Interview | E-Sportler Fabian "GrabbZ" Lohmann - "Wird Leute dazu bringen, E-Sports einzuschalten"

Sa 28.03.20 | 10:30 Uhr
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eSports-Trainer Fabian "Grabbz" Lohmann (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Bild: dpa/Christoph Soeder

Während die meisten Sportligen wegen der Corona-Pandemie ihren Betrieb unterbrochen haben, sind E-Sportler noch aktiv. Fabian "Grabbz" Lohmann spricht im Interview über Vorteile und Vorurteile sowie Fußball-Profis, die das Gamer-Image verändern könnten.

Was Sie jetzt wissen müssen

rbb|24: Herr Lohmann, die Corona-Pandemie zwingt zurzeit viele Menschen in die heimischen Wohnungen und ins Homeoffice. Das müsste sich für Sie als E-Sportler ja gut treffen: Wo halten Sie sich denn gerade auf?

Fabian "GrabbZ" Lohmann: Ich bin gerade im Gaming House, also dem Ort, wo die Spieler unseres Teams G2 leben und wir unser Training durchführen. Das ist in Wilmersdorf und wir sind hier aktuell sechs Personen. Im E-Sports ist das üblich, dass Teams so ein Gaming House haben. Ich wohne eigentlich separat, aber wegen der Corona-Pandemie habe ich mich entschieden, beim Team zu leben und nicht ständig hin und her zu fahren, um das Infektionsrisiko zu senken.

Wie läuft denn so ein Tag im Gaming House ab?

Spätestens um 11 Uhr müssen alle aufstehen. Um 12 Uhr haben wir dann ein Meeting, bei dem wir uns auf die Spiele am Wochenende vorbereiten und zum Beispiel besprechen, welche Taktiken wir spielen möchten. Dann haben wir von 13 bis etwa 18 oder 19 Uhr Scrims, also Trainigsspiele zwischen zwei Teams. Weil wir im E-Sports ja keine zweite Mannschaft oder einen großen Kader haben, müssen wir immer gegen andere Teams spielen. Danach gehen wir die Videos dann durch und besprechen, wie wir uns hätten verhalten sollen. Für mich als Trainer steht dann noch die Vor- und Nachbereitung an und vor allem auch in andere Regionen wie China oder Korea zu gucken, wie die spielen.

Die Corona-Pandemie sorgt derzeit dafür, dass so gut wie keine Sportveranstaltungen mehr stattfinden können. Wirkt sich das auch auf Ihren Sport aus?

Ja, wir spielen normalerweise in Adlershof in einem Studio, wo auch Zuschauer dabei sind. Jetzt spielen wir quasi von unserem Hauptquartier aus, also in einem Raum ohne irgendwelche Interaktion mit den Leuten der Show oder den Fans. Das ist kein großer Unterschied, weil die Zuschauerzahl sich nur auf 100 bis 150 Menschen beläuft. Allerdings würde es in den Playoffs einen großen Unterschied machen. Normalerweise wird da eine Arena mit 10.000 oder 15.000 Leuten gefüllt. Das würde wegfallen. Und wir mussten den Mitarbeitern von Riot, den Entwicklern des Spiels, die auch den Ligabetrieb aufrecht erhalten, einen Zugang auf unseren Computer geben, damit sie schauen können, dass wir keine Drittprogramme haben. Außerdem müssen wir in dem Raum, in dem wir spielen, Kameras aufbauen, damit sie nachvollziehen können, dass wir das richtig spielen, die Tastendrücke aufnehmen und kommunizieren können. 

Inwiefern läuft denn ein Spieltag in Europas bester League-of-Legends-Liga LEC jetzt anders ab als sonst?

Wir müssen nicht mehr ins Studio fahren und vorbereitet werden mit Make-up und Ähnlichem, weil wir ja sonst vor die Kamera müssen. Stattdessen ist es entspannter. Wir fahren dann irgendwann in eine andere Umgebung. Ich kann nicht genau sagen, wo das ist, weil da immer die Möglichkeit eines Angriffs besteht: Es gibt Menschen, die, wenn sie wissen würden, von wo aus wir spielen, versuchen würden, unser Internet lahmzulegen. 

Welche Vorteile hat denn E-Sports in so einer Situation gegenüber anderen Sportarten?

