Abschied aus der Euroleague - Alba Berlin nimmt die Champions League als Ausfahrt in Richtung NBA Europe

Mi. 07.05.25 | 19:15 Uhr
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Alba Berlins Will McDowell-White | Bild: IMAGO/camera4+
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Audio: rbb24 | Jakob Rüger | 07.05.2025 | Bild: IMAGO/camera4+

Nach 24 Jahren verlässt Alba Berlin den Kosmos der Euroleague. Es ist ein großer sportlicher Rückschritt, der mittelfristig der erste Schritt in Richtung NBA Europe sein soll. Jakob Lobach über eine risikoreiche Grundsatzentscheidung.

Am Ende waren es exakt acht Wörter und acht Zahlen, mit denen Alba Berlin für Klarheit sorgte. "Alba Berlin spielt 2025/2026 in der Basketball Champions League" – so lautete die zwar nur kurze, aber bedeutungsschwere Überschrift auf Albas Homepage am Mittwochmittag. Was in den vergangenen Monaten bereits spekuliert worden war, wurde damit Realität: Alba wird in naher Zukunft nicht mehr auf dem Parkett der Euroleague, der Beletage des europäischen Basketballs, auflaufen.

24 Jahre im Euroleague-Kosmos

Ganze 24 Jahre lang spielte Alba Berlin zuletzt im Kosmos der Euroleague. Zu dem gehört mit dem Eurocup auch noch die zweithöchste Spielklasse Europas. Dass Alba sich nach zuletzt sechs Saisons mit Duellen gegen Real Madrid, Fenerbahce Istanbul und Co. nun freiwillig für die drittklassige Champions League entscheidet, ist eine vielschichtige Grundsatzentscheidung mit NBA-Perspektive.

Fünf Siege aus 34 Spielen lautete die ernüchternde Bilanz am Ende von Albas letzter Euroleague-Saison. Dazu: das mit Abstand geringste Budget aller Klubs, der individuell klar schwächste Kader, die klar wenigsten Siege. Nicht zum ersten Mal in jüngeren Jahren stand am Ende dieser sportlichen Kettenreaktionen die Frage, ob die Berliner in der Euroleague überhaupt weiterhin willkommen sind.

So überraschte es durchaus, als dem rbb berichtet wurde, dass die Euroleague Alba im April erneut eine Lizenz und einen Startplatz anbot – allerdings einmal mehr nur temporär. Statt den Berlinern die seit 2019 oft in Aussicht gestellte dauerhafte Lizenz und damit Anteile an den Einnahmen der Liga anzubieten, forderte die Euroleague fünf Millionen Euro für ein dreijähriges Startrecht ohne finanzielle Beteiligungen. Das große, gemeinschaftlich erwirtschaftete Geld bliebe den 13 festen Euroleague-Startern vorbehalten.

"Wir haben das natürlich intern besprochen, aber es war praktisch klar, dass wir das nicht machen werden", sagte Alba-Geschäftsführer Marco Baldi am Mittwoch im Gespräch mit rbb|24.

Alba Berlins Geschäftsführer Marco Baldi. (Bild: IMAGO / mix1)Gespannt, was kommt: Alba Berlins Geschäftsführer Marco Baldi | Bild: IMAGO/mix1

Ein undankbares Angebot in unsicheren Zeiten

Zum spärlichen sportlichen Abschneiden und den finanziellen Forderungen gesellt sich seinen Angaben zufolge eine große, übergeordnete Unsicherheit. "Es gibt in der Euroleague weder ein für alle Klubs faires noch ein gemeinsames Konzept, wo man langfristig hin will", sagt Baldi. Seitdem die nordamerikanische NBA angekündigt hat, zeitnah einen europäischen Ableger der besten Basketballliga der Welt gründen zu wollen, herrscht mehr denn je Chaos im europäischen Basketball. Dem Vernehmen nach zögern zahlreiche etablierte Euroleague-Klubs erheblich, ihre 2026 allesamt auslaufenden A-Lizenzen zu verlängern.

Dass die sogenannte NBA Europe zusammen mit dem Weltverband Fiba – dem großen Feind der privat organisierten Euroleague – aufgebaut werden soll, spielt eine Schlüsselrolle für Albas Schritt in die Champions League. Schließlich wird auch diese von der Fiba organisiert. Albas Austritt aus dem Euroleague-Kosmos ist also zweifelsfrei ein Schritt in Richtung der NBA.

