Konzertkritik | Gedenkkonzert "Zusammen. Hier." - Staatstheater Cottbus zeigt Solidarität mit Israel

Mi 01.11.23 | 08:27 Uhr | Von Maria Ossowski
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Archivbild:Der Intendant des Staatstheaters Cottbus, Stephan Märki, steht am 25.10.2023 vor einem Plakat, auf dem zu einem Solidaritätskonzert eingeladen wird.(Quelle:dpa/F.Hammerschmidt)
Audio: rbb24 Inforadio | 01.11.2023 | Maria Ossowski | Bild: dpa/F.Hammerschmidt

Das Staatstheater Cottbus hat zu einem Gedenkkonzert für die Opfer des Hamas-Massakers eingeladen. Das Konzert war auch als Mahnung gegen wachsenden Antisemitismus gedacht. Von Maria Ossowski

Das "Lacrimosa" aus Mozarts Requiem hat viele der 600 Gäste im ausverkauften Cottbuser Staatstheater zu Tränen gerührt. Es war den Opfern des Massakers in Israel gewidmet. Ebenso tränenreich das jüdische Gebet El Male rachamim, "Gott des Erbarmens" zum Gedenken der Toten. Die israelische Sängerin Tehila Nini Goldstein klagt und betet, die Toten mögen im Garten Eden in Frieden ruhen.

Zeichen gegen Antisemitismus

Es begleitete sie am Klavier der jüdische Musikwissenschaftler Jascha Nemtsov. Die Solisten, das Philharmonische Orchester des Staatstheaters und der Chor der Singakademie präsentierten ein ergreifendes Konzert. Mit ihm wollte das ganze Team rund um den Intendanten des Cottbuser Staatstheaters, Stephan Märki, ein Zeichen setzen - vor allem gegen den Antisemitismus.

Jüdinnen und Juden, so Märki, waren nie seit dem zweiten Weltkrieg so bedroht wie im Moment, und es geht ihm um weitere Zeichen "für Trost, für Hoffnung, für ein friedliches Miteinander. Dieses Mitgefühl für Israel, für die Opfer des schrecklichen Terroranschlags der Hamas schließt das Mitgefühl für die vielen unschuldigen Opfer in Gaza mit ein. Ich bin überwältigt von der Resonanz des Publikums, die Standing Ovations hier, diese Vibrations im Raum waren überwältigend", sagt Märki.

Er meint den minutenlangen Applaus am Schluss. Die Leute standen spontan auf, und mittendrin zeigte sich erschüttert und begeistert zugleich der Oberbürgermeister der Stadt, Tobias Schick: "Ich bin stolz auf Cottbus und auf dieses Theater. Es ist überall ganz wichtig, nicht nur in der Kultur, dass wir alle nicht schweigen." Es dürfe kein Wegducken, Wegschauen, Ausblenden geben. "Uns haben ganz furchtbare Nachrichten erreicht. Es war großartig, diese Kraft im Raum zu spüren, die zeigt: wenn Jüdinnen und Juden irgendwo angegriffen werden, diffamiert werden, dann geht uns das alle an", so Schick

Ein junges jüdisches Paar ist extra aus Berlin angereist. David erklärt: "Gerade weil uns der Krieg und Konflikt insgesamt auch persönlich besonders betrifft, hat sich das richtig angefühlt, abends herzukommen", sagt er. "Wir haben uns Zeit genommen trotz des Studiums. Bei anderen Konflikten kam es mir auch vor, dass es mehr Solidaritätskonzerte gab. Bei diesem Krieg eher weniger. Deshalb ist das besonders hier, deshalb sind wir gekommen."

Die Cottbuser und die Gäste aus der Umgebung zeigten sich vom Konzert beeindruckt, eine Frau aus Forst ist sehr bewegt: "Das ist eine wunderbare Veranstaltung gewesen, die einmalig in der Landschaft war. Man hat wirklich mitgefühlt." Ein Zuschauer hat sich die weiße israelische Fahne mit dem blauen Davidstern umgelegt: "Es wird Zeit, dass ein Zeichen gesetzt wird. Das berühmte 'Nie wieder' ist jetzt. Mit dem Bewusstsein bin ich hier. Das hat mich wirklich mitgenommen."

