Team-Check | Energie Cottbus - "Wir sind weiter als vor einem Jahr"

Mi 03.08.22 | 17:09 Uhr | Von Andreas Friebel
Die Mannschaft von Energie Cottbus nach dem DFB-Pokalspiel gegen Werder Bremen. Quelle: imago images/Fotostand
Bild: imago images/Fotostand

Nach Platz drei in der Vorsaison will Fußball-Regionalligist Energie Cottbus diesmal die Tabellenspitze in Angriff nehmen. Allerdings sind die Lausitzer damit nicht allein. Auch die Konkurrenz hat sich verstärkt und der Kampf um die Spitze wird ziemlich eng. Von Andreas Friebel

Vor Energie Cottbus liegt die inzwischen sechste Saison in der Regionalliga Nordost und die vierte in Folge. Sechs Jahre spielten die Lausitzer auch in der Fußball-Bundesliga. Doch die ist weit weg. Nur manchmal schaut sie noch in Cottbus vorbei. Wie am Montag, als im Rahmen des DFB-Pokals Werder Bremen (1:2) ein großer Kampf geliefert wurde. Über 20.000 Zuschauer waren im Stadion der Freundschaft. Das zeigte einmal wieder, wie groß das Interesse an Energie ist - trotz bald sechs Jahren im fußballerischen Niemandsland. Kein Wunder, dass Cottbus unbedingt raus will aus der vierten Liga. Klappt es vielleicht diesmal?

So lief die vergangene Saison

Acht Punkte Rückstand hatte der FC Energie am Ende auf Meister BFC Dynamo. Und das, obwohl die Wollitz-Elf die beste Offensive der Liga (85 Tore) und die zweitbeste Abwehr der Liga (35 Gegentore) stellte. Doch sowohl zum Start in die Saison als auch beim Neustart nach der Winterpause lief bei Cottbus nicht alles rund.

Mehrfach fielen Spieler coronabedingt aus. Coach Wollitz monierte zudem mehrfach den kleinen Kader, der es unmöglich machte, im Training Elf gegen Elf spielen zu lassen. Die finanziellen Möglichkeiten waren aber so begrenzt, dass selbst in der Winterpause nur ein neuer Spieler verpflichtet werden konnte.

Umso erstaunlicher ist es, dass sich Energie im Dezember trotzdem bis auf vier Punkte Spitzenreiter BFC Dynamo annähern konnte. Doch im März verspielte Cottbus dann alles. Die Topspiele gegen Altglienicke und Chemnitz wurden verloren. Gegen die Kellerkinder Tebe Berlin und Eilenburg gab es nur Unentschieden. Und damit war Platz eins futsch.

In dieser schwierigen Phase gelang es Claus-Dieter Wollitz aber, die Spannung hochzuhalten. Die Mannschaft berappelte sich noch mal. Und gewann den Brandenburger Landespokal. Im Halbfinale wurde erst Babelsberg besiegt, im Finale dann der VfB Krieschow mit 2:0. Dieses Spiel und der damit verbundene Einzug in den DFB-Pokal war für Energie finanziell ganz wichtig und ermöglichte Transfers, die ohne das Geld niemals möglich gewesen wären. Rund 300.000 Euro brachte das Heimspiel gegen Bremen.

Wer kommt, wer geht?

Mit Erik Engelhardt (19 Tore), Maximilian Pronichev (15 Tore) und Nikos Zografakis (10 Tore) hat Cottbus in der Offensive einen gewaltigen Aderlass erlitten. Allein diese drei Spieler sorgten für die Hälfte aller Treffer. Obwohl Cottbus sich finanziell sehr weit aus dem Fenster lehnte, entschied sich Engelhardt für Drittligist Osnabrück. Zografakis wollte nicht in der Lausitz bleiben und hat (Stand 2. August) noch keinen neuen Verein. Pronichev wäre gern geblieben. Allerdings waren seine Leistungen auf dem Platz sehr schwankend. Außerdem galt er auch nicht unbedingt als pflegeleicht. Sportlich ein großer Verlust ist der Abschied von Torwart Toni Stahl. Das Cottbuser-Eigengewächs entschied sich aber für die Herausforderung zweite Liga und Hannover 96. Insgesamt verließen 12 Spieler den FC Energie.

Demgegenüber stehen acht Neuzugänge. Wollitz legte dabei größten Wert auf Spieler mit Entwicklungspotenzial. Außerdem suchte er auch nach erfahrenen Kräften. Maximilian Oesterhelweg ist so eine erfahrene Kraft. Der 32-Jährige gehörte zu den ersten Spielern, die in Cottbus unterschrieben. Auch der 27-Jährige Paul Milde hat schon dritte Liga gespielt.