Es ist ein früh verfasstes Bewerbungsschreiben an eine Liga, die das Potenzial hätte, zur größten in Europa zu werden. Gleichzeitig ist der Konjunktiv hier wichtig, weil es die Liga eben noch nicht gibt. Ihre Größe, ihre Struktur, die Startvoraussetzungen für interessierte Klubs – all das ist aktuell noch eher sagenumwoben als festgelegt.

Über die Champions League in die NBA Europe?

"Wir wissen sehr genau, was da gerade besprochen wird", sagte Baldi am Mittwoch, "aber wir wissen nicht genau, mit welchem Ergebnis." Fakt ist, dass Alba nach dem Abschied aus Euroleague und Eurocup vieles dafür tun wird, in der NBA Europe unterzukommen. Denn sportlich ist die Champions League nicht nur meilenweit weg von der Euroleague, sondern auch unterhalb des Eurocups anzuordnen.

Selbst vor dem Hintergrund der Ungleichheiten in der Euroleague dürfte die wenig königliche Königsklasse Alba langfristig nur bedingt reizen. Einerseits werden die Berliner in der Champions League als vielleicht größter Name der Liga kommende Saison schlagartig ein Titelfavorit sein. Andererseits ist AEK Athen eben nicht Panathinaikos Athen und FMP Belgrad nicht Partizan Belgrad.

"Es ist völlig klar, dass Panathinaikos oder auch Real Madrid viel klangvollere Namen sind", sagt Albas Baldi. Inwiefern es gelingen werde, Albas Fans auch für kleiner klingende Teams zu begeistern, werde sich zeigen. Fest steht bereits, dass Alba in der Champions League maximal acht Heimspiele im Vergleich zu den 17 der Euroleague erwarten. Das wird zwar die hochgeschnellte Hallenmiete für die Uber Arena senken, aber auch die Einnahmen durch Ticketverkäufe und Spieltagssponsoring.

Wir haben uns für den Weg entschieden, der für uns der perspektivreichste ist.

Marco Baldi, Geschäftsführer Alba Berlin

Langfristige Hoffnungen, statt kurzfristige Planung

Wie all dies sich wiederum – in Kombination mit dem wichtigen, bald fehlenden Anreiz der Euroleague – auf Albas Kaderplanung auswirkt, wird der kommende Sommer zeigen. Das Worst-Case-Szenario haben Alba vor einigen Jahren die Bamberg Baskets vorgezeichnet. Die wechselten im Sommer 2018 von der Euroleague in die Champions League und befinden sich seitdem in einer sportlichen und finanziellen Abwärtsspirale, die sie zuletzt in den Tabellenkeller der Bundesliga führte.

Andererseits hatten die Bamberger auch mit einem zunehmend geizigeren Investor zu kämpfen und nicht die Hoffnung auf eine Teilnahme an einer europäischen NBA. Wie prägend diese in Albas Entscheidung zugunsten der Champions League war, klang am Mittwoch im Gespräch mit Marco Baldi immer wieder durch – unter anderem in dessen Schlussworten: "Wir haben keine kurzfristige Entscheidung getroffen, wir haben uns für den Weg entschieden, der für uns der perspektivreichste ist."

Sendung: rbb24, 07.05.2025, 21:45 Uhr

4 Kommentare

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  1. 4.

    Also ich kann mit der Entscheidung leben. Ich gehe lieber zu Alba gegen AEK Athen und sehe ein knappes Spiel statt einer deftigen Niederlage gegen Panathinaikos.

  2. 3.

    Die Entscheidung ist m.E. total richtig und es würde mich nicht wundern, wenn sie in einigen Jahren als wieder einmal enorm weitsichtig betrachtet werden wird, so wie bereits Alba 1990, die Alba Jugend und die Nachwuchsprogramme, die Alba Frauen oder der Umzug in die Uber Arena mutige und weitsichtige Ideen waren.

  3. 2.

    Wieder einmal ist Alba Vorreiter in Europa.

  4. 1.

    Aus meiner Sicht die völlig richtige Entscheidung. Die Private Euroleague können sich gern die Geldsackklubs teilen.

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