Reportage | Ein Monat bis zu den Weltspielen - Kommentatoren-Duo stimmt sich auf Special Olympics ein

Mi 17.05.23 | 14:47 Uhr | Von Lynn Kraemer
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Alexander Pawelzik und Benjamin Tietze kommentieren am Spielfeldrand (Bild: rbb/Lynn Kraemer)
rbb/Lynn Kraemer
Video: rbb24 | 17.05.2023 | Torsten Michels | Bild: rbb/Lynn Kraemer

Im Juni finden in Berlin die Special Olympics World Games statt. Inklusion gibt es dabei nicht nur bei den Sportlerinnen und Sportlern, sondern auch bei den Kommentatoren. Das Duo Alexander Pawelzik und Benjamin Tietze bereitet sich jetzt schon vor. Von Lynn Kraemer

"Die Kameras habt ihr an? Dann Klappe die Erste." Volker Hoffmann schlägt die kleine Holzfilmklappe und tritt zur Seite. Das Kommentatorenduo hat freie Sicht: "Hallo, ich bin Benny Tietze. Und wir sind wieder zurück zum zweiten Spiel: BWB gegen Integral. Die Weißen sind BWB und die Grünen sind Integral." "Ich begrüße euch auch", ergänzt Alexander Pawelzik.

Volker Hoffmann von "Berlin erzählen" schlägt Filmklappe (Bild: rbb/Lynn Kraemer)
Projektbetreuer Volker Hoffmann hat alles im Blick | Bild: rbb/Lynn Kraemer

Die beiden stehen mit einem Kamerateam in einem Tor am Spielfeldrand. Von dort kommentieren sie die LAG Fußball-Landesmeisterschaft, das Finalturnier der Berliner Werkstätten für Menschen mit Behinderung. In drei Staffeln wird der Berliner Meister ermittelt. Während die meisten anderen am Spielfeldrand die doch etwas zu dünnen Übergangsjacken besonders hoch ziehen, schaut Alexander Pawelzik im schwarzen T-Shirt mit "Berlin erzählen"-Aufdruck zu.

Inklusive Redaktion für die Weltspiele

"Berlin erzählen" ist die inklusive Redaktion für die Special Olympics World Games, die im Juni nach Berlin kommen. Das staatlich geförderte Medienprojekt gibt es seit Februar 2022. "Menschen mit Behinderungen, mit Lernschwierigkeiten sollen sich äußern können. Sie sollen ihre Meinungen, Ansichten, Perspektiven veröffentlichen können", sagt Projektleiterin Imke Baumann. Sie steht etwas abseits hinter dem Tor und beobachtet das Treiben.

Pawelzik und Tietze liefern für zwei Mal 15 Minuten einen floskellosen Kommentar ab. Bei den beiden gibt es die nüchternen Fakten. "Jetzt hat die BWB den Ball. Die Acht auf die Sieben. Die Sieben schießt. Und das war ein Tor für die BWB. 1:0", kommentiert Alexander Pawelzik. "Die Nummer sieben hat getroffen", ergänzt Tietze. Wenn er nicht gerade kommentiert, arbeitet der 41-Jährige in der Industriemontage einer Werkstatt. Nicht mal ein verunglückter Ball, der knapp über ihre Köpfe ins Tor an der Seitenlinie segelt, bringt das Duo aus der Ruhe. Pawelzik lacht kurz und macht weiter.

Gemeinsam haben sie schon einige Spiele kommentiert. Jeden zweiten Montag trifft sich die Redaktion und übt. "Die sind schon ziemlich routiniert. Wir waren schon bei verschiedensten Sportarten", sagt Imke Baumann. In der Vorbereitung auf die Special Olympics war das Team beispielsweise beim Boccia, Reiten und Rollstuhlbasketball. "Aber wir waren auch schon bei Alba Berlin in der Mercedes-Benz Arena und haben da geübt", so Alexander Pawelzik, der in einer Werkstatt der Kaspar Hauser Stiftung in Pankow arbeitet.

Der 36-Jährige kennt sich nicht nur im Sport gut aus. Der zweite Schwerpunkt von "Berlin erzählen" sind Stadtgeschichten und Besucherführungen. Auch dort ist Pawelzik dabei, denn für Fotos mit Promis und ihre Geschichten hegt er eine kleine Sammelleidenschaft. Die bisher netteste VIP sei Olivia Jones gewesen.

Viele, viele Tore

"Es gibt Anstoß für Integral. Sie spielen auch gut zusammen und haben eine Torchance – aber vergeben", kommentiert Benny Tietze. Kaum merklich tippt der 41-Jährige seinen Kollegen an. Pawelik übernimmt. Den Wechsel machen sie nach Bauchgefühl. Wenn einer von beiden zu lange spricht, greift Projektbetreuer Volker Hoffmann ein. Er wechselt immer wieder zwischen den Kommentatoren und den beiden Kameramännern hin und her. Mal gebückt am Spielfeldrand und wenn es auf dem Feld zu wuselig ist, läuft er ums Tor rum.

Im Eröffnungsspiel konnten Pawelzik und Tietze bereits sechs Tore kommentieren. Die Partie BWB gegen Integral wird noch torfreudiger. Die Berliner Werkstätten für Menschen mit Behinderung (BWB) kommen am Ende des Turniers auf 32 Tore. Mehr als die drei anderen Teams der Staffel zusammen. Im Juni werden sie Deutschland auch als Nationalmannschaft bei den Special Olympics vertreten.

