner Bericht. Ich wünsche Lu Pfannenschmidt alles Gute und beste Gesundheit. Ein Aushängeschild für den Berliner Fussball und für Viktoria 89.

  4. 5.

    Das ist echt bewundernswert!
    Tolle Frau.
    Ich würde sie echt gerne fragen, wie sie es geschafft hat so lange fit und gesund zu bleiben.
    Und Humor hat sie auch noch. Love

  5. 4.

    Ganz herzlich möchte ich der lieben Frau Pfannenschmidt ,zum außergewöhnlichen Geburtstag von Herzen gratulieren. Weiterhin viel Gesundheit. Mitglied der VAR

  6. 3.

    Herzlichen Glückwunsch dieser, mit allem Respekt, süßen Omi. Und danke an Ilja Behnisch für den schönen Artikel.

  7. 2.

    Da schließe ich mich mit herzlichen Grüßen an!!! Respekt vor der Frau und ein großes DANKE für soviel Engagement.

  8. 1.

    Da kann man nur gratulieren und viel Gesundheit wünschen. Schön das es um den Berliner Fußball auch solche schönen Geschichten gibt.

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