Turbine vor dem Duell in Freiburg - Neustart mit Nachteil

Fr 29.05.20 | 15:50 Uhr | Von Lisa Surkamp
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Spielerinnen von Turbine Potsdam im Kopfballduell (Quelle: imago/Camera 4)
Video: rbb24 | 27.05.2020 | Torsten Michels | Bild: imago/Camera 4

Turbine Potsdam bereitet sich im Quarantäne-Trainingslager auf den Bundesliga-Restart vor. Das Hygienekonzept der Liga orientiert sich an dem der Männer - die ein sportliches Saisonende finanziell überhaupt erst möglich machen. Von Lisa Surkamp

Auf den ersten Blick wirkt alles wie immer bei Turbine Potsdam. Die Spielerinnen des Fußball-Bundesligisten laufen sich gemeinsam warm, feilen in kleinen Gruppen am Abschluss oder trainieren individuell. Doch wer beim Training im Potsdamer Luftschiffhafen genauer hinsieht, entdeckt dann doch das eine oder andere ungewöhnliche Trainingsgerät auf dem Platz. Die Sprühflasche mit dem Desinfektionsmittel zum Beispiel. Denn die Brandenburgerinnen bereiten sich derzeit auf den Bundesliga-Restart am Wochenende vor und sind deswegen im Quarantäne-Trainingslager.

Alle Tests negativ

"Das ist viel organisatorischer Aufwand, aber wenn wir spielen wollen, müssen wir uns dem fügen - und das machen wir mit Intensität und viel Organisation", erklärt Turbine-Präsident Rolf Kutzmutz. Die Teams der Frauen-Bundesliga folgem dem gleichen Hygienekonzept wie ihre männlichen Kollegen.

Doch nicht allen gefällt der Liga-Restart. Turbine-Spielerin Gina Chmielinski kritisierte den Schritt am Freitag - und besonders auch die Tatsache, dass dieser als Zeichen der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen im Fußball gewertet werde. Im Gegensatz zu den männlichen Profis müssten sich viele Spielerinnen Urlaub nehmen, um die Quarantäne überhaupt erfüllen zu können, weil sie berufstätig seien.

Seit Sonntag ist die Mannschaft im nahegelegenen Kongresshotel untergebracht. Alle 40 Teammitglieder wurden zuvor zwei Mal negativ getestet. Bis zum Trainingsbeginn tragen alle Mundschutz.

Mannschaftstraining startete später als bei der Konkurrenz

Dass sie überhaupt wieder alle gemeinsam trainieren dürfen, darauf mussten die Potsdamerinnen lange warten - und vor allem: länger als die Konkurrenz. "Wir sind zwei Wochen später ins Gruppentraining eingestiegen als zum Beispiel Bayern oder Wolfsburg. Als die trainiert haben, hatten wir in Potsdam immer noch die Festlegung, dass wir nicht auf den Platz dürfen", sagt Kutzmutz.

Ob das im ersten Spiel nach der Pause beim SC Freiburg (Samstag, 13 Uhr) ein Nachteil ist, wird sich zeigen. Präsident Kutzmutz formuliert zumindest schon mal eine Theorie: "Ich habe bei den Männern den Eindruck gewonnen - und das wird wohl bei den Frauen auch so sein - dass spielstarke Teams mit diesen Bedingungen besser umgehen können als die, die über den Kampf ins Spiel finden", erklärt er.

"Wir hätten das alleine nicht stemmen können"

Kämpfen muss Turbine nicht nur in den verbleibenden sechs Liga-Spielen auf dem Platz, sondern auch finanziell. "Wir hätten das alleine nicht stemmen können", sagt Kutzmutz über das Saisonende unter besonderen Umständen. Denn die Unterbringung der Mannschaft im Hotel und auch die Corona-Tests sind teuer. Doch mit einem Solidarfonds unterstützen die Champions-League-Vereine der DFL, also Bayern, Dortmund, Leipzig und Leverkusen, unter anderem auch die Frauen-Bundesliga. Etwa 300.000 Euro kommen so für jeden Verein zusammen, mit denen alle wegen des Coronavirus anfallenden Kosten gedeckt werden.

"Am Anfang sah es so aus, als würde man einen Scheck ausfüllen, der an alle Vereine geschickt wird und man könne sich überlegen, was man mit dem plötzlichen Geldgeschenk macht. Aber ganz so einfach - 300.000 Euro und wir gehen mal richtig einkaufen - ist es nicht", so der Turbine-Präsident.  

Geisterspiele sind für Potsdam "fast Null-Summen-Spiele"

Auch die Zuschauereinnahmen für die verbleibenden drei Heimspiele fehlen. Ein Verlust, der für die Brandenburger jedoch - anders als für andere Vereine - verkraftbar ist. "Wir haben einen Schnitt von 1.300 bis 1.400 Zuschauern. Wenn wir uns in diesem Bereich bewegen, decken die Einnahmen die Kosten, die am Spieltag entstehen, also Catering, Security", so der 72-Jährige.

"Dadurch, dass wir keine Zuschauer haben, brauchen wir das alles nicht. Dadurch fallen diese Kosten auch weg und wir gestalten auch die Geisterspiele fast als Null-Summen-Spiele. Bei anderen Spielen wie gegen Bayern München hätten wir bestimmt mehr Zuschauer. Da entsteht ein Verlust, aber der ist für uns noch tragbar. Unsere Zuschauereinnahmen, die Ticketverkäufe, sind etwa acht bis zehn Prozent des Gesamtetats. Für uns ist wichtig, die Sponsoren und Partner im Boot zu halten."

Sichtbarkeit für Sponsoren

Deswegen hat sich der Verein etwas überlegt. Um den Sponsoren, die sonst nicht in den Fernsehübertragungen zu sehen sind, trotz fehlender Zuschauer Aufmerksamkeit zu geben, wandern sie auf die andere Seite des Stadions und sollen so ebenfalls im Bild zu sehen sein.

Auf diese Notlösung möchte Kutzmutz in der kommenden Spielzeit nicht mehr zurückgreifen. Denn eine weitere Saison ohne Zuschauer ist für ihn nach eigenem Bekunden nicht vorstellbar. "Ich will es mir nicht vorstellen, denn ich weiß nicht, ob dann nochmal jemand kommt und sagt: 'Wir helfen euch.' Deshalb hoffe ich sehr darauf, dass wir die nächste Saison wieder normal spielen."

Sendung: rbb24, 26.05.2020, 21:45 Uhr

Beitrag von Lisa Surkamp

1 Kommentar

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  1. 1.

    2 Wochen weniger Training - dann konzentriert euch doch auf die Pokalspiele - denn die Autofabrik wird wohl die Meisterschaft gewinnen

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