Interview | Marko Rehmer - "Die Atmosphäre bei einem Derby hätte ich gerne mal erlebt"

Mo 28.10.19 | 17:34 Uhr
Ex-Fußballprofi Marko Rehmer (Quelle: imago/Jan Huebner)
Audio: Inforadio | 27.10.2019 | Stephanie Baczyk und Jakob Rüger | Bild: imago/Jan Huebner

Marko Rehmer kickte in der Regionalliga für Union und verpasste 1993 den Zweitliga-Aufstieg nur wegen eines Lizenzentzugs. Später wurde er Nationalspieler und spielte mit Hertha in der Champions League. Im Interview erinnert er sich an die Zeit bei beiden Klubs.

Marko Rehmer wuchs in den 1970er und 80er Jahren im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg auf. Über seinen Jugendverein Empor HO Berlin wurde er - statt vom nahe gelegenen BFC Dynamo - vom 1. FC Union Berlin gesichtet und wechselte daraufhin zu den Köpenickern. Als Balljunge träumte er davon, einmal selbst auf dem Rasen im Stadion An der Alten Försterei zu stehen. Ein Wunsch, der wahr wurde.

rbb|24: Union-Präsident Dirk Zingler erinnert sich, wenn er von früher spricht, immer an ein etwas verwildertes Stadion An der Alten Försterei. Wie sind ihre Erinnerungen?

Marko Rehmer: Die gleichen. Ich meine, die Anzeigetafel gibt es ja immer noch. (schmunzelt) Das finde ich schön, dass die erhalten wurde. Das Beste am Stadion An der Alten Försterei war aber immer schon, dass die Zuschauer so eng am Spielgeschehen dran waren. Natürlich hatte es aber diesen gewissen Charme: Es wuchs ein bisschen Unkraut hier und da, die heutige Haupttribüne war noch viel kleiner.

Union  und Hertha trennten damals nicht nur viele Kilometer, sondern auch Ligen. Hat man trotzdem immer mal geguckt, was Hertha so macht?

Eigentlich war Hertha nie ein Thema. Natürlich hat man aber geschaut, was in der Bundesliga los ist. Zu meiner Zeit spielten wir mit Union ja noch in der Regionalliga und haben immer versucht, in die zweite Liga zu kommen. Das hat ja dann auch eigentlich geklappt - aufgrund einer gefälschten Bankbürgschaft ist es dann leider nicht dazu gekommen.

Sie sprechen die 1993 verweigerte Lizenz an. Wie geht man als Spieler damit um? Es wurde schon eine riesige Party gefeiert und dann zerplatzt im letzten Moment alles, weil im Hintergrund gemauschelt wurde.

Das war brutal. Du denkst, dir wird der Boden unter den Füßen weggerissen. Ich war zu der Zeit im Urlaub in Griechenland, Handys gab es damals noch nicht. Und ohnehin hatte ich mir vorgenommen, mir keine Zeitungen zu kaufen und wirklich mal abzuschalten. Dann habe ich mir aber doch in einem kleinen Kiosk eine Zeitung gekauft und da stand es drin. Dann habe ich mir sofort eine Telefonzelle gesucht, Zuhause angerufen und meine Mama hat es mir dann bestätigt.

Nach einer Station in Rostock sind Sie dann bei Hertha BSC gelandet.

Das war für mich der nächste Schritt zu einem höherklassigen Verein in der Bundesliga. Hertha war für mich optimal. Ich kam zurück in meine Heimatstadt. Das war toll.

Gab es in Ihrem Kopf einen Konflikt, nachdem Sie bei Union gespielt hatten zu Hertha zu gehen?

Nein. Der Konflikt mag in einigen Köpfen drin sein: Union ist der etwas kleinere Verein aus dem Osten, Hertha der größere aus dem Westen. Für mich hat sich die Frage aber nie gestellt. In meinem Verständnis gab es zu Mauer-Zeiten sogar immer eine Fanfreundschaft. Für mich war es einfach der logische sportliche Schritt zu einem Spitzenverein in der Bundesliga, der Hertha damals war, zu gehen. Wir haben Champions League gespielt und waren auch sonst jedes Jahr international vertreten. Natürlich habe ich Union nie aus dem Auge gelassen, das ist doch völlig normal. Ich habe immer gehofft, dass sie in die zweite Liga aufsteigen. Das haben sie ja dann auch geschafft.

Wie haben Sie Hertha damals erlebt?

Als schlafenden Riesen. Als ich dort hingekommen bin, war der Verein gerade das zweite oder dritte Jahr in der Bundesliga, hatte sehr große Ambitionen. Vielleicht auf lange Sicht betrachtet zu große. Es ist schade, dass es damals nicht so erfolgreich weitergegangen ist. Ich hoffe, dass sie - vielleicht auch mit der finanziellen Unterstützung [Im Sommer ist Lars Windhorst als Investor eingestiegen. / Anm. der Redaktion] - da wieder hinkommen.

Sie haben mit dem heutigen Cheftrainer Ante Covic noch zusammengespielt. Damals hieß es immer, er sei ein Lebemann, mittlerweile soll er sehr zielstrebig sein. Hat Sie diese Entwicklung überrascht?

Ja, da bin ich ganz ehrlich. Mich freut es aber. Klar hätte er - und das weiß er auch - aus seinen Fähigkeiten mehr machen können. Darum freut es mich, wie er sich als Trainer und Mensch entwickelt hat. Ich wäre gerne mal bei einer Ansprache dabei. Emotionen sind im Fußball wichtig und die kann er gut rüberbringen. Auch fachlich hat er sich gut weitergebildet und wird das weiter tun.  

Sie haben die längste Zeit Ihrer aktiven Karriere in Berlin gespielt, hätten Sie da nicht mal gerne ein Hauptstadtderby gespielt?  

Auf jeden Fall. Dann aber auch in beiden Stadien. Die Atmosphäre in der Alten Försterei bei einem solchen Derby hätte ich gerne mal erlebt. Leider ist es nie dazu gekommen. Deshalb bin ich jetzt gerne als Zuschauer im Stadion und werde es genießen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führten Stephanie Baczyk und Jakob Rüger. Der Beitrag ist eine gekürzte und redigierte Version. Das Originalinterview können Sie mit Klick auf das Audiosymbol im Header des Artikels nachhören.

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