Interview | Füchse-Manager Bob Hanning - "Wer heute an Olympia glaubt, ist ein Fantast"

Fr 20.03.20 | 21:16 Uhr
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Bob Hanning bei der Pressekonferenz des Deutschen Handball Bundes. Bild: imago/Noah Wedel
Bild: imago/Noah Wedel

Füchse-Manager Bob Hanning scheut keine klaren Worte. Und so macht er im rbb|24-Interview deutlich, dass wirtschaftliche Probleme auf den Verein zukommen werden. Er erklärt, wie er diese abzufedern hofft - und was er über die Olympischen Spiele denkt.

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Die Füchse Berlin befinden sich in der Pause. Bis zum 22. April hat die Handball-Bundesliga wegen der Corona-Krise ihre Spiele ausgesetzt. Vorerst. "Mir fehlt ganz ehrlich der Glaube, dass das etwas nützt", sagt Bob Hanning im Gespräch mit rbb|24. Er rechnet nicht wirklich damit, dass die Saison noch einmal fortgesetzt wird. Das wird schnell deutlich.

Die Probleme, vor denen der Manager und seine Füchse Berlin damit stehen, sind massiv. Es ist ein erheblicher Betrag, der dem Handball-Bundesligisten fehlt. "Wir müssen Lösungen finden, wie wir gemeinsam überleben. Mit dem nötigen Respekt der Gesellschaft grundsätzlich gegenüber", sagt Hanning mit Blick auf die Vereine - und er sagt auch: "Ob jetzt eine Mannschaft auf- oder absteigt, ist doch völlig egal." Wie er die Füchse durch die Krise steuern will, erzählt er im ausführlichen Interview mit rbb|24.

rbb|24: Herr Hanning, können Sie schon absehen, was für Konsequenzen eine Pause auf unbestimmte Zeit - sollte es denn bei ihr bleiben - für die Füchse Berlin hat?

Bob Hanning: Wir sind grundsätzlich ein gesunder Verein. Wir haben keinen Konzern, der uns führt, sondern wir leben seit 16 Jahren von unseren Partnern. Jetzt ist die Situation so, dass wir Hilfestellung von allen Seiten brauchen - und daran arbeiten wir gerade. Wir brauchen Hilfestellung von unseren Zuschauern, dass sie sich dazu bereiterklären und sagen: Wir stehen zu der Mannschaft und dem Verein, der in Deutschland die herausragendste Jugendarbeit überhaupt macht. Denn die steht mit auf dem Spiel. Wir brauchen unsere Sponsoren, dass sie zu ihrem Wort erstmal stehen - und das in einer Stuation, in der sie auch Sorgen um sich und ihre Mitarbeiter haben. Dann brauchen wir ein Stück weit den Staat. Da sind wir beim Thema Kurzarbeitergeld. Und wir brauchen die Spieler, die jetzt auch verzichten müssen. Es kann ja nicht sein, dass die ganze Gesellschaft verzichtet, die Spieler aber nicht und auf ihrer Wolke leben. Das müssen wir zusammenführen und dann sehen, wie weit die Luft reicht. (Anm.: Kurz nach unserem Interview mit Bob Hanning gab es erste Reaktionen aus Spielerkreisen - siehe Box!)

Wenn Sie die Spieler ansprechen: Geht es dann um ganz konkrete finanzielle Verzichte und ist auch für sie Kurzarbeit denkbar?

Wir leben nicht auf einer Insel der Glückseligkeit, sondern wir gucken ja auch den Tatsachen ins Auge. Und natürlich müssen die Spieler ihren Beitrag dazu leisten. Anders ist es auch gar nicht machbar - schon alleine aus dem einzigen Grund heraus, dass wir ja auch etwas Luft brauchen für das, was danach kommt. Ich bin mir aber sicher, dass wir Lösungen finden werden. Wir haben sehr schlaue Spieler. Wir sind auch bereits in Gesprächen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Spieler genauso ihren Beitrag leisten wie die Sponsoren, die Zuschauer und dann letztendlich auch der Staat über Kurzarbeitergeld oder andere Hilfestellungen.

Wir sind in Deutschland die Nummer eins, was die Nachwuchsarbeit angeht. Wir produzieren viele junge deutsche Nationalspieler. Von daher gibt es eine unglaublich große Verantwortung unserer Partner gegenüber unseren Spielern und unserer Jugend.

Bob Hanning

Welche Signale bekommen Sie bislang von Sponsoren? Sie haben ja selbst bereits angesprochen, dass diese in der Corona-Krise auch mit ihren ganz eigenen Problemen zu kämpfen haben...

Da habe ich eine klare Haltung: Erst einmal alle in Ruhe lassen. Die haben auch eine Verantwortung für ihre Mitarbeiter und müssen sich jetzt in allererster Linie darum kümmern. In einem zweiten Schritt haben sie natürlich auch eine Verantwortung für uns, weil bei uns ja nicht nur die Profiabteilung dahintersteht, sondern viele, viele Trainer, die unsere Jugendlichen trainieren und die wir bezahlen müssen. Wir sind - wie gesagt - in Deutschland die Nummer eins, was die Nachwuchsarbeit angeht. Wir produzieren viele junge deutsche Nationalspieler. Von daher gibt es eine unglaublich große Verantwortung unserer Partner gegenüber unseren Spielern und unserer Jugend. Aber auch da gilt: Alles mit Augenmaß. Alles mit Geduld und Ruhe. Denn in den heutigen Zeiten ist das glaube ich besser, als unnötig Hektik zu verbreiten. Wie ich unsere Partner seit 16 Jahren kenne, werden sie an unserer Seite stehen und mit uns kämpfen, dass wir das alles aufrechterhalten können.