Das Vierspartenhaus in der Lausitz hat mit Kreativität und Mut in kürzester Zeit ein anrührendes und aufwühlendes Konzert für die Opfer des Hamas-Massakers auf die Beine gestellt. Leider ist dies eine viel zu seltene Geste in der deutschen Kulturszene.

Sendung: rbb24 Inforadio, 1.11.2023, 6 Uhr

12 Kommentare

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  1. 12.

    Ich danke Stephan Märki von ganzem Herzen für die Zivilcourage - gerade in Cottbus, wo doch die Stadt in der öffentl. Wahrnehmung bislang für anderes steht. Er ist einer der viel zu Wenigen, die nicht unerträglich vermischen, was erst einmal für sich betrachtet werden muss und dann erst, sozusagen im nächsten Schritt, zusammengebracht werden kann:

    Gleich aller möglichen Vorgeschichte (dazu) kann es KEINE irgendwie geartete Begründung für den Terrorangriff vom 7. Okt. geben. Alles andere damit unverzüglich "in Verrechnung" zu setzen, ist faktisch eine Verharmlosung des Terrorangriffs.

    Erst aus solch einer Erkenntnis heraus kann dann in einem zweiten, dritten Schritt Weiteres dazukommen. Dazu gehört mittel- u. langfristig auch die Frage, die in Israel u. Palästina sichtlich ungelöst ist: Wie kann /wie können Staaten geschaffen werden, die die unabdingbare Heimstatt für Juden ebenso beinhalten wie ein gleichrangiges Verhältnis aller anderen Religionen und Kulturen? Unmöglich?

  2. 11.

    Die Hamas ist als 2006 aus Wahlen als Sieger hervorgegangen. Man kann deshalb durchaus parallelen zum III. Reich ziehen. Auch damals hatte das Nazi-Regime viel Leid über das eigene Volk, dass den Führer bejubelt hatte, gebracht.

    Dabei ist selbst nach humanitärem Völkerrecht ein Krankenhaus, welches gleichzeitig militärisch als Waffendepot oder Kommandozentrale etc. genutzt wird, ein legitimes Ziel. Ganz zufällig nutzt dabei die Hamas vor allem die ärmeren Viertel in Gaza, nicht aber die Quartiere der Wohlhabenden als Basis.

  3. 10.

    Die Terroristen unterdrücken die Palästinenser. Terror bringt nämlich keine Freiheit. Man kann die Palästinenser vom Terror befreien und viele werden das auch erhoffen. Terror bringt Hass und Unfreiheit. Siehe IS.
    Siehe Hisbollah.

  4. 9.

    Sie schweigen aber nicht, Sie sagen laut etwas. Aber Sie reden nicht über die Opfer des Terrors und wer so beginnt, blendet die Ursache der Situation vollkommen aus. Es gibt auch Leugner des Holocaust, jene die Verbrechen nicht beim Namen nennen. Ich bin eher für den Mut, den Opfern tiefes Mitgefühl und Solidarität zu übermitteln, mit Worten, mit Tönen, mit Aktivität, nicht mit dem lauten Schweigen unserer Vorfahren.
    Der Terror ist die einzige Ursache der Situation.

  5. 8.

    Sie verdrehen da etwas und mich entsetzt Ihr Verständnis von Völkerrecht, Terror, Selbstverteidigung und Barberei. Was konnten Sie nicht verstehen? Das die Terroristen sich immer noch hinter Zivilisten verstecken? Das die Opfer des Terrors und die Angriffe verschiedener Terrorgruppen dem Staat Israel und seinem Volk mit Vernichtung drohen? Es wird seit 2 Wochen gesagt, die Palästinenser sollen Gebiete verlassen, in denen Terroristen sich feige hinter Zivilisten verstecken, wer hat die Israelis gewarnt? Warum bleiben Palästinensische Zivilisten dann trotzdem dort? Weil es die Familien der Terroristen sind? Israel verteidigt sich und das ist völkerrechtlich ok. Nicht ok ist der Terrorismus, richten Sie Ihre Botschaft an jene, die mit Hass und Fake News Hass schüren.
    Sie wissen schon, hätten Terroristen nicht schlafende Unschuldige bestialisch massakriert, gäbe es jetzt nicht die Verteidigung eines Existenzrechts von Israel.

