Klassenfahrt in Brandenburg abgebrochen - Polizei befragt Jugendliche zu Rassismus-Vorfall in Heidesee

Di 09.05.23 | 17:57 Uhr
  50
Symbolbild: Ein Mann schaut über den Zaun eines Ferienlagers in Heidesee. Nach der rassistischen Beleidigungen von Berliner Schülerinnen und Schüler während eines Aufenthalts in einer Ferienanlage in Südbrandenburg hat sich die Einrichtung bestürzt über den Vorfall gezeigt. (Quelle: dpa/M. Bahlo)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 09.05.2023 | C. Hölscher | Bild: dpa/M. Bahlo

In Heidesee sollen Berliner Schüler rassistisch beleidigt und bedroht worden sein. Erst im April hatten Lehrkräfte einer Schule in Burg von rechtsextremen Vorfällen berichtet. Laut einer Brandenburger Opferberatungsstelle ist das nur die Spitze des Eisbergs.

Nach rechtsextremen Vorfällen in einer Schule in Burg (Spreewald) und rassistischen Anfeindungen gegen eine Berliner Schulklasse in Heidesee (Dahme-Spreewald) stehen Ermittlungen und Aufarbeitung im Fokus.

Die Polizei befragt noch in dieser Woche Schülerinnen und Schüler zu dem rassistischen Vorfall in einer Freizeiteinrichtung am Frauensee. Wie eine Polizeisprecherin am Dienstag mitteilte, würden Brandenburger Beamte dafür in die Hauptstadt fahren. Der Staatsschutz ermittelt wegen des Verdachts der Volksverhetzung und Bedrohung.

Unterdessen sind Beratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt alarmiert über zunehmende Aggression gegen Kinder und Jugendliche. Sie registrieren eine Zunahme rassistisch motivierter Angriffe gegen Kinder und Jugendliche.

Bundesinnenministeriun Faeser fordert schnelle Aufarbeitung

Schülerinnen und Schüler einer zehnten Klasse aus Kreuzberg, größtenteils mit Migrationshintergrund, wollten am Wochenende am Frauensee ein Mathematik-Camp veranstalten. In der Nacht zum Sonntag sollen sie dann von anderen Gästen der Einrichtung rassistisch beleidigt worden sein und reisten daraufhin ab.

Am Montag wurde bekannt, dass sich anlässlich des Gedenkens an das Ende des Zweiten Weltkriegs knapp 50 Anhänger der putinnahen Rockergruppe "Nachtwölfe" in einer Ferienanlage in Heidesee einquartiert hatten. Ein Zusammenhang zum Vorfall am Frauensee besteht offenbar aber nicht, die "Nachtwölfe" sollen nach Angaben der Gruppe auf "Facebook" in einer anderen Anlage untergekommen sein.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte am Dienstag, die mutmaßlich rassistischen Vorfälle in Heidesee möglichst schnell aufzuarbeiten. Ziel müsse es sein, zu verhindern, "dass so etwas noch einmal passiert". Den Rechtsextremismus nannte Faeser "die größte Bedrohung für Demokratie in unserem Land".

Gemeindevertreterin äußert sich bestürzt

Weil Verdacht auf politisch motivierte Straftaten besteht, hat der Staatsschutz des Brandenburger LKA die Ermittlungen übernommen, die wegen Volksverhetzung und Bedrohung geführt werden. Allerdings ist über die Hintergründe der mutmaßlichen Täter bislang kaum etwas bekannt. Von 28 Personen seien die Identitäten festgestellt worden, sagte eine Polizeisprecherin am Montag. Ob es sich bei allen um Tatverdächtige handele, sei noch unklar hieß es zunächst - und auch am Dienstag gab die Polizei auf Anfrage keine weiteren Details bekannt.

Kristin Drukiewicz (CDU), Mitglied im Ausschuss für Kita, Schule und Soziales in der Gemeinde Heidesee, äußerte sich im Gespräch mit dem rbb am Dienstag bestürzt über den Vorfall. "Ich bin schockiert, dass so etwas in unserer Gemeinde passiert ist, Rassismus verurteilen wir aufs Schärfste. Mich überrascht dieser Vorfall aber auch, so etwas hat sich hier nie ereignet und bisher ist mir auch nichts über eine rechtsextreme Jugendszene in Heidesee bekannt."

Kinder der "Basballschlägerjahre"-Generation

Anne Brügmann vom Verein Opferperspektive, einer Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt, sagte im Gespräch mit dem rbb am Dienstag hingegen, sie würde sich nicht über rechtsextreme Umtriebe bei den Jugendlichen in der Region wundern. "In unserer Arbeit kommt es immer mal wieder vor, dass Schülerinnen und Schüler, die gemeinsam unterwegs sind angegriffen werden."

Königs Wusterhausen sei in den 90er Jahren zudem ein absoluter Schwerpunkt rechter Gewalt gewesen, so Brügmann. "Nach wie vor ist es ein Gebiet mit sehr verfestigten rechten Strukturen. Wir erleben es häufig, dass es sich bei den jungen Menschen, die als Täter bekannt werden, um die Kinder der 'Baseballschlägerjahre'-Generation handelt."

Allein im vergangenen Jahr habe der Verein 137 rassisitische und antisemitische Gewalttaten mit fast 300 Betroffenen registriert. "Wir nehmen deutlich mehr rechtsextremistische Taten auf, als die Polizei als rechtsextremistisch anerkennt aber auch wir wissen, dass wir nur einen Bruchteil von diesen Leuten erreichen, die von solchen Vorfällen betroffen sind. Was davon am Ende bekannt wird, ist nur die Spitze des Eisberges."