Wenn Sie ganz konkret auf den Geldbeutel schauen. Was für Folgen hat die Pause für die Füchse?

Das sind große Auswirkungen. Das ist ja ganz normal. Wir haben die Situation, dass wir noch vier Heimspiele gehabt hätten - darunter zwei sehr, sehr attraktive - in denen es um den Einzug nach Europa und sogar die Champions League gegangen wäre. Da rechnet man mit Zuschauereinnahmen. International wäre es auch noch um den Einzug ins Europapokal-Final-Four in Berlin gegangen. Dafür hatten mit Partnern Vereinbarungen. Die hatten wir natürlich in der Kalkulation. Wir waren Ausrichter. Das sind natürlich Probleme, die auf uns zukommen und die wir zu bewältigen haben. Wir sind ein gesunder Verein. Das heißt, wir haben die Chance, das auch ein stückweit länger aufrechtzuerhalten. Aber eine Sache ist klar: Es geht uns so, wie es anderen Unternehmen auch geht. Deshalb sage ich: Wir brauchen natürlich Hilfestellung. Wir wollen aber auch nicht mehr Hilfestellung als alle anderen. Bei uns hängt auch eine Vielzahl von Arbeitsplätzen dahinter. Sei es Hallenpersonal. Sei es, dass wir um die Heimspiele herum viele Dienstleister haben. Da steckt hinter dem Sport auch eine unfassbar hohe Zahl von Menschen, die von den Vereinen auch maximal partizipieren. 

Wie läuft denn derzeit überhaupt die Kommunikation mit der Mannschaft - sind die alle für sich Zuhause und man skypt?

Wir haben das sehr unterschiedlich gemacht. Wir haben zum einen in Telefonkonferenzen gesprochen. Aber wir haben uns aufgrund der wirtschaftlichen Situation auch mal treffen müssen. Wir haben das dann tatsächlich im Freien gemacht - mit weitem Abstand. Da ging es auch darum, den Mitarbeitern die Sorge zu nehmen. Du kannst natürlich alles am Telefon machen. Keine Frage. Aber du hast auch ausländische Spieler, die auch Familien und Kinder haben und die sagen: "Bob, was machen wir denn jetzt? Dürfen wir in die Heimat oder müssen wir hier in Deutschland bleiben und warten, was du sagst?" Ganz ehrlich: Ich glaube, dass es für jeden Arbeitnehmer einfach wichtig ist, dass er gerade in so einer Situation seinen Chef auch mal zu sehen bekommt. Von daher das Treffen im Freien und ich habe ihnen auch mal ganz transparent unsere Zahlen gezeigt: Was heißt der Ausfall von vier Heimspielen für uns? Was bedeutet das mit den Zuschauerzahlen? Damit die Spieler auch sehen, dass wir Sorgen haben und dass wir alle gemeinsam jetzt mehr in den Topf einzahlen müssen als wir uns rausnehmen.

Durften denn ausländische Spieler bereits in ihre Heimatländer abreisen?

Wir werden das jetzt in dieser Woche abschließend besprechen. Ich glaube, dass wir bis Montag eine Entscheidung haben werden - da arbeiten wir auch mit den Spielern dran. Dann kann natürlich jeder von ihnen nach Hause. Dort zumindest, wo die Grenzen noch offen sind.

Wie halten sich die Spieler aktuell fit: Wahrscheinlich gibt es individuelle Trainingspläne?

Auch das ist ganz spannend: Wenn man Kurzarbeitergeld beantragt, dann darf man gar keine Trainingspläne schicken. Auf diese Situation ist ja überhaupt keiner vorbereitet. Lange ist über die Situation diskutiert worden: Was passiert, wenn ich einen Spieler rausschicke, ihn im Wald laufen lasse und er dort umknickt. Übernimmt das dann eine Berufsgenossenschaft? Und wäre die Situation bei Kurzarbeit eine ganz andere? Er ist dann darüber überhaupt nicht versichert. Es sind alles Themen, die die Welt eigentlich nicht braucht, aber um die wir uns jetzt im Sport kümmern müssen. Deswegen ist es wichtig, möglichst viele Fakten zu sammeln. Nicht alle fünf Minuten eine Wasserstandsmeldung abzugeben, sondern jetzt das Ganze zusammenzubringen. In der Tat wird es so sein, dass wir den Spielern die Möglichkeit geben wollen, sich - wenn sie wollen - beim Athletiktrainer nach Plänen zu erkundigen. Im Moment findet das Training mit Ausnahme der Verletzten und der Spieler aus dem Olympiakader nur sehr begrenzt statt.

Wie ist die Situation für die Olympia-Athleten. Die haben ja nochmal eine zweite Motivation - noch sind die Spiele ja nicht abgesagt...

Nein, Olympia ist nicht abgesagt. Aber die Welt können wir uns nicht so malen, wie wir das wollen. Wer heute an Olympia glaubt, ist ein Fantast. Olympische Spiele ohne Zuschauer? Dafür brauchen wir keine Olympischen Spiele machen! Auch das finde ich albern. Wenn die Fußball-Bundesliga das überlegt, ist das immer noch einmal was Anderes. Auch da gilt: Wir sollten den Blick für das Machbare nicht verlieren. 

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Simon Wenzel, rbb Sport.

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1 Kommentar

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  1. 1.

    Dazu gibt es einen sehr passenden Spruch:

    The games must go on

    Koste was es wolle, die Fernsehrechte sind schließlich vergeben. Geld geht immer vor.

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