Frauenfußball-Bundesliga - Viele Sponsoren halten zu Turbine Potsdam

Fr 24.04.20 | 06:52 Uhr
Die Spielerinnen von Turbine Potsdam bilden einen Kreis (Quelle: imago images/Camera 4)
Audio: Inforadio | 20.04.2020 | Tabea Kunze | Bild: imago images/Camera 4

Seit sieben Wochen befinden sich die Fußballerinnen von Turbine Potsdam in der Corona-Pause. Ein Saisonabbruch wäre wohl nur aus sportlicher Sicht dramatisch. Wirtschaftlich kann sich der Bundesligist in der Krise nämlich auf die eigenen Sponsoren verlassen.

Nach wie vor herrscht auf dem Trainingplatz von Turbine Potsdam am Olympiastützpunkt in der brandenburgischen Landeshauptstadt gähnende Leere. Wegen der Kontaktsperren musste der Trainingsstart schon zwei Mal verschoben werden. Anders als die männlichen Fußball-Kollegen von Hertha und Union hat der Potsdamer Verein für seine Spielerinnen bisher keine Sondergenehmigung für Trainingseinheiten bekommen.

Seit Anfang März halten sich Nationalspielerin Johanna Elsig und ihre Mitspielerinnen deshalb individuell zu Hause fit: "Es sind verschiedene Kraft- und Schnelligkeitspläne", erzählt sie. "Außerdem haben wir Läufe drauf stehen, um ein bisschen fit zu bleiben - oder es wenigstens zu versuchen. Es nervt schon ziemlich, das alles immer alleine machen zu müssen zur Zeit."

Große Abhängigkeit von Sponsoren - Zuschauereinnahmen vernachlässigbare Größe

Zwischen Kraft- und Laufeinheiten hat Elsig gerade viel Zeit, sich Gedanken zu machen - vor allem über die wirtschaftliche Zukunft ihres Vereins. Die wichtigste finanzielle Säule sind dabei die Sponsoren und Partner aus der Region - darunter Hotels, Gastronomen und Dachdecker.

"Letztendlich ist der Klub von vielen Sponsoren abhängig und wie wir alle wissen, läuft die Wirtschaft gerade nicht so gut. Da muss man schon mal gucken, ob die Sponsoren noch in der Lage sind, uns zu unterstützen. Die müssen ja selbst schauen, dass sie nicht in finanzielle Notlagen kommen", so die 27-Jährige. 

Die finanzielle Abhängigkeit von Eintrittsgeldern fällt bei den Potsdamerinnen hingegen vergleichsweise gering aus. Der Zuschauerschnitt im Karl-Liebknecht-Stadion liegt nach den 16 Spieltagen durchschnittlich bei 1.300 Besuchern pro Heimspiel. "Die Ticketeinnahmen tragen lediglich fünf bis sieben Prozent zur Finanzierung bei", sagt Turbine-Geschäftsführer Stephan Schmidt. Diese Gelder werden normalerweise etwa für das Sicherheitspersonal und Caterer verwendet. Ähnlich wie Rekordmeister Frankfurt kalkuliert auch Turbine mit einem Jahresetat von rund 1,5 Millionen Euro.

Regionale Partner und Sponsoren halten zum Verein

Trotz der Corona-Krise haben kürzlich mehrere Sponsoren ihre Verträge mit Turbine Potsdam verlängert. Sie wollen die Bundesliga-Fußballerinnen auch in der kommenden Saison unterstützen - ein positives Signal in schwierigen Zeiten. Geschäftsführer Schmidt zeigt sich zuversichtlich, dass sein Klub die Corona-Krise mit Hilfe der regionalen Unterstützer meistern kann.

"Wir haben ein breites und treues Sponsorennetzwerk und hoffen, dass alle die Krise gut überstehen." Schmidt sagt, er hoffe darauf, dass die unterbrochene Saison noch zu Ende gespielt werden könne. "Aus unserer Sicht sollte der Saisonabbruch die letzte Variante bleiben", sagt er. "Lieber Geisterspiele, auch wenn es für unsere Fans bitter wäre. Auf diesem Weg bleibt zumindest eine Wahrnehmung für die Sponsoren und die Liga bestehen."

"Sportlich wären die Auswirkungen eines Abbruchs nahezu eine Katastrophe"

Beim sechsfachen Meister hofft man, dass die Bundesliga-Saison oder zumindest der DFB-Pokal sportlich beendet werden kann. Das bis dato letzte Spiel bestritten die Potsdamerinnen in der Bundesliga beim 1:0-Heimsieg gegen Essen am 28. Februar. Sechs Spieltage stehen nun noch aus - derzeit weilt der Klub mit 27 Punkten auf dem fünften Tabellenplatz. Im Pokal hat der Verein seit vielen Jahren im Viertelfinale erstmals wieder ein Heimspiel zugelost bekommen.

Laut Schmidt gibt es im Falle eines Abbruchs viele ungeklärte Fragen: "Wer steigt ab und auf? Wer qualifiziert sich für die Champions League? Zu welchem Zeitpunkt zählt die Tabelle? Alles Fragen, die eine große Auswirkung auf die kommende Saison haben werden. Sportlich wären die Auswirkungen eines Abbruchs nahezu eine Katastrophe."

Elsig: "Wünsche mir, Turbine bleibt weiter konkurrenzfähig"

Innenverteidigerin Johanna Elsig wünscht sich nach eigener Aussage zwar eine Fortsetzung der Frauen-Bundesliga - die Voraussetzungen dafür sehe sie aber eher kritisch. Denn eine Wiederaufnahme ginge, wohl ähnlich wie bei den Männern, nur mit regelmäßigen Coronavirus-Tests für die Spielerinnen.

"Grundsätzlich muss man gucken, dass man die Bevölkerung testet. Da sollten die Tests vorgehen und nicht dafür, dass man Sport macht, um irgendwie die Liga zu Ende spielen zu können. Ich wünsche mir, dass der Verein in keine finanzielle Notlage gerät, dass er sagen kann, wir sind Turbine Potsdam und können weiter konkurrenzfähig bleiben." 

Turbine erhält Solidaritätszahlungen - DFB berät über mögliche Szenarien

Der Wunsch, konkurrenzfähig zu bleiben, könnte sich durch die beschlossenen Solidaritätszahlungen erfüllen, die die Deutsche Fußball Liga (DFL) am Donnerstagmittag bekannt gegeben hat. Demnach sollen 7,5 Millionen Euro, die unter anderem zu Beginn der Corona-Krise von den vier diesjährigen deutschen Champions-League-Teilnehmer FC Bayern, Borussia Dortmund, RB Leipzig und Bayer Leverkusen in einem Fonds bereitgestellt wurden, unter den Vereinen der 3. Liga und der Frauen-Bundesliga aufgeteilt werden. Davon ausgeschlossen sind Klubs, deren erste Mannschaft oder Männermannschaft in der Bundesliga spielt.

Im DFB-Ausschuss Frauen-Bundesligen tauschen sich derzeit regelmäßig die Vereinsvertreter und DFB-Verantwortliche zur möglichen Finalisierung der Spielzeit 2019/2020 aus. Wann ein Ergebnis vorliegen wird, ist noch ungewiss.

Sendung: Inforadio, 20.04.2020, 15:15 Uhr

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