Interview | Atmosphäre der Paralympics - "Die Busse werden versiegelt, damit niemand vorher aussteigt"

Do 26.08.21 | 18:28 Uhr | Von Tony Schönberg
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Paralympics: Para-Tischtennis, Vorkämpfe, Frauen, Einzel, Wolf (Deutschland) - Mao (China), im Tokyo Metropolitan Gymnasium. Juliane Wolf in Aktion. (Quelle: dpa/Marcus Brandt)
Bild: dpa/Marcus Brandt

4.500 Sportler treten in Tokio bei den Paralympics an – abgeschottet im paralympischen Dorf vom Rest der japanischen Bevölkerung. Tischtennisspielerin Juliane Wolf aus Eisenhüttenstadt berichtet von einer außergewöhnlichen Atmosphäre.

Im November 2020 infizierte sich Juliane Wolf mit Corona. Als die Para-Tischtennisspielerin nach mildem Krankheitsverlauf und bestandenem Gesundheitscheck wieder die Freigabe für den Trainingsbetrieb bekam, könnte ihr ein Zufall das Leben gerettet haben. Wolf nahm an einer freiwilligen Corona-Studie teil - und dabei wurde eine Herzmuskelentzündung entdeckt.

Hätte sich die gebürtige Brandenburgerin, die seit Geburt mit Cerebralparese motorisch eingeschränkt ist, damit im Training und Wettkampf wieder voll belastet, hätte das fatale Folgen haben können. Doch ein gutes halbes Jahr später hat es die 33-Jährige zu den Paralympics nach Tokio geschafft.

rbb|24: Frau Wolf, Sie hatten am Mittwoch Ihre erste Tischtennis-Partie bei den Paralympics in Tokio. Wie war der Auftakt?

Juliane Wolf: Ich bin gegen die absolute Favoritin in meiner Wettkampfklasse gestartet, die Chinesin Jingdian Mao. Zwei Sätze waren wirklich knapp, aber ich bin null zu drei nach Sätzen unterlegen. Ich wusste, dass es total schwer wird, ich habe noch nie gegen sie gewonnen. Es ist ok, gegen sie zu verlieren. Das Spiel habe ich abgehakt, am Freitag geht's weiter [Anm. d. Red.; gegen die Japanerin Yuri Tomono].

Wir erreichen Sie in einem kleinen Zimmer im paralympischen Dorf. In Japan steigen die Infektionszahlen gerade immer weiter. Wie frei können Sie sich bewegen?

Wir dürfen uns im Dorf aufhalten, wir dürfen zu unserer eigenen Wettkampfstätte, mehr nicht. Andere Wettkämpfe dürfen wir nicht anschauen. Nicht alle Sportler sind im paralympischen Dorf untergebracht. Aber hier ist der Vorteil, dass man in die Speisehalle gehen darf, man kann durchs Dorf spazieren. Wir dürfen in den Bus steigen und wir dürfen rausgucken. Die Busse werden mit Aufklebern versiegelt, wenn wir eingestiegen sind. Denn bei der Ankunft soll sichtbar sein, dass wirklich keiner vorher ausgestiegen ist.

Das hört sich sehr streng an. Bei Ihren ersten Spielen in Rio de Janeiro vor fünf Jahren ging es deutlich bunter zu. Wie geht es Ihnen nun in dieser Stille?

Dadurch, dass sich die Tischtennis-Wettbewerbe über den kompletten Zeitraum ziehen, hätte ich jetzt eh kein Sightseeing gemacht. Wir haben in Rio in der Woche vorher andere Orte besucht. Aber es war von vornherein klar, dass das hier nicht möglich ist. Wir sitzen jetzt nicht in der Halle und trauern, dass keine Zuschauer da sind. Man konzentriert sich auf den Wettkampf und das ist das wichtigste.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Tony Schönberg für Antenne Brandenburg. Der Text ist eine redigierte und gekürzte Fassung.

Sendung: Antenne Brandenburg, 26.08.2021, 14:40 Uhr

Beitrag von Tony Schönberg

2 Kommentare

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  1. 2.

    Warum dürfen die sich nicht frei bewegen? Wegen Corona? Weil deren Behinderung anstecked ist? Weil sie Böses machwen könnten?

  2. 1.

    Es ist schon sehr schade, dass durch das doofe Virus der eigentliche Sinn der olympischen Spiele nicht zum Tragen kommen kann...

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