Interview | Füchse-Manager Bob Hanning - "Die Krise kam, als ich sie am wenigsten gebraucht habe"

Mi 10.06.20 | 14:38 Uhr
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Füchse-Manager Bob Hanning (Quelle: imago images/Jan Huebner)
Video: rbb UM6 | 09.06.2020 | 18:15 Uhr | Bild: imago images/Jan Huebner

Sie hatten einen neuen Trainer und namhafte Spieler verpflichtet, dann kam der Saisonabbruch. Die Corona-Krise hat die Füchse in einem ungünstigen Moment getroffen. Im Interview bilanziert Manager Bob Hanning die Verluste und blickt in die Zukunft.

rbb|24: Bob Hanning, der "Berliner Morgenpost" haben Sie vor ein paar Tagen erzählt, Sie seien sieben Wochen lang auf Treibsand unterwegs gewesen. Wie geht es Ihnen aktuell als Manager der Füchse Berlin?

Bob Hanning: Deutlich verbessert. Es war goldrichtig, die Situation auch ein stückweit auf sich wirken zu lassen und nicht in blinden Aktionismus zu verfallen. Es ging darum, Zahlen zu ordnen, Situationen einzuschätzen und darauf aufbauend einen Plan zu entwickeln, um den Erhalt des Bundesliga-Handballs in Berlin sicherzustellen.

Beschreiben Sie doch mal kurz, was für Zahlen Sie geordnet haben - sprich: Was durch die Corona-Krise und den Saisonabbruch konkret auf die Füchse zukam und noch kommt?

Als der Lockdown kam, glich das einem Berufsverbot. Der eigentliche Geschäftsbetrieb - neben der Jugendarbeit, die bei uns eine herausragende Rolle spielt - ist das Profigeschäft. Es ist also in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung, wenn man den Sport von heute auf morgen nicht mehr ausüben kann. Man muss die alte Saison abwickeln. Da geht es um Regressansprüche, Rückzahlung von Dauerkarten und gegebenfalls von Sponsorengeldern - aber auch um Einnahmeverluste. Das betrifft nicht nur die Zuschauer-Seite, weil wir unsere Heimspiele nicht austragen konnten. Es geht um die Situation, dass der ein oder andere Partner gar nicht in der Lage ist, seine Rechnungen auch zu bezahlen. Hinzu kommt, dass wir uns ein stückweit durch das Final Four im Europapokal hier in Berlin finanzieren wollten. Wenn auch das dann ausfällt, weiß man schon, vor welchen großen Aufgaben man steht, die man bewältigen muss, um erst einmal einen Schlussstrich unter die alte Saison ziehen zu können.

Und wie fällt der Blick nach vorne aus?

Da ist die Situation genauso. Die Füchse planen eigentlich mit einem Zuschauer-Etat von 1,5 Millionen Euro. Jeder weiß aber: Momentan sind Großveranstaltungen untersagt. Der Fußball spielt selbst draußen ohne Fans. Was heißt das jetzt für den Handball - womit können wir rechnen? Wir haben mit besagten 1,5 Millionen kalkuliert und tun es jetzt mit 500.000. Das heißt neben der Thematik, dass sowieso am Anfang einer Saison nicht alle Gelder im Vornherein da sind, fehlt uns schon mal eine weitere Million. Das gleiche gilt auch für das Sponsoring. Da gibt es auslaufende Verträge. Bei uns greifen die Automatismen, dass sie sich am 1. April automatisch verlängern.

Normalerweise zumindest.

Der eine oder andere Sponsor hat auch gesagt, wir kümmern uns erstmal um unsere eigene Firma - und schauen, was die nächsten Wochen passiert. In Zahlen reden wir da über 700.000 Euro. Es ist also ein sehr großer Komplex, der auf einen zukommt. Dass wir uns jetzt sechs, sieben Wochen später nicht mehr auf Treibsand bewegen, haben wir natürlich gerade unseren Partnern zu verdanken und der Arbeit der vergangenen 16 Jahre. In dieser Zeit haben die Füchse Berlin nicht ein einziges Mal auch nur einen Euro minus in einer Saison erwirtschaftet und sich zudem ein kleines Polster zugelegt. Keiner der Gesellschafter hat sich in diesem Unternehmen je auch nur einen Pfennig genommen. Alles, was wir übrig hatten, haben wir entweder ein stückweit in eine Rücklage oder komplett in die Nachwuchsförderung gesteckt. Das kommt uns jetzt absolut zu Gute - gerade weil unsere Partner von dem, wie wir arbeiten und was wir die ganzen 16 Jahre getan haben, sehr beeindruckt waren. Sie wollen besonders auch die Nachwuchsförderung hier für Berlin erhalten.

Sie haben schon die 16 Jahre Arbeit angesprochen. Die Füchse Berlin sind Ihr Baby. Wie hat sich denn für Sie diese Zeit angefühlt, in der vielleicht auch nicht klar war, ob man das so stemmen kann?

