Bundesparteitag am Samstag - Was die Brandenburger CDU-Basis von Friedrich Merz erwartet

In einem Online-Bundesparteitag will sich die CDU nach der verlorenen Bundestagswahl neu orientieren und Friedrich Merz zum Parteichef wählen. Die Parteibasis erhofft sich viel von ihm – auch in Brandenburg. Von Lisa Steger
Es war das historisch schlechteste Ergebnis der Union bei einer Bundestagswahl: Nur 24,1 Prozent der Wähler gaben im September CDU oder CSU ihre Zweitstimme. Beim am Samstag beginnenden CDU-Parteitag, der wegen der Pandemie online stattfinden wird, wollen die Christdemokraten ihre Positionen neu bestimmen - und Friedrich Merz zum Parteivorsitzenden wählen. Bei einer Mitgliederbefragung hatten sich mehr als 62 Prozent für ihn ausgesprochen.
Zu Merz' Unterstützern zählt auch Jan Redmann, der CDU-Fraktionschef im Brandenburger Landtag. "Vor allem ist wichtig, die verschiedenen Strömungen der Union wieder zur Geltung zu bringen", so Redmann, der wie Merz studierter Jurist ist und auch als Rechtsanwalt gearbeitet hat. "Die CDU sollte nicht nur als entweder konservativ oder aber christlich-sozial wahrgenommen werden", sagt der Fraktionschef. Beides sei wichtig. Vor der Wahl sei die CDU "uneinheitlich aufgetreten", das sei ein Grund für die Niederlage gewesen. Jan Redmann kandidiert selbst für einen Platz im Bundesvorstand.
Wirtschaft sollte Kernthema sein
Der CDU-Landtagsabgeordnete Frank Bommert aus Kremmen, gelernter Schlosser, führt seit rund 30 Jahren ein Metallbau-Unternehmen, seit 19 Jahren sitzt er im Kreistag Oberhavel. Die CDU müsse sich wieder deutlicher zu Wirtschaftsthemen positionieren, findet Bommert. "Unser Kreisverband hat abgestimmt – einstimmig für Friedrich Merz", sagt der Abgeordnete. Das Klischee, er sei ein strammer Konservativer, werde dem Sauerländer nicht gerecht. "Ich halte ihn für jemanden, der den Wirtschaftsbereich in den Fokus stellt und dieser betrifft hauptsächlich die kleinen Leute", so der Unternehmer. "Die Energiekosten steigen und steigen. Da ist Merz jemand, der da nicht zu ideologisch 'rangeht, der wirtschaftlich 'rangeht, und der dafür kämpfen wird, dass wir alle am Ende bezahlbare Energie haben", hofft Frank Bommert.
Sehr wichtig sei ihm, dass der Kohlekompromiss unangetastet bleibt, also ein Kohleausstieg im Jahr 2038. "Verträge müssen eingehalten werden. Ich halte alles, was davor käme, für schwierig." Bommerts Ziel: "Wir müssen verhindern, dass die Wirtschaft abwandert, weil hier die Energiepreise explodieren. Nicht, dass die Unternehmen sagen: Wir gehen nach Frankreich, da ist der Atomstrom billig."
Konservative CDU-Mitglieder erhoffen sich Auftrieb
Zum dezidiert konservativen Flügel der Brandenburger CDU gehört die promovierte Betriebswirtschaftlerin Saskia Ludwig. Seit 18 Jahren ist sie Abgeordnete im Brandenburger Landtag; zwei Jahre lang war sie Bundestagsabgeordnete. Elf Jahre saß Ludwig im Kreistag Potsdam-Mittelmark, zeitweise stand sie der Brandenburger CDU vor. Auch ihr Kreisverband sei schon immer für Merz gewesen, sagt sie.
Viele erwarteten, dass die CDU unter seiner Führung eine restriktivere Asyl-Politik befürworten wird, so Saskia Ludwig. "Der Dialog mit Europa ist natürlich wichtig", sagt Ludwig, "aber wir brauchen Zentren in den Ursprungsländern, um da zu prüfen, wer asylberechtigt ist, dann muss vor Ort mehr geholfen werden." Die Landtagsabgeordnete ist überzeugt: "Deutschland kann nicht die Türen aufmachen und sagen, wir bringen jeden unter, der Schutz sucht und sich ein besseres Leben erhofft." Nach 2015 steige die Zahl der Asylantragsteller jetzt erneut, betont Ludwig, findet aber: "Wir sind an unseren Kapazitätsgrenzen angelangt." Um erfolgreich zu sein, müsse sich Friedrich Merz auch teilweise von Angela Merkel absetzen: "Das gehört zur Wahrheit natürlich dazu. Wir werden Dinge anders machen müssen als Angela Merkel."
Merz allerdings ist nicht nur in der Migrationsfrage konservativ, sondern auch bei sozialen Themen. Im September 2020, als wegen der Corona-Maßnahmen Millionen von Arbeitnehmern in Kurzarbeit waren, warnte Merz, man dürfe sich nicht daran gewöhnen, "dass wir ohne Arbeit leben können." Das brachte viele Menschen gegen ihn auf. "Man muss Fakten benennen", sagt Saskia Ludwig zu dieser Äußerung. In welchem Kontext man das mache, sei immer die Frage, jedoch: "Die Krise hat viele Menschen demoralisiert, sie verspüren eine Lethargie. Inhaltlich hat er Recht."
Der Osten soll eingebunden werden
Sicherheit, Wirtschaft, Innenpolitik – das sind für Kristy Augustin aus Letschin die Kernthemen der CDU, diese müssten wieder stärker in den Vordergrund rücken. Die Landtagsabgeordnete ist seit acht Jahren Kreisvorsitzende der CDU in Märkisch Oderland, seit drei Jahren dort im Kreistag. Zudem steht sie der märkischen Frauen-Union vor.
In den Augen von Kristy Augustin ist Friedrich Merz eindeutig konservativ. "Das nützt, denn es ist das, was diejenigen erwarten, die auf unsere Kernthemen setzen", ist die studierte Kommunikationswissenschaftlerin sicher. Für die neuen Länder sei es kein Nachteil, dass Merz, ein Katholik aus dem Sauerland, in Nordrhein-Westfalen verwurzelt ist. Er sei im Wahlkampf viel im Osten unterwegs gewesen und wolle das auch in Zukunft so handhaben, erklärt Augustin. CDU-Politiker aus Ostdeutschland müssten jedoch im neuen Vorstand stärker vertreten sein, fordert sie. Hinzu komme: "Wir haben gelernt, dass die Basis besser einbezogen sein muss." Nur so könne man in Zukunft wieder Wahlen gewinnen.
CDU in Brandenburg abgeschlagen
So oder so, für die CDU in Brandenburg kann es nur bergauf gehen. Bei der Bundestagswahl im September gaben ihr nur gut 15 Prozent der märkischen Wähler ihre Zweitstimme - es war der dritte Platz hinter SPD und AfD. Schon bei der Landtagswahl 2019 sackte sie ab und erreichte mit 15,6 Prozent der Zweitstimmen einen Tiefststand. Fünf Jahre zuvor hatte die CDU bei der Landtagswahl noch 23 Prozent erreicht.
Sendung: Inforadio, 22.01.2022, 10 Uhr