30 Jahre Mauerfall - Die Flucht der Inka Jankowski in den Westen

Oktober 1989. Der erste Zug mit Prager Botschaftsflüchtlingen verlässt Prag Richtung Westen. Er muss durch die DDR fahren. Inka Jankowski und ihr Bruder leben in Freienhufen bei Großräschen. Sie wollen auf den Zug aufspringen. Ihre Flucht wird zur Odyssee.
Inka Jankowski und ihr Bruder sehen im Oktober 1989 Fernsehberichte über die Ausreise der DDR-Flüchtlinge, die in der Prager Botschaft der BRD ausgeharrt hatten. Die Züge fahren über Dresden. Inka, damals 18 Jahre alt, hört davon, dass im Bahnhof Menschen auf den fahrenden Zug aufgesprungen sind. Genau das wollen Inka und ihr Bruder auch.
Der Plan wird schnell verworfen. Zu voll der Bahnhof, zu widrig die Umstände. Am nächsten Tag machen sie sich auf den Weg in die Tschechoslowakei. Sie rennen über Wiesen und Koppeln und wollen nach Prag trampen. Dorthin, wo die Züge mit Flüchtlingen in den Westen fahren.
Ein Auto hält - es ist das falsche
Das tschechische Auto fährt mit den beiden Deutschen in eine Nebenstraße, ein anderer Mann steigt zu. Jetzt wird den Flüchtlingen klar, hier stimmt was nicht. Und tatsächlich bringt der Wagen die zwei zu einer Polizeistation. Inka und ihr Bruder treffen eine Entscheidung, sobald das Auto hält, fliehen sie.
Inka stürzt beim Wegrennen, einer der Autofahrer will sie festhalten, Inkas Bruder versucht seine Schwester zu befreien. Es gelingt. In den folgenden Stunden verstecken sie sich in Gräben und auf Garagendächern, aus Angst, gefunden zu werden.
Sie wähnen sich irgendwann auf der richtigen Straße die nach Prag führt. Da werden sie plötzlich von bewaffneten Männern überrascht, auch Schäferhunde sind dabei.

Übermüdet, durstig, hungrig, nasse Klamotten
Mit einem Jeep geht es zurück. Zurück zu jener tschechischen Polizeistation, vor der sie noch fliehen konnten. Sie werden verhört, sollen den Ort verraten, über den sie in die CSSR gekommen sind. Sie sagen es nicht. In nassen Klamotten, völlig übermüdet, durstig und hungrig verbringen sie die Nacht in der Station.
Am nächsten Tag, es ist der 5. Oktober 1989, werden Inka und ihr Bruder in die DDR zurückgebracht. Sie kommen nach Löbau, dort verhört sie die Staatssicherheit. Sie wirft beiden Landesverrat vor.
Sie können Löbau verlassen. Inka geht am Montag zur Arbeit. Ihr Chef kündigt ihr fristlos.

Am 14. November schließlich erhält Inka Jankowski (heute Semsch) ein Schreiben. Darin wird ihr mitgeteilt, dass das gegen sie eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen ungesetzlichen Grenzübertritts durch den Amnestiebeschluss des Staatsrates der DDR vom 27.10.1989 eingestellt ist.
Abesender: Staatsanwaltschaft des Kreises Senftenberg.
Offiziel reisen Inka und ihr Bruder am 17. November 1989 aus. Heute lebt Inka Semsch in der Nähe von Stuttgart.