Wettkampf-Pause auch für Herthas U19 - Ohne Spielpraxis kaum Chancen aufs Profi-Geschäft

Mi 03.02.21 | 17:30 Uhr
Die A-Jugend-Spieler von Hertha BSC jubeln gemeinsam nach dem Sieg über Paris Saint-Germain in der UEFA Youth League. (Quelle: imago/Nordphoto)
Audio: Inforadio | 04.02.2021 | Lukas Scheid | Bild: imago/Nordphoto

Während die Profi-Fußballer ihrem normalen Wettkampfkalender folgen, steht bei den Amateuren und Junioren noch immer alles still. Auswahlkader dürfen zwar trainieren, können sich aber nicht für höhere Aufgaben anbieten. Es droht eine Generation ohne Spielpraxis. Von Lukas Scheid

Seit Beginn der Corona-Pandemie hat die A-Jugend von Hertha BSC gerade einmal vier Pflichtspiele absolviert. Nach dem Saisonabbruch Mitte März 2020 rollte sechs Monate lang kein Ball in der U19-Bundesliga Nord/Nordost. Im September war es dann endlich wieder soweit und die neue Saison startete mit einem fulminanten 5:1-Sieg der Hertha-Junioren gegen den Eimsbütteler TV. Nur vier Wochen, drei Liga- und ein Pokalspiel später war dann auch schon wieder Schluss. Am 1. November wurde der Spielbetrieb für den Amateursport mit dem erneuten Lockdown abermals eingestellt.

Das Wettkampfverbot gilt bis heute. Wer jedoch einer Auswahlmannschaft oder einem Berliner Landeskader angehört, darf immerhin trainieren. Die Spieler von Michael Hartmann, U19-Trainer bei Hertha, gehören zu den Glücklichen. Sie trainieren ausschließlich an der frischen Luft, derzeit aufgrund der Schulferien immerhin einmal täglich - anders als noch im Frühjahr 2020. "Das ist der große Vorteil im Gegensatz zum vorigen April, als wir gar keinen Kontakt haben durften", erzählt Hartmann, "solange man in Spielform arbeiten kann, was den Jungs am meisten Spaß macht, ist es nicht so zäh."

Spieler können sich nicht präsentieren

14 Spieler trainieren zurzeit in Hartmanns U19. Das bedeutet, ein Trainingsspiel auf dem Großfeld ist nicht möglich. "Wir können nicht mal Neun gegen Neun oder Zehn gegen Zehn spielen." Auf dem Kleinfeld könne man zwar Schnellkraft und Richtungswechsel trainieren, aber die großen Räume und das Ausdauertraining fehlen, sagt der Juniorentrainer.

Für die Entwicklung vor allem der älteren Jahrgänge sei das schwierig, so Hartmann: "Du brauchst die Spielpraxis und einen gewissen Rhythmus, um dich weiterzuentwickeln." Noch problematischer ist laut Hartmann jedoch, dass sich die Spieler nicht präsentieren, nicht in den Fokus spielen können - gerade an der Schwelle zum Männer- und damit Profi-Fußball. "Es wird eine ganze Weile dauern, bis sie dieses Jahr aufgeholt haben. Wenn sie es überhaupt schaffen", glaubt Hartmann.

Netz und Dárdai mit guten Chancen, aber fehlender Spielpraxis

Zwei U19-Spieler, die gute Chancen haben, den Sprung zu den Profis zu schaffen, sindLuca Netz und Márton Dárdai. Beide trainieren bereits mit dem Bundesliga-Team der Hertha und stehen auch regelmäßig im Profikader. Der 18-jährige Dárdai kam dabei in dieser Saison bislang zu zwei Kurzeinsätzen und insgesamt 16 Spielminuten.

Der 17 Jahre alte Netz spielte zwar häufiger, gegen Werder Bremen und Eintracht Frankfurt sogar von Beginn an, doch der mangelnde Spielrhythmus könnte laut Hartmann die Chancen auf weitere Einsätze verringern: "Klar, du kannst einen Spieler mal reinwerfen. Aber das heißt noch lange nicht, dass er dann auch 90 Minuten auf Top-Niveau spielen kann."

Saisonfortsetzung völlig offen

Ob die ausgefallenen Spiele im Nachwuchsbereich nachgeholt werden, ist momentan noch offen. Bis April werden voraussichtlich keine Wettkämpfe stattfinden können. Anschließend könnte es entweder eine Saisonfortsetzung mit mehreren Spielen pro Wochenende geben oder ein großes Turnier. Für Michael Hartmann wäre sogar eine komplette Saisonabsage denkbar. Dann würden die Vereine Freundschaftsspiele gegen andere Mannschaften in der Region vereinbaren, um auf diese Weise die Spielpraxis nachholen zu können.

Bis dahin bleibt seiner Mannschaft nur das abgespeckte Training. Dennoch, Hartmann ist froh, dass er mit seiner Mannschaft überhaupt trainieren kann. Amateur- und Jugendmannschaften, die nicht zum Spitzensport gehören, dürfen sich auch nicht zum gemeinsamen Training treffen, sondern müssen schon seit November individuell trainieren. Für die sei das noch schwieriger, weiß der Trainer - auch aus der Erfahrung im letzten Frühjahr.

Sendung: Sport im rbb Inforadio, 04.02.2021, 10:15 Uhr

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