Interview | Alba-Manager Baldi über Saisonfortsetzung - "Eigentlich ist es wirtschaftlicher Unsinn"

Di 28.04.20 | 13:53 Uhr
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Alba-Manager Marco Baldi (Quelle: imago images/Bernd König)
Bild: imago images/Bernd König

Die Klubs der Basketball-Bundesliga haben beschlossen, die Saison mit zehn Teams zu beenden. Eine unwirtschaftliche Entscheidung, die Alba-Manager Marco Baldi dennoch begrüßt - weil sie aus seiner Sicht eine tiefergehende Bedeutung hat.

rbb|24: Die Basketball-Bundesliga (BBL) hat am Monatg entschieden, ihre Saison - sofern es gesundheitspolitisch möglich ist - mit einem Großteil der Klubs und in einem besonderen Format fortzusetzen. Was bedeutet diese Entscheidung aus Sicht von Alba Berlin?

Marco Baldi: Wir freuen uns total über die Entscheidung - natürlich ohne zu wissen, ob das überhaupt in Kraft tritt. Man hat ja jetzt im Prinzip zwei Möglichkeiten: Die eine ist, die Hände in den Schoß zu legen und zu warten, bis alles vorbei ist. Das ist absolut legitim. Die zweite Möglichkeit ist, dass man versucht, mit Energie und Kreativität ein Kozept vorzubereiten, was dann letztendlich von Behörden und Experten genehmigt werden muss. Und nur diesen Fall bereiten wir vor. Wir können nicht selbst bestimmen, ob wir spielen werden. 

Und aus wirtschaftlicher Sicht?

Eigentlich ist es wirtschaftlicher Unsinn, weil wir die Kosten dadurch eher steigern und keine Einnahmen dagegenstehen. Anders als im Fußball, wo auch bei Geisterspielen große TV-Erträge zu erwarten sind. Das ist im Basketball nicht so. Und trotzdem freue ich mich, dass die BBL am Ende einstimmig diese Entscheidung getroffen hat, weil sie zeigt, dass man eine gewisse Haltung einnimmt und sich jetzt eben nicht zurückzieht. Es gibt auch Klubs, die sagen, da machen wir nicht mit. Das ist völlig legitim, so zu entscheiden. Was aber gut ist ist, dass auch die Klubs am Ende das Gesamtkonzept verabschiedet und dem auch zugestimmt haben.

BBL-Geschäftsführer Stefan Holz erhofft sich einen positiven Effekt für die Liga und den Basketball. Sehen Sie das ähnlich? Könnte es dem Basketball nochmal einen Push geben, wenn man bedenkt, dass eigentlich nur der Fußball auch noch spielen könnte?

Ich sehe das eher als Selbstverständlichkeit, dass wir all denen, die nahe an uns dran sind und jetzt natürlich auch etwas vermissen, dass wir deren Interessen und Leidenschaft aufnehmen. Natürlich passiert das in einer abgespeckten Form, in der man es sich auch nicht wünscht. Ein Basketballspiel ohne Zuschauer ist praktisch wie Liebe ohne Herz. Da kommt nicht so richtig Freude auf. Dennoch steht dahinter, dass wir unsere Belange und die unserer Partner ernst nehmen. Das bedeutet für uns, nicht unbedingt nach einem großen Nutzen zu schauen, sondern eher eine Haltung einzunehmen, die ich toll finde. Ich glaube genau in dieser Zeit ist es sehr wichtig, dass man da aktiv bleibt. 

Alba Berlin hat einigen Spielern erlaubt, in ihre Heimat zu reisen. Bei einigen Vereinen wurden sogar Verträge aufgelöst. Kriegen die Mannschaften überhaupt Spieler zusammen, um dann spielen zu können?

Die Klubs, die sich entschieden haben, die Meisterschaft noch zu Ende zu spielen, die werden jetzt natürlich alle Hände voll zu tun haben, um die Spieler, die teilweise in ihren Heimatländern sind, mit all den Beschränkungen, die es momentan gibt, zusammenzubringen. Wir werden jetzt Schritt für Schritt schauen, wie wir da vorankommen und das weiter vorbereiten können für den Fall, dass dieses Turnier am Ende stattfinden kann. 

Werden Sie den Spielern freistellen, ob sie spielen oder pocht man da auf vertragliche Rechte, dass die Spieler nach Berlin kommen und spielen müssen?

Keiner muss irgendetwas in dieser Zeit, das ist völlig klar. Aber es ist eher so, dass die alle mit den Hufen scharren und den Zeitpunkt nicht erwarten können, wenn es endlich wieder losgeht. So ist meine Wahrnehmung aus der Kommunkation, die wir mit unseren Spielern haben. Aber da sind jetzt natürlich noch viele Hürden zu überspringen. 

Wie geht es Alba Berlin gerade wirtschaftlich? Man hört ja von vielen Vereinen, dass sie ganz schön zu knabbern haben.

Das haben wir auch. Es trifft uns sehr, sehr hart. Im Basketball ist man abhängig von den Spieltagseinnahmen und wenn die komplett wegfallen - und das möglicherweise auch auf längere Sicht - dann ist es sehr schwierig, das Boot über Wasser zu halten. Wir versuchen es und gehen es mit aller Kraft und Zuversicht an. Aber wir haben diese Problematik in sehr vielen Branchen und der muss man sich stellen. Deshalb ist es so wichtig, dass man versucht, den kleinen Handlungsspielraum, den es gibt, zu nutzen und nicht die Decke über den Kopf zieht - auch wenn einem manchmal danach ist. 

Bedeutet das, es wäre für Alba Berlin auch ein Stück weit existentiell, dass man ab der neuen Saison - wann immer die losgeht - wieder vor Zuschauern spielen kann?

Ich denke, alle Sportarten, die populär sind und davon leben, dass Menschen sich dafür interessieren und sich auf den Weg machen, um sich das anzuschauen, werden über kurz oder lang damit ein richtiges Problem bekommen. Da sind wir keine Ausnahme. In kurzen Zeitabständen steht man immer wieder vor neuen Überraschungen. Die Herausforderung ist es, das anzunehmen. Das machen wir und es ist sehr anspruchsvoll und auch bedrohlich, aber wir versuchen, dem mit Initiative zu begegnen. Ich glaube, dass das auch die Haltung ist, die man braucht, um diese Krise zu überstehen. 

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Jakob Rüger, rbb Sportredaktion. Es handelt sich um eine gekürzte und redigierte Fassung.

Sendung: Inforadio, 28.04.2020, 15:15 Uhr

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1 Kommentar

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  1. 1.

    Es gibt, glaube ich, wenige so kluge und besonnene Verantwortliche im Sport. Und wenn, dann eher im Handball, Basketball oder Hockey und Volleyball. Im Fussball sehe ich nur Profitgier, Rücksichtslosigkeit und dumme Agressivität vom Management bis zu den Spielern, die gleichzeitig aber auch Opfer von diesen Dingen sind. Und ein kleinerer Teil des Publikums ist nicht besser. Mannschaftssport hat auch die Aufgabe, den Anhängern Fairness vorzuzeigen und das gelingt bei Alba und anderen Vereinen gut. Mehr kann man übrigens aus dem sehr guten Interview von J.Thaddäus mit M. Baldi (Mediathek) erfahren.

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