Angeln | Saisonstart Raubfisch 2025 - Beim Hecht-Angeln ist Geduld gefragt

Im Mai startet in vielen Bundesländern die Raubfisch-Fangsaison. Ein Großteil der deutschen Anglerszene fiebert diesem Termin entgegen und hofft auf einen guten Auftakt. Das gilt auch für unseren Autoren Friedrich Rößler.
Mein Wecker klingelt - 3:45 Uhr. Schlaftrunken kippe ich mir einen doppelten Espresso hinter, dusche und hole mir schnell noch die Getränke aus dem Kühlschrank. Danach geht es flink ins schon am Vorabend gepackte Auto. Während der knapp einstündigen Autofahrt ans Gewässer im Landkreis Potsdam-Mittelmark - Anglerinnen und Angler verraten ihre Angelspots nicht detailliert- gehe ich im Kopf zum zehnten Mal die Packliste durch: zwei Angelruten, eine Ködertasche mit viel zu vielen Kunstködern für den Zielfisch Hecht, Snacks, Getränke, Sonnencreme, Badelatschen, Angelschein, Gewässerkarte - alles da. Die Sonne soll laut meiner Wetter-App um circa 5:30 Uhr aufgehen, ich liege also gut in der Zeit.
Klare Regeln beim Hechtangeln
In Brandenburg endet die Hechtschonzeit zwar schon jedes Jahr am 31. März - auf meinem favorisierten Gewässer erlaubt der Gewässerpächter aber erst einen Monat später ab dem 1. Mai das gezielte Angeln auf den beliebten Raubfisch. So handhaben es auch andere Bundesländer, wie zum Beispiel Berlin, Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt.
Ein Hecht kann über einen Meter lang werden, die Bisse können heftig sein und der Drill, also das Einholen, gestaltet sich oft sehr aufregend. Der Fisch springt manchmal aus dem Wasser und setzt kurz vor dem Kescher noch mal zu einer letzten Flucht an. Auf meinem Teller landet Esox lucius als von der Haut gezogenes Filet oder Fischbulette. Denn: Angeln bedeutet für mich nicht nur, so viele Facetten der Natur genießen zu können, sondern ist auch eine der nachhaltigsten Varianten, sich zu ernähren.
Aber Achtung, wenn der Hecht freigegeben ist, sind andere Raubfische noch gesperrt. Der Zander zum Beispiel darf in Berlin und Brandenburg erst ab dem 1. Juni befischt werden, da er sich noch in der Laichzeit befindet. Da die Männchen ihre selbst gebauten Gruben bewachen und aggressiv ihre Nester mit den Eiern und Larven vor jedem Feind beschützen, benutze ich nur flach laufende, große Köder, die nur Hechte anlocken sollen. Denn die fürsorglichen Zandermännchen schnappen sich auch tief laufende Hechtköder und könnten dann so von ihrer Laichgrube weggefangen werden. Zwar müsste der Raubfisch dann unverzüglich und schonend ins Wasser zurückgesetzt werden. Ob er dann aber zu seinem Nest zurückkehrt, ist nicht sicher.
Hohe Konkurrenz
Zurück zur Autofahrt: Am Horizont kündigt sich ein tiefroter Schimmer am schwarzblauen Nacht-Himmel an, die Sonne beginnt ihren ersten Tanz. Nebelfelder hängen in den Niederungen an der Landesgrenze zwischen Berlin und Brandenburg. Meine Aufregung steigt und die Müdigkeit weicht der Erkenntnis, dass ich dieses Naturschauspiel als Langschläfer heute nicht erleben dürfte. Als ich am Parkplatz unweit des Steges vom Angelverein ankomme, begrüßt mich ein Chor an Vogelstimmen und die Sonne hat ihr Kleid von dunkelrot zu gleißendem Gelb gewechselt. Mit meinem mittlerweile angekommenen Angelkumpel bestücken wir das kleine Boot und fahren hoffnungsvoll zu unserer ersten Stelle. Wir sind allein auf dem See. Noch.

Am ersten Spot verfolgt im klaren Wasser ein kleiner Hecht den Köder meines Freundes, mehr passiert in einer Viertelstunde intensiven Köderauswerfens nicht. Wir wechseln den Ort und bemerken die ersten Gleichgesinnten. Wie eine kleine feindliche Armada steuern drei Boote auf uns zu. Und natürlich hat ein Angelteam genau denselben Spot wie wir auf dem Radar. Wir müssen also umdenken, da wir uns nicht direkt neben andere Angelboote stellen wollen. Der See ist schließlich groß genug.
Durchhaltevermögen gefragt
Fünf Stunden später sind wir immer noch ohne Fisch im Boot, aber weiterhin motiviert. Mittlerweile haben wir unseren Hotspot angesteuert, an dem wir uns die größten Chancen ausgerechnet haben. Doch wir teilen uns mit bis zu neun anderen Kleinbooten einen vielversprechenden Bereich des Sees, wobei wir weiterhin auf respektvollen Abstand achten. Im Gegensatz zu manch anderen. Was uns weiterhin positiv stimmt: Ab und zu schwimmt ein Hecht unseren Ködern immerhin hinterher. Sogar einen zaghaften Fehlbiss haben wir schon erlebt.
Nach sieben Stunden setzt die erste Frustration ein, denn kaum wechseln wir die Stelle, fährt ein anderes Boot dahin und fängt. Es ist zum Heulen. Da die Sonne schon im Zenit steht und uns ordentlich auf den Kopf drückt, sinkt unsere Hoffnung auf Erfolg. Denn welcher Hecht beißt schon in der Mittagshitze? Genau dieser! Mein Angelpartner fängt einen Hecht, der mindestens 50 Zentimeter lang ist. Das bedeutet, wir dürfen ihn entnehmen und müssen ihn nicht zurücksetzen. Schon herrscht wieder gute Laune an Bord.
Später Hecht-Erfolg
Weitere vier Stunden später fahren wir die Schilfgürtel ab, die morgens noch in der Sonne und jetzt bereits im Schatten liegen. Auf unserem Weg dahin haben wir unzählige von kleinen und großen Karpfen beobachten dürfen. Manchmal wirken die Gruppen von bis zu 30 Marmorkarpfen wie Delfinschulen oder Thunfischschwärme. Beeindruckend, wie schnell die Fische reagieren, wenn sie uns bemerken.
Gefühlt zum tausendsten Mal werfe ich meinen fast 100 Gramm schweren und sehr flach laufenden Kunstköder ganz nah an die schattige Schilfkante. Es macht Platsch, als der Köder auf der Wasseroberfläche aufkommt. Ich fange sofort an, meine Angelrolle ruckartig zu drehen und bei der dritten Halbumdrehung geht ein Einschlag durch meine Rute: Da ist er endlich, mein erster richtiger Hechtbiss. Der Fisch hängt am Köder, allerdings sehr knapp. Ich rufe meinem Leidensgenossen an Bord zu, dass er schnell den Kescher nehmen soll und bitte, bitte meinen Hecht einfangen soll. "Schnell!", zische ich.
Kompromisslos kurble ich den Fisch in den Kescher und mein erster Saisonhecht 2025 landet sicher im Boot. Ich kann mein Glück kaum fassen. Nach mehr als elf Stunden auf dem Wasser liegt er vor mir. Ich unterdrücke einen Freudenschrei, um niemanden auf dem Wasser zu stören und umarme mich mit meinem Angelkollegen. Ein guter Fisch jenseits der 70 Zentimeter-Marke. Was für ein Abschluss und was für eine Belohnung.
Mehr Angelgeschichten finden Sie im Angelpodcast "Angebissen" des rbb.