Hertha BSC empfängt den 1. FC Union - Geister-Derby Teil 2

Do 03.12.20 | 06:17 Uhr
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Proemel (l), Friedrich (m), Lukebakio (r) beim Derby Hertha gegen Union (Bild: dpa/ Stuart Franklin)
Audio: Inforadio | 04.12.2020 | Stephanie Baczyk/Astrid Kretschmar | Bild: dpa/ Stuart Franklin

Zum dritten Mal spielen in der Bundesliga Hertha BSC und der 1. FC Union Berlin gegeneinander. Zum zweiten Mal ohne Zuschauer, aber das Spiel können Fans am Freitag ab 20.04 Uhr im Livestream des Podcasts Hauptstadtderby auf rbb|24 verfolgen. Doch wie ist die Ausgangslage? Von Astrid Kretschmer und Stephanie Baczyk

Das Personal bei Hertha

Hertha BSC muss vor dem Derby um den Einsatz von Omar Alderete bangen. Der Abwehrspieler aus Paraguay hatte bei Herthas 0:0 am Sonntag in Leverkusen einen Schlag auf die Hüfte erhalten und "eine Art Bluterguss" (Trainer Bruno Labbadia) erlitten. Er habe die "Hoffnung, dass Omar spielen kann", zeigte sich Trainer Labbadia zuversichtlich auf der Spieltags-Pressekonferenz am Mittwoch. Sollte Alderete ausfallen, wäre Jordan Torunarigha eine Option. Der Innenverteidiger wird im Kader stehen. Der 23-Jährige war zuletzt über zwei Monate wegen eines Syndesmose-Teilabrisses und einer Corona-Infektion ausgefallen.

Wieder zur Verfügung steht auch Luca Tousart. Nach seiner Kniereizung sei der Franzose schmerzfrei und einem Einsatz stehe nichts im Wege. Ob Trainer Labbadia allerdings sein eingespieltes defensives Mittelfeld mit Stark, Guendouzi und Darida ändert, ist fraglich.

Es fehlen: Santiago Ascacibar (muskuläre Probleme), Jhon Cordoba (Sprunggelenksverletzung)

Das Personal bei Union

Auch wenn Mittelfeld-Routinier Christian Gentner und Innenverteidiger Nico Schlotterbeck für den Derby-Kader noch keine Option sind, zeigt sich Unions Coach Urs Fischer optimistisch ob der beiden wichtigen Personalien, die jetzt doch einige Zeit raus waren. "Ich muss sagen, dass es bei Schlotterbeck und Gentner in die richtige Richtung geht, das sieht schon wirklich sehr gut aus", so der Schweizer. Bei Flügelspieler Keita Endo steht noch ein Fragezeichen hinter seinem Einsatz, "ihn gilt es noch ein bisschen im Auge zu behalten, da kommt es auch drauf an, wie der Körper auf die Belastung reagiert, weil er doch zwei, drei Wochen weg vom Mannschaftstraining war." Endo hatte sich Anfang November in der Partie zu Hause gegen Arminia Bielefeld in der Anfangsphase verletzt, nachdem er zunächst sein erstes Tor für die Eisernen erzielt hatte.

Nach der jüngsten Meldung über vier Corona-Infektionen im Trainer- und Betreuerteam des 1. FC Union sind alle weiteren Tests bis Mittwoch negativ ausgefallen, die Betroffenen sollen in der kommenden Woche wieder zur Mannschaft stoßen.

Es fehlen: Christian Gentner, Nico Schlotterbeck, Anthony Ujah (nach Knie-OP), Joel Pohjanpalo (Sprunggelenksverletzung)

