Janne Engeleiter über die Verschiebung der Paralympics - Überrascht von sich selbst

Fr 03.04.20 | 10:44 Uhr | Von Ilja Behnisch
Janne Engeleiter bei der Para-WM 2019 (imago images)
Bild: imago images

Mit den Olympischen Spielen 2020 wurden auch die Paralympics ins kommende Jahr verschoben. Warum Para-Leichtathletin Janne Engeleiter aus Cottbus sich durch den Coronavirus neu kennenlernte und fast nicht mehr nach Hause kam.

Was Sie jetzt wissen müssen

Dass die Olympischen Spiele wegen der Corona-Krise ins kommende Jahr verschoben wurden? Klar. Aber die Paralympics? "So traurig das ist, aber wir stehen immer im Schatten", sagt die sehbehinderte Sprinterin Janne Engeleiter (24) vom BPRSV Cottbus im Gespräch mit dem rbb. Nachvollziehen könne sie das nicht, denn: "Wir machen genauso Sport, das ist aber das, was die Leute nicht verstehen. Man fährt nicht zu den Paralympics, weil man behindert ist, sondern man fährt zu den Paralympics, weil man trainiert. Ich stehe genauso wie die Nicht-Behinderten zwei Mal am Tag in der Halle und schrubbe meine Einheiten."

Der Trainingsbetrieb läuft

Auch jetzt noch, in Zeiten von Corona, in Zeiten der Kontaktsperre. "Das Land Brandenburg hat ja letztes Jahr ein Team Tokio berufen und die Athleten aus diesem Team dürfen trainieren. (…) Die Halle ist groß, man kann sich gut aus dem Weg gehen", so Engeleiter. Die Trainingszeiten werden abgestimmt, so dass der Mindestabstand von 1,50 Meter auch wirklich eingehalten werden kann. Vergangene Woche wurde ein Gesundheitstest durchgeführt. "Die Auflagen sind schon streng", sagt Engeleiter, "aber ich bin einfach nur froh, dass wir trainieren können." In anderen Ländern, auch anderen Bundesländern, sei die Lage eine andere und Brandenburg definitiv "im Vorteil".

Ehrgeizige Ziele

Also weiter Einheiten schrubben, auch jetzt noch, da mit den Olympischen Spielen auch die Paralympics von Tokio ins kommende Jahr verschoben wurden. Sie könne gut damit leben, sagt sie und nimmt es sportlich: "Man hat jetzt einfach mal richtig Zeit, sich vorzubereiten." Der Traum der zweiten Paralympics nach Rio 2016? Nur verschoben, nicht ausgeträumt.

Sie habe jetzt umgeschaltet und klingt angriffslustig dabei. Jedoch: "An dem Tag, als es feststand, dass die Paralympics verschoben werden und noch kein Termin feststand, da war ich wirklich total müde. (…) Ich hätte mich ins Bett legen und schlafen können." Und auch wenn sie, die gerade ihr Studium beendet hat, jetzt "noch nicht so richtig einen Plan hat", was sie mit der Zeit anfangen soll, die sie normalerweise für die Vorbereitung auf Tokio verwendet hätte, ist der Ehrgeiz ungebrochen. "Die Ziele werden andere sein, als sie es dieses Jahr gewesen wären, einfach weil wir ein Jahr mehr Zeit haben."

Abenteuer Südafrika

Dass ihre Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, dass noch Luft nach oben ist, bewies ihr der Start in das Wettkampfjahr. Auch wenn der anders verlief als geplant. Denn eigentlich, nach einem Januar-Trainingslager in Südafrika, hätte es Anfang März zu einer Wettkampfserie in Dubai gehen sollen, "so wie wir es jedes Jahr machen." Doch 2020 ist eben nicht wie jedes Jahr. Die Serie wurde wegen Corona abgesagt. "Die Form war da, wir wollten die Paralympics-Norm laufen und haben krampfhaft nach einem Wettkampf gesucht." Und gefunden. Eine befreundete, südafrikanische Athletin gibt den Tipp, in ihrer Heimat, in Pretoria, finde ein sehr guter Wettkampf statt, "mit einer sehr guten Bahn."

Also ging es kurzentschlossen für eine weitere Woche nach Südafrika. Eine Woche, in der sich die Lage in Deutschland rapide änderte. Schulschließungen, Einschränkungen des Alltagsleben. "Dann haben wir schon mitgekriegt, dass die Türkei dicht macht. Unser Rückflug sollte über die Türkei gehen. Und ich hatte meinen Wettkampf in Südafrika, stand am Start und wusste nicht, wie ich nach Hause komme", so Engeleiter.

Die Form stimmt

In der Krise zeige sich der wahre Charakter, heißt es. Janne Engeleiter überraschte sich selbst, machte sich am Tag des Wettkampfs "wenig Gedanken", war "wirklich konzentriert. Unter den Bedingungen war das ein sehr guter Wettkampf. Und ich bin wesentlich besser in die Saison eingestiegen als im letzten Jahr."

Ob sich die Form 2020 nochmals überprüfen lassen wird, ist noch unklar. Immerhin das Ziel Tokio bleibt aber bestehen. Das ist das Wichtigste. Ob nun im Schatten der Olympischen Spiele oder nicht.

Beitrag von Ilja Behnisch

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