Wir haben die Chance, den Ligabetrieb aufrecht zu erhalten. Wir können weiterhin die Zuschauer unterhalten. Ich glaube, gerade in solchen Phasen ist es wichtig für die Leute, dass sie in der Quarantäne auch was anzuschauen haben. Und generell muss bei Online-Spielen ja der persönliche Kontakt nicht immer da sein. Das ist natürlich ein großer Bonus für die E-Sports-Zuschauer.

Ist es so gesehen auch eine Chance für Ihren Sport, stärker in den Fokus zu rücken?

Das wird auf jeden Fall ein paar Leute dazu bringen, mal E-Sports einzuschalten. Ich habe sogar gehört, dass in den USA E-Sports auf ESPN [dem größten Sportsender; Anm. d. Red.] gezeigt wurde. Natürlich ist das Interesse da größer. Ich glaube nicht, dass unbedingt eine bleibende Zuschauerschaft entsteht durch die Umstände der Corona-Pandemie. Wir als Sportart sind interessant für junge Leute. Aber ich glaube nicht, dass sich darüber hinaus größere Auswirkungen ergeben: Wenn Fußball wieder losgeht, springen die Leute da wieder hin.

Konnten Sie schon ein gesteigertes Interesse an E-Sports feststellen? Schauen gerade mehr Menschen zu als sonst?

Ja, es zeigt sich online und im Spiel selber, wie viel mehr Leute da online sind. Bestimmte Streaming-Produkte werden viel besser angenommen, weil mehr Leute Zeit dafür haben. In League of Legends selbst hat man ein bisschen mehr Ping [Zeitspanne der Datenübertragung; Anm. d. Red.], weil die Server-Auslatung nicht mehr damit klar kommt, dass mehr Leute gleichzeitig online sind.

Viele andere Sportler und Sportarten sind auch schon auf virtuellen Spiele umgestiegen, zum Beispiel die Formel1 oder auch die Fußball-Vereine der 1. und 2. Bundesliga. Begrüßen Sie das?

Ja, schon. Wir leben dieses Gamer-Leben und Gamer haben immer noch ein sehr stark negatives Bild in der Öffentlichkeit. Es wird zwar besser, aber die Leute denken immer noch eher an verschwitze Kinder in Kellern, die nicht in die Sonne gehen und keinen Sport machen. Meine Kindheit bestand auch aus Schule, danach Fußballtraining und abends zocken. Ich konnte beides machen und es war kein Widerspruch. Dass sich jetzt auch Sportler, die eine Vorbildfunktion haben, zeigen und sagen, dass sie auch gerne gamen, hilft natürlich dem Gesamtbild des Gamings in der öffentlichen Wahrnehmung. 

Glauben Sie, dass dieser Schritt dafür sorgen könnte, dass E-Sports in der Sportwelt als Sportart eine breitere Akzeptanz findet?

Die Chance besteht immer. Wenn wir im Rampenlicht stehen und zeigen können, dass wir eben nicht dieses Keller-Leben führen, sondern das wirklich professionell angehen, großen Wert auf Sport und gesunde Ernährung legen und einfach Menschen sind, die die Berufung Gaming ausleben, wird es sich immer gut auswirken. Wenn dann Bundesliga-Profis helfen können und diese Brücke schlagen für viele Leute, ist das natürlich sehr positiv für uns und ich freue mich darüber sehr. Ich glaube aber auch, dass es einfach Zeit braucht. Wir haben eine ältere Gesellschaft. Selbst mein eigener Vater hat Schwierigkeiten im Internet und er würde auch eSports nicht verstehen. Viele Politiker sind auch von dem Schlag. Aber natürlich beschleunigt das das Ganze. Ich hoffe auch, dass wir in Deutschland endlich mal den Schritt wagen können. Andere Ländern wie die USA, Frankreich, Südkorea oder China sind da schon um einiges weiter als wir.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Lisa Surkamp, rbb Sport. Es handelt sich um eine gekürzte und leicht redigierte Version.

2 Kommentare

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  1. 2.

    Tut mir leid, dass ist für mich kein Sport. Hoffentlich haben die Gamer später nicht mal Rücken oder Finger. Und dem 1.Kommentar schliesse ich mich an.

  2. 1.

    Ich weiss ja nicht wie es anderen geht, ich finde E-Sports so langweilig wie Dressurreiten und Eiskunstlauf und werde auch in der Corona-Krise das nicht verstärkt anschauen.

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