Klettertürme und Hallen in Berlin sind noch dicht - Am Fuße des Hygienekonzept-Gipfels

Sa 09.05.20 | 13:47 Uhr | Von Stephanie Baczyk
Kletterer am Kletterturm "Schwedter Nordwand" des AlpinClub Berlin (DAV) am 22. April 2016. (Quelle: rbb|24/Winkler).
Audio: Inforadio | 06.05.2020 | Stephanie Baczyk | Bild: rbb|24/Winkler

Arnold Behr ist Vorsitzender im Landesverband des Deutschen Alpenvereins in Berlin. Er wartet auf die Entscheidung der Senatsverwaltung, wann die Klettertürme und Hallen wieder öffnen können und setzt auf die Selbstdisziplin der Sportler. Von Stephanie Baczyk

1984 beschließt Arnold Behr zu lernen, wie man mit dem Gebirge umgeht. "Ich wollte versuchen, Europa oder die Welt oder Deutschland zu erwandern", erinnert sich der 71-Jährige. "Und zwangsläufig musste ich irgendwann über und durch die Alpen." Auf seinen Ausflügen kreuzt er Passagen, für die es mehr Know-how braucht. "Teilstücke, wo man nicht so ganz einfach spazieren gehen kann, sondern wo man sich schon irgendwo festhalten muss, wo es Leitern und Stahlseile gibt." Also wird Behr Mitglied im Deutschen Alpenverein.

Mittlerweile ist er Vorsitzender - sowohl im Landesverband in Berlin als auch in einer der vier Sektionen des DAV in der Hauptstadt, dem AlpinClub Berlin. Behr hat eine eigene Homepage, auf der er seine vielen Touren über die Jahre dokumentiert hat. Es gibt ein Bild, das ihn in Ecuador auf dem Cotopaxi, dem zweithöchsten Berg des Landes zeigt - im Schnee mit heller Schiebermütze, glücklich mit grauem Bart und einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Das Foto ist von 2004.

Arnold Behr auf dem Cotopaxi in Ecuador (Quelle: privat)
Arnold Behr auf dem Cotopaxi in Ecuador. | Bild: privat

Hygienekonzepte für die Berliner Klettertürme

2020 ist Behr auf einer anderen Route unterwegs. Aktuell setzt er alles daran, dass die Kletterhallen und die Outdoor-Anlagen in Berlin wieder öffnen beziehungsweise offiziell genutzt werden dürfen. "Es gibt eingereichte Hygienekonzepte", sagt er. Die liegen mittlerweile bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, "mit der Bitte um epidemiologische Stellungnahme." Die Situation auf den Außenbereichen sei für ihn vergleichbar mit der auf Kinderspielplätzen, "die werden auch nicht regelmäßig beaufsichtigt". Es geht nur mit Selbstdisziplin, was die Abstandsregelungen betrifft.

Die Klettertürme befinden sich unter anderem in Marzahn, im Mauerpark und am Teufelsberg, sind bis zu zwanzig Meter hoch und aus Beton. "Die aufgesetzten Griffe sind Kunstharz-Konstruktionen mit Sand und ähnlichen Ingredienzien, die sehr porös sind und Bakterien und ähnliches aufnehmen", erklärt Behr. "So, dass sie eine sehr kurze Überlebensdauer auf diesen Griffen hätten – wenn überhaupt." Als Magnesia-Ersatz, um beim Festhalten nicht abzurutschen, "gibt es inzwischen Liquid-Lösungen mit 70 Prozent Alkohol, die fast wirken wie Desinfektionsmittel." Und die wenigen Stellen aus Stahl würde man "in der Regel mit der Hand überhaupt nicht berühren."

Der Kletterturm Schwedter Nordwand im Mauerpark in Berlin (Quelle: imago images / Schöning)
Kletterturm "Schwedter Nordwand" im Mauerpark. | Bild: imago images / Schöning

Boomendes Bouldern bald auch olympisch

Klettern ist in, die Sportart wäre in diesem Sommer zum ersten Mal olympisch gewesen. Bei den mittlerweile auf 2021 verschobenen Spielen in Tokio sollten die Athletinnen und Athleten in einer Kombination aus drei Disziplinen an den Start gehen: nach Geschwindigkeit, am Seil – eine mindestens 15 Meter hohe Wand rauf – und im Bouldern. Gerade Letzteres boomt seit einigen Jahren bei den Jüngeren. Der Mix aus Kraft, Flexibilität und Koordination kommt an.

"Beim Sportklettern ist die Herausforderung die, dass ich in durchaus angenehmer Umgebung trainiere, bestimmte Schwierigkeiten zu absolvieren", sagt Arnold Behr. "Das fängt an beim zweiten Schwierigkeitsgrad, wenn Sie die Treppe hoch laufen und hört inzwischen beim zwölften auf – wenn Sie an ihrer Hausmauer von außen hochklettern." Der Deutsche Alpenverein hat aktuell 1,4 Millionen Mitglieder, über 25.000 sind es in Berlin, davon rund 4.300 im AlpinClub Berlin.

Herausforderung Kinder-Konzept

Behr ist optimistisch, dass die aktuell geschlossenen Kletterhallen bald wieder öffnen können, "wo es Aufsichtspersonal gibt, wo es Duschen gibt, wo es Handwaschbecken gibt, wo man Desinfektionsmittel aufstellen und den Zutritt regulieren kann." Was ihm mehr Kopfzerbrechen bereitet, sind die Kleinsten. "Wir haben Eltern-Kind-Gruppen, wo die Kinder, wenn sie krabbeln können schon mit in die Kletterhalle können", so Behr über die Jüngsten. "In der Regel ist das so, dass die Ausbildung unsererseits darin besteht, die Eltern anzulernen, wie sie sich kindgerecht in den einzelnen Situationen verhalten und man ein Kind so sichert, dass ihm auch wirklich nichts passieren kann."

Aber auch hier sind die großen Themen die Hygiene- und Abstandsregelungen. Eine Überlegung wäre die Anpassung der Gruppengrößen. "Wir haben üblicherweise bei Kindern eine eins-zu-drei-Betreuung. Es wäre wichtig, dass man die familienseitig gewährleistet", sagt Behr. "Oder wenn es über die Betreuer geht von uns, dann wahrscheinlich eine eins-zu-zwei-Betreuung." Noch gibt es für diese Altersklassen keine konkrete Idee, es ist eher ein geduldiges Vortasten von Tag zu Tag - immer im Einklang mit den aktuellen Entwicklungen der Corona-Pandemie.

Arnold Behr wartet also geduldig. "Es gibt in Berlin glaube ich 6.000 Vereine", sagt er und in seiner Stimme schwingt ein Lächeln mit. "Alle haben vor, über eine Art Ausnahmeregelung irgendwo ihren Sport wieder betreiben zu können oder zu dürfen. Da ist nicht nur der arme Behr mit seinem Konzept." Es ist ein Lernprozess, wie damals beim Wandern über und durch die Alpen.

Sendung: rbb Inforadio, 06.05.2020, 15.15 Uhr

Beitrag von Stephanie Baczyk

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