Ich glaube, dass ich ein Mensch bin, der bereit ist, täglich aus seiner Komfortzone rauszugehen. Aber man ist ja ganz oft von einer positiven Energie angeleitet. Wenn man auf einmal sieht, wie existenziell das Thema ist und sich als Geschäftsführer auch mit Themenfeldern befassen muss, merkt man schon diesen Druck, der ja kein positiver ist. Da stellt sich die Frage, wie schafft man es mit seinen Partnern Lösungen zu finden, dass es Bundesliga-Handball auch in den nächsten Jahren auf dem Niveau geben kann? Da habe ich sehr viel Kraft durch die eigenen Mitarbeiter, Spieler, Freunde und Sponsoren erfahren, die mir nicht nur rein wirtschaftlich helfen konnten, sondern auch dabei, Dinge richtig einzuordnen. Das war eine sehr spannende Aufgabe und wir sind jetzt in der Phase vom Treibsand in den weichen Sand. Aber man weiß: Wenn man Häuser bauen will, kann man das nur auf festem Untergrund tun.

Wie haben Sie denn die Spieler in dieser Phase erlebt oder erleben Sie jetzt noch, wo sie ihrem Beruf nicht nachgehen können?

Ich bin natürlich über Videokonferenzen mit vielen Spielern im Kontakt. Für die ist das natürlich auch eine ganz neue Situation. Am Anfang findet man das vielleicht auch noch ganz schön, weil man mal Verletzungen auskurieren kann und mehr Zeit für die Familie hat. Dann begreift man aber, dass es auch um die eigene Existenz in dieser Sportart geht. Dann muss man sich schon damit beschäftigen, weil j aniemand in seiner eigenen Blase lebt. Viele Spieler sind sehr reflektiert. Ich habe selbst mit dem einen oder anderen in der Halle trainiert, denn sie wollten doch etwas tun und ich konnte ihnen zumindest ein bisschen die Anleitung geben, wie man sich körperlich fit halten kann.

Wenn man mal einen Vergleich zieht zu den anderen Vereinen außerhalb des Fußballs, den Volleys, den Eisbären, Alba und ihren Möglichkeiten: Was war für die Füchse in dieser Krise die besondere Herausforderung?

Für uns ist die Herausforderung, dass wir gerade dabei waren, zu wachsen. Wir haben uns damit beschäftigt, wie wir in diesem Jahr noch in die Champions League kommen. Ich habe Stefan Kretzschmar als sportlichen Leiter verpflichtet, weil wir uns im Sport weiterentwickeln müssen. Wir haben mit Dainis Kristopans einen der teuersten Transfers meiner 16-jährigen Laufzeit gemacht - für drei oder vier oder fünf Spiele. Wir haben den Trainer nochmal gewechselt. Wir waren gerade in der Situation, durchzustarten, haben viel Geld in die Hand genommen, was wir uns über das Final Four im Europapokal und dann auch durch das Thema Champions League wieder zurückerwirtschaften wollten. Diese Krise ist genau an dem Tag gekommen, wo ich sie am allerwenigsten gebrauchen konnte. Deshalb war es eine riesen Herausforderung, das zu lösen.

Wie geht es denn jetzt weiter? Welche Herausforderungen kommen noch auf Sie zu?

Wir sind jetzt gerade dabei, die alte Saison abzuwickeln. Ich habe jeden Dauerkartenbesitzer selbst postalisch angeschrieben, die Situation erklärt und wir haben insgesamt 1.100 Euro an unsere Dauerkartenbesitzer zurücküberwiesen, was die Treue und das Herzblut unserer Fans zeigt. Wir konnte viele Themen der Sponsoren auf die nächste Saison lenken, sodass wir auch da viele gute Gespräche geführt haben. Jetzt geht es mir darum, dass wir die Firmen, denen es nicht so gut geht, trotzdem dabeibehalten können und schauen, was wir für sie tun können. Ich verstehe uns immer als große Familie. Man kann sagen, wir sind auf einem guten Weg. ich möchte aber möglichst viele Sponsoren mitnehmen. Wir müssen natürlich auch mit den Spielern sprechen, denn auch die müssen Teil der Hilfestellung sein. Ich kann aber sagen: Man merkt, dass die, die helfen können, uns auch helfen wollen.

Zum Schluss noch die Frage: Wann geht es sportlich wieder weiter - sprich mit dem Training und mit welcher Mannschaft?

Wir haben uns von dem einen oder anderen Spieler trennen müssen, das ist ja kein Geheimnis. Das ist Teil des Plans gewesen, um vernünftig in die nächste Saison zu kommen. Ich glaube, dass wir grundsätzlich die Kaderplanung abgeschlossen haben. Ich hoffe nicht, dass wir noch einen weiteren Spieler abgeben müssen. Das werden die nächsten Wochen zeigen. Wenn es notwendig ist, werden wir das tun. Die Mannschaft soll sich rund um den 15. Juli wieder zum gemeinsamen Training treffen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Dennis Wiese, rbb Sport. Es handelt sich um eine leicht gekürzte und redigierte Fassung.  

Sendung: rbb UM6, 09.06.2020, 18:15 Uhr

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1 Kommentar

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  1. 1.

    Bob Hanning ist so dermaßen unsympathisch, da vergeht einem regelrecht die Lust auf Handball. Sein Verhalten gegenüber Christian Prokorp war ekelerregend.

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