  6. 7.

    Hätte nie geglaubt, Ihnen meinen Dank auszusprechen, aber Ihre Kommentare zu diesem Thema sind klar und richtig. Es tut gut, diese Geradlinigkeit zu lesen, danke für den Mut und diese Haltung.

  7. 6.

    Bitte richten Sie Ihren Protest an jene, die Menschen Hände und Füße und Köpfe abgeschlagen haben, an jene Terrorgruppen, die Israel attackieren. Richten Sie Ihren Protest an die Verursacher, klar und deutlich, die ganze westliche Welt wird übrigens vom Terror bedroht, richten Sie Ihre Proteste an jene, die einem Volk, einem Land das Existenzrecht absprechen. Nie wieder ist jetzt, es gibt keine Relativierungen, sie bestehen meist nur aus purem Antisemitismus.

  8. 5.

    Deswegen macht es Sinn alle Palästinenser im Gaza-Streifen zu bombardieren ?
    Und dabei nebenbei durch Kollateralschäden an getöteten Frauen und Kindern wieder eine ganz neue Generation von Hamas-Terroristen heranzuzüchten und quasi zu legitimieren?

    Und ich habe sehr wohl Verständnis für das Schweigen vieler(welches ja sehr wohl auch zur Meinungsfreiheit gehört). Mitunter mag dies klüger sein als eine unterkomplexe Floskel laut herumzuposaunen.
    Der Grat zwischen Solidaritätsbekundungen und blanker Propaganda ist gerade in akuten Kriegssituationen nunmal sehr schmal.

  9. 4.

    Israel hatte sich 2005 sogar vollständig aus Gaza zurück gezogen. Die Hamas-Nomenklatura konnte das Luxus-Leben dort genießen- bis zu deren Terror-Angriff auf Israel vom 07.1023. An Versöhnung sind Hamas und deren Finanziers nicht interessiert. Im Gegenteil wird weiterhin die Vernichtung der Juden und des Staates Israel sowie die Gründung eines islamistischen Staates nach dem Vorbild Irans angestrebt. Mit welch beispielloser Grausamkeit die dabei in Israel vorgegangen sind, sollte sich mittlerweile herum gesprochen haben. Dabei ist die geteilte Aufmerksamkeit des Westens zudem noch ganz im Sinn anderer Mächte, die sich auch der erwartbaren Reaktion Israels bewusst gewesen sein müssten.

  10. 3.

    Frieden wird es nur durch Versöhnung geben. Die israelische Politik nach Rabin bewirkt das Gegenteil. Netanjahu wird sich dafür verantworten müssen, dass er trotz Vorwarnung 80% der Soldaten von Gaza abgezogen hat. Gaza ist ein Ghetto., ohne Perspektive für die Insassen. Bombardements von Wohngebieten sind Kriegsverbrechen. Ich denke auch an die über 7000 getöteten Palästinenser, die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Der Hass wächst auf beiden Seiten.
    Übrigens gibt es reiche Gasvorkommen vor Gazas Küste. Die Leidtragenden sind die Zivilisten. Für die sollten wir Partei ergreifen.

  11. 2.

    "Nie wieder!" ist jetzt! Danke für das klare Zeichen! Cottbus hat zwar seit Jahren ein Problem mit Rechtsextremisten, schafft es jedoch anders als linksliberale Kulturschaffende in der Hauptstadt ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen.

  12. 1.

    Cottbus macht es vor: mein "Danke" dafür kommt von ganzem Herzen. Ich hoffe immer noch, dass Berlin endlich folgt. Berlin wo bleibst du? Du bist Hauptstadt, auf dich wird geschaut. Ich bin sehr traurig und enttäuscht über mein Berlin, dafür aber sehr stolz auf Cottbus: nochmal Danke.

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