"Ich kommentiere ganz gerne mit vielen Toren. Dann ist es spannender."

"Da versucht die BWB ein Tor zu schießen. Aber hat nichts genützt, leider kein Tor", kommentiert Alexander Pawelzik in der Schlussphase. Dem Favoriten kann das aber egal sein. Auch dass es dem Gegner doch noch irgendwie gelingt, einen Ball am BWB-Torhüter vorbeizubringen. Die Führung ist schließlich schon zweistellig. Pawelzik freut sich darüber: "Ich kommentiere ganz gerne mit vielen Toren. Dann ist es spannender."

Alexander Pawelzik und Benjamin Tietze interviewen Spieler (Bil: rbb/Lynn Kraemer)Alexander Pawelzik (li) und Benjamin Tietze (mi) führen nach dem Spiel auch die Interviews

Nach Abpfiff ist der Job für die Kommentatoren noch nicht getan. Das Spielerinterview steht auf dem Programm. BWB-Torschütze Danyel Ragnar beantwortet nicht nur Fragen zum Spiel, sondern auch zu seinem Trainingspensum und Lieblingsfußballern. Beim Spielstand sind sie sich immer noch nicht sicher. "Da haben wir den Überblick verloren", so Pawelzik. Sein Kollege schätzt: "13:1 für die BWB." Auch der Spieler kann nicht weiterhelfen ("12 Tore?"). Im offiziellen Spielbericht steht später 12:1.

Sendung: rbb24, 17.05.2023, 18 Uhr

Beitrag von Lynn Kraemer

9 Kommentare

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  1. 9.

    Ihr 'toller' Vorschlag wird den GEZ-Beitrag leider nicht um einen Cent verringern, weil die Entscheidungen darüber auf einer ganz anderen Ebene getroffen werden. Ich finde den Beitrag in dieser Höhe auch nicht gerade angemessen, aber die Sportler kämpfen für sich und sollten darunter nicht leiden müssen-bei geringen Zuschauerzahlen wäre das dann so.

  2. 8.

    Wie messen Sie „gesellschaftliche Relevanz“? Beobachten Sie die Einschaltquoten. Ich glaube Sie liegen falsch.
    Ich weiß was Sie meinen. Die Aufmerksamkeit bei Werbung mit ein bisschen Film drumrum zu erzeugen, daran glauben die Werbefachleute. Warum macht man es da nicht auch so? Nur das die Werbung z.B. durch die Champions L. ersetzt wird. Dann wird „Ihre Relevanz“ ein kleines Stück angehoben.

  3. 7.

    "Sollte ins Pay-Tv. Ich will nicht für Sport und Unterhaltungsshows GEZ bezahlen und mir dann anhören müssen, dass es immer zu wenig Geld ist und die Zwangsabgabe wieder erhöht werden muss."

    Sehe ich ebenso. Eigentlich sollte der ganze ÖRR ins Pay TV.

  4. 6.

    Um bei Paralympics als Sportler zugelassen zu werden, müssen strikte Qualifikationkriterien erfüllt werden. Es sind Sportler mit Körperbehinderungen.
    Bei Special Olympics werden keine Athleten aufgrund mangelnder sportlicher Leistung ausgeschlossen. Die Sportler sind geistig und teilweise mehrfach Behindert.

  5. 5.

    Da muss wohl jemand von Hertha beim RBB angerufen und gar gedroht haben !

    toppt was ihr wollt aber lasst uns medial mal aussen vor ! sah in der woche vor Köln hier irgendwie anders aus !

    War ich im Winterschlaf und die Saison ist schon längst zu ende ?

    Gibts den Verein ggf. schon gar nicht mehr ? Medial ist jedenfalls derzeit nichts wahrnehmbar.

  6. 4.

    Die Berichterstattung über die Special Olympics gehört wegen der großen gesellschaftlichen Relevanz genuin zum Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Nicht jede/r interessierte Zuschauer/in hat die Möglichkeit oder die Mittel für Pay-TV.

  7. 3.

    An sich teile ich ihre Meinung was Sport im öffentlich rechtlichen angeht, allerdings sehe ich es bei den Paralympics (oder Special Olympics - was auch immer der Unterschied ist) anders. Das ist wohl eine Sportveranstaltung die sich mangels Interesse kaum für PayTV eignet. Im öffentlich rechtlichen aber deshalb doch richtig ist, um eben auch diesen Leuten eine Möglichkeit zu geben ihren Sport zu promoten und gleichzeitig auch gleichgesinnten und interessierten die Möglichkeit gibt sich den Sport anzuschauen.

  8. 2.

    Es fällt auf. Die Einschaltquoten untermauern es. Man sägt den Ast, auf dem man sitzt. Die Entscheidungen, was ausgestrahlt wird und was ins Pay-TV kommt, sind nicht nachvollziehbar..., am Bedürfnis der Zuschauer.

  9. 1.

    Sollte ins Pay-Tv. Ich will nicht für Sport und Unterhaltungsshows GEZ bezahlen und mir dann anhören müssen, dass es immer zu wenig Geld ist und die Zwangsabgabe wieder erhöht werden muss.

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