Demonstration vor Schulamt in Burg

Unterdessen werden in Brandenburg die Rufe nach mehr Mitteln für Projekte gegen Rechtsextremismus laut. Vertreter mehrerer Landtagsfraktionen haben sich am Dienstag in Potsdam dafür ausgesprochen, deren Finanzierung zu verbessern.

SPD und Grüne etwa verlangen, die Demokratiebildung auch außerhalb der Schulen zu stärken. Aus der Linken kommt die Forderung, mehr in die Bildungs- und Jugendarbeit zu investieren. Die Freien Wähler kündigten an, das Thema in der nächsten Sitzung des Innenausschusses auf die Tagesordnung zu setzen.

Ende April hatten sich mehrere Lehrkräfte einer Schule in Burg (Spreewald) in einem Brandbrief über rassistische, sexistische und homophobe Vorfälle berichtet. "In diesem Zusammenhang melden sich auch Lehrkräfte anderer Schulen, die ähnliche Dinge berichten und sagen, dass sie nicht wissen wohin mit diesen Erfahrungen."

Die Lehrkräfte, die in einem anonymen Brief rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule in Burg öffentlich gemacht haben, wollen an diesem Dienstag gemeinsam mit anderen Lehrern, Schülern und Eltern gegen Diskriminierung und Rechtsextremismus demonstrieren. Die Verfasser des Briefes beklagen, dass sie täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert seien. Die Kundgebung vor dem Cottbuser Schulamt findet unter dem Motto "Vielfalt statt Einfalt - Schule ohne Diskriminierung" statt. Initiiert hat den Protest das Bündnis "Schule für mehr Demokratie".

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 09.05.2023, 19:30 Uhr

50 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 49.

    Meine Haltung ist bekannt. Das ist weder Meinung, noch Hetze. Manche sagen auch einfach Zivilcourage dazu. Und ich habe den Ersten gefunden, der über mein Stöckchen springt.

    Der Haltung mit Gesinnung verwechselt.

  2. 48.

    So,so,kannst du deine Meinung auch begründen?oder reicht nur zur hetze?

  3. 47.

    @ Jill, mimimi. Dann bin ich trotzig und wähle dementsprechend. Wenn sie so leicht rumzukriegen sind erklären sich ja auch die 20%.

  4. 45.

    Die billigste Ausrede ever... dafür müßte es eigentlich einen Preis geben. Den Höcke des Monats... :-D

  5. 44.

    Es macht keinen Sinn, diese Leute sind verbohrt und die machen solange, bis der letzte Brandenburger die Nase voll hat und wirklich rechts wählt. Ich habe es nie getan aber irgendwann hat man keine Lust mehr, als Ossi der Fußabtreter der Nation zu sein.

  6. 43.

    Brandenburg ist ein relativ großes Flächenland und hat dazu auch noch, 4 verschiedene Himmelsrichtungen - 4 kreisfreie Städte und 14 unterschiedliche Landkreise.
    Auch das politische Wahlverhalten ist in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich - da sollte man nicht, das gesamte Land Brandenburg in einen Topf werfen.

  7. 42.

    Ja klar, als ob sich in westdeutschen Schulen keine rechte Vorkommnisse abspielen würden. Ihr wollt mir wirklich erzählen, dass Eure Kinder nicht rassistisch sind? Sie kommen aus Neukölln? Da wurde meine Berliner Freundin rassistisch und misogyn angemacht, sie deutsche Schl.... moege ein Kopftuch tragen. Super...

  8. 38.

    Ihnen sollte eigentlich aufgefallen sein, dass Sie nicht differenzieren und zudem den Rechtsextremismus in Brandenburg relativiert und verharmlost haben. Und genau das ist das Problem u.a. in Brandenburg.

  9. 35.

    Nein, er differenziert eindeutig nicht. Ist mir aber auch egal. Wer nicht nach Brandenburg kommen will, klappt nicht mit der Tür. Das ist kein Problem für mich.

  10. 34.

    @ Jill, darf ich Ihnen einen Augenarzt empfehlen? Der ein oder andere mag sich eventuell falsch ausdrücken. Aber um die die Probleme in Deutschland, respektive in Ostdeutschland und hier besonders in Brandenburg nicht zu sehen, muss man schon auf beiden Augen blind sein. Und das Problem sind (ja, auch Migranten, die sich nicht an Regeln halten) in erster Linie die Menschen, die sich ohne es zu merken, von einer dreckigen blau/braunen 'Alternative' aufhetzen lassen.

  11. 33.

    Brandenburger Nazis bringen Brandenburg – durch solche Vorkommnisse für alle Anderen deutlich wahrnehmbar – mit Nazis in Verbindung. Bedanken Sie sich bei denen – und beschweren Sie sich nicht stattdessen bei denjenigen, die daraufhin dann mitbekommen, dass Brandenburg ganz offenbar leider ein gar nicht mal ganz so kleines Problem mit Rechtsextremismus hat.

  12. 32.

    Ein solch harmloser Kommentar wäre niemals, ich wiederhole: NIEMALS gelöscht worden.

  13. 31.

    Nicht er hat Brandenburg in Verbindung mit Nazis gebracht, sondern Rechtsextremismus in Brandenburg ist einfach das aktuelle Thema...

Nächster Artikel

Bild in groß
Bildunterschrift