Die Form bei Hertha

Hertha holte am vergangenen Sonntag in einem zähen Bundesliga-Spiel ein 0:0 in Leverkusen. "Wir nehmen für das Derby das gute Gefühl mit, gut gestanden zu haben," sagt Hertha-Torwart Alexander Schwolow. Ein Teilerfolg, denn die Mannschaft zeigte eine Reaktion auf die 2:5-Schlappe gegen Borussia Dortmund. Aber auch wenn die Nullnummer beim Topteam Bayer von hoher taktischer Disziplin in der Defensivarbeit vor allem über 90 Minuten geprägt war, nach vorn ging dafür so gut wie gar nichts. Es stellt sich die Frage, wie jetzt im Derby Schwung in den Angriff kommen soll. "Das haben wir ja schon gezeigt , dass wir auch offensiv stark sein können", hält Trainer Bruno Labbadia dagegen. In der Tat gehörte das Suchen nach Umschaltmomenten und selber aktiv nach vorne Spielen durchaus zu den Stärken der Charlottenburger. Seine Mannschaft erzielte 15 Tore, erspielte sich allerdings nur zehn Großchancen. Dagegen stehen allerdings auch satte 18 Gegentore.

Im Gegensatz zum Stadtrivalen Union ist der Umbruch bei Hertha schlechter gelungen. Die Integration der acht Neuzugänge ist noch nicht komplett vollzogen. Bei Hertha ist man immer noch in der Findungsphase, nach dem Dortmund-Debakel mussten die Stürmer bei Bruno Labbadia nachsitzen, um das gemeinsame Anlaufen des Gegners zu trainieren. "Wir machen täglich Fortschritte mit den Spielern," erklärt Labbadia, "Das sind Prozesse, die wir jeden Tag angehen. Wir haben ein ganz klares Ziel, wo wir hinwollen."

Dass Union mit 16 Punkten schon acht Zähler mehr eingesammelt hat als die mit internationalen Ambitionen gestartete Hertha - genau das macht das aktuelle Stadt-Duell noch brisanter. Zudem will Hertha endlich im fünften Heimspiel den ersten Sieg landen. "Derby ist immer noch ein besonderer Reiz, das werden wir den Spielern vermitteln", will Trainer Labbadia sein Team einschwören. Drei Punkte seien "immer wichtig" - und im Derby geholt "nochmal doppelt süß".

Die Form bei Union

Union ist seit acht Spielen ungeschlagen, am vergangenen Wochenende gab es nach zuletzt drei Siegen in Folge ein spektakuläres 3:3 im Stadion An der Alten Försterei gegen Eintracht Frankfurt. Inklusive früher 2:0-Führung, die die Köpenicker locker in einen Vier-Tore-Vorsprung hätten verwandeln können - und spätem 2:3-Rückstand. Trainer Fischer lobte explizit, dass sein Team kontinuierlich spielerische Lösungen nach vorne suchte, den Tor-Hammer von Max Kruse zum Endergebnis beinahe erzwang, weil es im letzten Drittel mannschaftlich geschlossen Druck ausübte und Kruse so überhaupt erst in die Schuss-Position brachte.

Was das Duell gegen die Hertha am Freitagabend betrifft, wünscht sich Fischer mehr Zugriff aufs Spiel und die dazugehörige, passende Körpersprache. "Ich glaube schon, dass wir in unseren Auswärtsspielen gezeigt haben, dass wir mutig sein können, dass wir uns im Spiel mit dem Ball zutrauen, Lösungen zu finden", so der Schweizer. "Und wir müssen kompakt stehen, die Abstände müssen stimmen. Weil, wenn Du Lukebakio und Cunha Räume zugestehst, wenn sie Geschwindigkeit aufbauen können, dann sind sie wirklich diese Unterschiedsspieler."

Herthaner im Fokus

Union hat mit Max Kruse einen Spieler, der eine Partie entscheiden kann. Bei Hertha gibt es kein eindeutiges Gegenstück zu dem spielstarken offensiven Mittelfeldspieler der Köpenicker. Herthas Nummer 10, Matheus Cunha, bringt als Tortrickser Feuer ins Spiel und die Tore (6 Tore , 2 Assists). Darauf hofft auch Trainer Labbaddia beim Derby. "Wir haben auch so Spielertypen wie Max, die Spiele entscheiden können und da gehört Matheus definitiv dazu." Der 21-jährige Brasilianer, der als Ergänzungsspieler von Leipzig kam, habe schon "eine tragende Rolle". Labbadia weiter: "Emotionalität hat er drin. Diese Leidenschaft braucht er auch. Er beschäftigt den Gegner, fordert Bälle und nimmt hier gerade eine Entwicklung als Spieler."

