Klima-Debatte im Landtag - Früherer Kohleausstieg entzweit Koalitionäre in Brandenburg

Wann soll Brandenburg aus der Kohleverstromung aussteigen? Ist 2038 früh genug? Bei einer Klima-Debatte im Landtag brach am Mittwoch ein alter Konflikt zwischen SPD und Grünen wieder deutlich auf. Von Markus Woller
Der Kohleausstieg sorgt weiter für Zoff in den Brandenburger Regierungsfraktionen. Die grüne Abgeordnete Ricarda Budke, selbst aus der Lausitz, pochte am Mittwoch noch einmal auf einen schnelleren Ausstieg, weit vor dem bislang vereinbarten Datum 2038. Für den Klimaschutz sei dies eine der wichtigsten Maßnahmen, so die Abgeordnete.
Selbst wenn die Politik sich nicht auf einen früheren Ausstieg einigen könne, würden wohl durch den steigenden CO2-Preis vorzeitig Fakten geschaffen. Der Betrieb von Kohle-Meilern sei schon bald unwirtschaftlich. Es gelte nun für die Landesregierung, den Menschen in der Lausitz durch einen beschleunigten Strukturwandel die Angst vor dem frühen Aus der Kohle zu nehmen.
SPD-Fraktionschef hält an 2038 fest
SPD-Fraktionschef Erik Stohn hingegen verwies auf das im Kohlekompromiss vereinbarte Datum als spätesten Ausstiegstermin. "Die Menschen in der Lausitz müssen sich darauf verlassen können, dass wir zu unserem Wort stehen", so Stohn. Man dürfe die Menschen nicht durch Furcht zum Wandel motivieren. Brandenburg habe bereits die ersten wichtigen Maßnahmen für den Strukturwandel angeschoben. Als Beispiele nannte er unter anderem den Ausbau des Bahninstandhaltungswerkes und die Etablierung einer Medizinerausbildung, jeweils in Cottbus. Es gelte aber, den Wandel solidarisch zu gestalten.
Der frühere CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben betonte dagegen, das Parlament solle lernen, vor Entscheidungen zum Klimaschutz keine Angst mehr zu haben. "Wir sollten mehr Sorgen haben vor Auswirkungen mangelnden Klimaschutzes in Brandenburg."
Kohleausstieg wird Wahlkampfthema
Zuletzt hatte es bei dem Thema auch auf Bundesebene wieder Bewegung gegeben. So hatte SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz angekündigt, sein Ziel sei ein Ausstieg bis 2034. Annalena Baerbock von den Grünen hatte sogar das Jahr 2030 als Zielmarke ausgegeben. Und auch in den Reihen des Unions-Kandidaten Armin Laschet scheint ein Rütteln am bisherigen Beschluss-Datum nicht mehr ausgeschlossen.
Brandenburg vom Klimawandel besonders betroffen
Im Verlauf der Debatte im Brandenburger Landtag gab es am Mittwoch kaum einen Parlamentarier, der auf den Blick zurück auf die letzten vier Jahre verzichtete: Hitzerekorde, ausgetrocknete Flüsse, verheerende Waldbrände - Wetterextreme seien in Brandenburg längst keine Seltenheit mehr. Viele Redner verwiesen auch auf die Flutkatastrophe in Westdeutschland von vor einigen Wochen. Dass für diese Ereignisse auch der menschengemachte Klimawandel verantwortlich zeichnet, darin waren sich die meisten Redner im Landtag einig. Christine Wernicke von den Freien Wählern warnte allerdings davor, die tödlichen Katastrophen zu instrumentalisieren, "nur weil es Ihnen ins Programm passt".
AfD leugnet Klimawandel
Die AfD-Fraktion stellte den menschengemachten Klimawandel gleich komplett in Frage. Der klimapolitische Sprecher Lars Günther sprach von einer "ideologisierten links-grünen Klimahysterie" und mahnte die Brandenburger Politik und Verwaltung dazu, sich stattdessen im Katastrophenschutz besser aufzustellen. Klimaschutzmaßnahmen hingegen zerstörten die Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes.
Umweltminister will Klimaplan 2022 vorlegen
Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) betonte, die Welt laufe Gefahr, Kippunkte zu erreichen, an deren der Klimawandel aus dem Ruder laufen könnte. Auch wenn es Geld koste: "Wir können uns einen Verzicht auf den Klimaschutz nicht leisten", so der Minister. Er kündigte an, er wolle den vor wenigen Wochen initiierten Prozess zur Erstellung eines Klimaplans für Brandenburg vorantreiben. Dieser soll im Sommer 2022 vorliegen; darin sollen Ziele und Maßnahmen für weniger klimaschädliche Gase bei Energie, Verkehr und Landwirtschaft beschrieben werden. Die Regierungsfraktionen kündigten an, die Maßnahmen anschließend auch in Gesetze fassen und damit verbindlich machen zu wollen.
Letzteres fordern seit längerem auch Umweltorganisationen. Im Juli haben sich mehrere junge Menschen aus Brandenburg einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vor dem Bundesverfassungsgericht angeschlossen. Sie hatten kritisiert, dass die Landesregierung bisher kein Klimaschutzgesetz plante, das verbindliche Schritte zum Klimaschutz benennt und festschreibt.
Sendung: Brandenburg aktuell, 25.08.2021, 19:30 Uhr