Abstieg aus der Bundesliga kaum noch zu verhindern - "Pure Enttäuschung" bei Turbine Potsdam

Mo 08.05.23 | 17:34 Uhr
  4
Turbine-Spielerin Martyna Wiankowska ist enttäuscht (Quelle: IMAGO/foto2press)
Audio: rbb|24 | 08.05.2023 | Interview mit Dirk Heinrichs | Bild: IMAGO/foto2press

Nach der Niederlage gegen Hoffenheim kann Turbine Potsdam den Abstieg aus der Bundesliga kaum noch verhindern. Die Brandenburgerinnen müssen ein schwieriges Restprogramm bewältigen - und auch der Blick in die Zukunft offenbart Herausforderungen.

Der strömende Dauerregen in Sinsheim stand am Sonntag sinnbildlich für die Gefühlslage bei Turbine Potsdam. Mit 1:6 hatten die Brandenburgerinnen klar gegen Hoffenheim verloren - und sind dem Abstieg in die 2. Liga nun bedrohlich nah. "Es ist natürlich pure Enttäuschung", sagt Co-Trainer Dirk Heinrichs am Tag nach der bitteren Pleite gegenüber rbb|24.

Sieben Punkte Rückstand hat der einstige Champions-League-Sieger und aktuelle Tabellenletzte nun auf den zehnten Rang, der den Klassenerhalt bedeuten würde. Doch es sind nur noch drei Spiele zu spielen und das ausgerechnet gegen ein Spitzen-Trio: Leverkusen (5. Platz), Frankfurt (3. Platz) und München (1. Platz).

"Gerade mental ist es natürlich unheimlich schwer für die Mädels"

Ein Restprogramm, das die Mission Klassenerhalt nahezu unmöglich macht. Und den Trainer vor die Herausforderung stellt, seine Mannschaft auf den Schlussspurt vorzubereiten. "Gerade mental ist es natürlich unheimlich schwer für die Mädels, sich immer wieder aufzumachen, um am Wochenende ein Spiel zu gewinnen", berichtet der 54-Jährige, der weiter positiv denken will, die Lage aber auch realistisch einordnet.

Das Essen-Spiel als Knackpunkt

Dabei kam bei Turbine im März nochmal ein Hoffnungsschimmer auf. Kurz nach der Verpflichtung von Trainer Marco Gebhardt, der die Mannschaft gemeinsam mit dem langjährigen Co-Trainer Heinrichs leitet. Gebhardt habe eine klare, fußballerische Linie, lobt der 54-Jährige. "Ich denke, da ist nochmal ein guter Qualitätssprung dazugekommen."

Der machte sich auch in der Leistung bemerkbar. Potsdam holte sieben Punkte aus drei Spielen. "Wir waren sehr euphorisiert nach dieser Serie und hatten uns viel vorgenommen", erinnert sich Heinrichs. "Das war natürlich dann der Knackpunkt. Wir waren vom Kopf her schon weiter, mit der Serie im Kopf. Nochmal ein Dreier gegen Essen, dann wären wir gut dabei gewesen. Und genau in so einer Phase werden die Füße vielleicht schwer, die Gedanken langsam und dann hat es nicht funktioniert."

Zweigleisige Planungen laufen schon lange

Auch Heinrichs musste erst einmal tief durchatmen, bevor er über seine Sicht auf den bevorstehenden Abstieg sprechen kann. Seit 20 Jahren ist er als Co-Trainer im Verein, hat zwei Champions-League-Siege (vorher UEFA-Women's-Cup), sechs Meisterschaften und drei Pokalsiege miterlebt. Erfolgreiche Zeiten - die inzwischen längst vergangen sind. "Es ist traurig", sagt er und klingt betroffen. "Aber ich muss auch klar sagen, dass es eben im Fußball so ist. Wir hatten immer große Umbrüche und haben es immer geschafft, eine gute Mannschaft zusammenzustellen."

Wenn die Struktur und die Rahmenbedingungen gegeben sind, ist man auch als reiner Frauenfußballklub in der Lage, in der ersten Liga mitzuspielen. Ich hoffe, dass wir wieder dahin kommen, dass wir trotzdem ein ordentliches Wort mitreden können.

Turbines Co-Trainer Dirk Heinrichs

Weil sich schon früh abzeichnete, dass es diesmal nicht reichen könnte, laufen die Planungen bereits seit längerer Zeit zweigleisig, auch Gespräche mit den Spielerinnen werden geführt. "Viele Spielerinnen haben noch einen Vertrag - für die erste und zweite Liga", betont Heinrichs.

Wirtschaftlich werden die Zeiten für Turbine in der zweiten Liga nicht leichter. Einnahmen zum Beispiel aus Fernsehgelder und auch Zuschüsse fallen dann weg. "Man sollte die zweite Liga nicht unterschätzen", warnt Heinrichs auch vor einer sportlichen Herausforderung. Ob Turbine in der kommenden Saison also direkt den Wiederaufstieg anstrebt oder sich erstmal in der zweiten Liga konsolidiert, wird laut Heinrichs erst nach eingehender Prüfung aller Rahmenbedingungen festgelegt. "Wenn die Struktur und die Rahmenbedingungen gegeben sind, ist man auch als reiner Frauenfußballklub in der Lage, in der ersten Liga mitzuspielen. Ich hoffe, dass wir wieder dahin kommen, dass wir trotzdem ein ordentliches Wort mitreden können."

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 07.05.2023, 19:30 Uhr

4 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 4.

    Sehe ich nicht nur ähnlich, sondern genauso.
    Man hat bei der weichenstellenden Vorstandswahl(Stichwort T.Kemme) den falschen Abzweig genommen. Feddisch! Auch Hr.Heinrichs sieht m.M.n. die Entwicklung im Fußball der Frauen falsch. Jahrelang haben die Fußballerinen für Gleichbehandlung gekämpft und die Gehälter sind zumindest ansatzweise „auf Fahrt“ gegangen. So der Ist-Zustand. Wenn man den nicht will bzw.kann, passiert genau das, was gerade bei Turbine passiert. Ob man das gut findet oder nicht. 1.Liga seh ich Turbine lange nicht.

  2. 2.

    "nach eingehender Prüfung aller Rahmenbedingungen" wird Turbine zukünftig ein Amateurfußballverein sein.


  3. 1.

    Es ist der helle Wahnsinn! Noch vor 14 Jahren der beste Frauenfußballverein der Welt steht jetzt vor dem Abstieg. Es ist so unglaublich traurig.

Nächster Artikel