Arsenal-Leihgabe Matteo Guendouzi kam, sah und war mit seinen spielerischen Qualitäten schnell der Chef im Mittelfeld. Er kann den Spielrhythmus diktieren. Der Franzose ist ein guter Ballverteiler, der auch mal das Spiel schnell machen kann. Der Lockenkopf wirkt trotz seines jungen Alters mit seinen Pässen (90 % kommen an) und seinem Auge schon sehr reif. Ob Matheus oder Matteo – für beide wird das Derby ein echter Härtetest.

Unioner im Fokus

Max Kruses Ausbeute und Skills sind aktuell eine Klasse für sich, elf Scorer-Punkte hat der 32-Jährige in neun Ligaspielen gesammelt. "Hoffentlich wird er wieder wichtig fürs Derby, ist ja auch seine Aufgabe", antwortet Urs Fischer auf die Frage nach der Wichtigkeit der Personalie für Union gegen Hertha auf der Spieltags-PK. "Ist ein toller Junge, immer für 'nen Spaß bereit, weiß aber auch, wenn er arbeiten muss." Zusammen mit Kruse glänzt aber auch das Team des 1. FC Union, gerade ein ehemaliger Herthaner überzeugt in dieser Saison.

Mittelfeld-Kämpfer Robert Andrich ist bei den Blau-Weißen groß, aber erst über Umwege bei den Rot-Weißen zum Bundesligaspieler geworden. Ackert und trifft in dieser Spielzeit überraschend verlässlich, gegen Frankfurt erzielte der gebürtige Potsdamer bereits seinen dritten Treffer für Union in der Liga. Andrich hat sich weiterentwickelt - dank seines Timings, der Strafraumbesetzung und der Frage, wann, in welcher Situation welcher Schuss angebracht ist. Als Favorit sieht er sich und seine Jungs trotz der besseren Tabellenplatzierung übrigens nicht, beziehungsweise ist es ihm schlicht egal. "Das müssen andere entscheiden", so Andrich. "Wir wollen ungeschlagen bleiben und das Spiel gewinnen."

Besonderheiten

So ein Derby steht für Knistern, Leidenschaft, große Emotionen... eigentlich. Denn Hertha BSC und den 1. FC Union erwartet coronabedingt ein trauriges, leeres Berliner Olympiastadion. Und im Gegensatz zum Duell im Mai, als die Herthaner mit 4:0 gewannen, wird's am Freitagabend auch noch richtig kalt. "Es wäre fantastisch, wenn wir ein volles Stadion hätten, weil du dann selbst ganz anders hinfieberst, weil auch die ganze Stadt mitfiebert. So bekommt man ganz, ganz wenig mit", fasst Bruno Labbadia die bevorstehende Geisterkulisse kompakt zusammen. "Aber der Wert bleibt gleich", sagt Urs Fischer. "Es ist ein Derby. Da geht's auch ein bisschen um eine gesunde Rivalität und Emotionen." Nur für die müssen beide Teams ganz alleine sorgen - ohne die Unterstützung der Fans.

Sendung: rbb|24, 04. Dezember 2020, 20:04 Uhr

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5 Kommentare

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  1. 5.

    Robert Andrich hat sich in dem Fall auf die oben erwähnten acht Spiele in Folge ohne Niederlage bezogen. Grüße! :-)

  2. 4.

    Wenn ich das im Fernsehen sehen kann, bin ich schon zufrieden, ich bin nicht so der Stadiongänger. Sehen wir das Positive, man spart sehr viel Geld für den Polizeieinsatz ;-)
    Möge der bessere gewinnen - Eisern ;-

  3. 3.

    "Wir wollen ungeschlagen bleiben und das Spiel gewinnen." - Augsburg hat er wohl vergessen. ^^

  4. 2.

    Zum Glück gibt es veganes Bier und alkoholfreie Bratwurst. Und im Fernsehen gibt es (Dank neuester Technik) auch besseres Programm als Geisterspiele.

  5. 1.

    Ja ich bin Fußballfan.Aber momentan geht es mir am Ar... vorbei .
    Fußball ohne Zuschauer ist wie Vegane Bratwurst und Alkoholfreies Bier.

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