Insbesondere in der Offensive hat Cottbus über den Sommer zugelegt. Und durchaus interessante Namen in die Lausitz geholt. Eric Hottmann stammt aus dem Nachwuchs des VfB Stuttgart. Bis zur U19 absolvierte er regelmäßig Länderspiele. Für Türkgücü München schoss Hottmann in der vergangenen Saison zwei Tore in der dritten Liga. Deutlich erfolgreicher war Tim Heike, der für Halberstadt in der Regionalliga elf Treffer erzielte. "Wer in Halberstadt elf Tore schießt, schafft in Cottbus auch 20", so Wollitz über seinen Neuzugang. Heike verpasste verletzungsbedingt aber ein Großteil der Vorbereitung. Deshalb kam der 22-Jährige im Pokal gegen Bremen auch nur zu einem Kurzeinsatz. Der reichte aber, um das 1:2 zu erzielen.

Veränderungen gab es auch in der Abwehr. Insbesondere in der Innenverteidigung. Nach Transferflop Shawn Kauter, der in Cottbus nie wirklich ankam und monatelang krankgeschrieben war und dem Abschied von Ex-Kapitän Jan Koch, der gesundheitsbedingt einen Großteil der Saison verpasste, verpflichtete Wollitz mit Dennis Slamar einen echten Abwehrhünen. Der 27-Jährige ist knapp 1,90 m groß.

Der Trainer

Claus-Dieter Wollitz ist inzwischen ein Cottbuser Urgestein. Schon jetzt gibt es in der langen Klubgeschichte nur einen Trainer, der länger den FC Energie trainiert hat. Es ist die Legende Eduard Geyer. In seinen zehn Jahren an der Seitenlinie führte er die Rot-Weißen von der dritten Liga bis in die Bundesliga. Bis dahin wird Wollitz mit dem Verein wohl so schnell nicht mehr kommen. Aber in den insgesamt sechs Jahren (mit zwei Unterbrechungen) hielt er Cottbus in der 2. Bundesliga und schaffte auch den Aufstieg in die dritte Liga. Der 57-Jährige lebt und liebt Fußball.

Sein bisweilen impulsives Auftreten polarisiert und hat ihm auch schon Ärger eingebracht. Nicht nur die Schiedsrichter und die gegnerischen Fans haben ihn deshalb genau im Auge. Seine Spieler würden für ihn aber durchs Feuer gehen und vertrauen ihm voll. Auch die Cottbuser Fans haben ihn in ihr Herz geschlossen, auch wenn er den Verein schon zwei Mal verlassen hat und seit Mai 2021 seine dritte Amtszeit läuft. Wollitz steht für Offensivfußball und Spektakel. Und genau das will man im Stadion der Freundschaft sehen. "Das wird eine enge Saison", sagt der Coach und geht davon aus, "dass neben uns durchaus sechs Mannschaften vorn mitspielen können." Chemnitz und Jena hat er da besonders im Auge.

Erwartungen an die Saison

Energie Cottbus hat durchaus das Zeug, in dieser Saison Platz eins zu erobern. Denn das Team ist deutlich ausgewogener zusammengestellt als noch im vergangenen Jahr. Der Kader hat an Tiefe hinzugewonnen. Nicht zu unterschätzen ist auch die Tatsache, dass vor dem Saisonauftakt am Freitag bei Altglienicke das Team komplett ist. "Wir sind weiter als vor einem Jahr“, sagt Wollitz, der im Sommer 2021, aufgrund des knappen Budgets, lange nach Personal suchen musste.

Das hatte zur Folge, dass die Mannschaft zum Start kaum eingespielt war. So gab es damals aus den ersten beiden Spielen nur einen Punkt. Die diesjährige Vorbereitung lief entsprechend besser. In acht Partien gab es nur eine Niederlage. Und das war ein 1:5 gegen Bundesligist Hertha BSC. 65 Tore schossen die Lausitzer in diesen acht Spielen. Allerdings waren die Gegner meist unterklassig. Im rauen Ligaalltag wird sich zeigen müssen, wie stark die neu zusammengestellte Cottbuser Offensive wirklich ist. Den ersten Fingerzeig auf die neue Saison gibt es schon am Freitagabend. Dann steigt das Topspiel bei der VSG Altglienicke (Anpfiff 19 Uhr). In der vergangenen Saison verlor Cottbus beide Spiele deutlich (jeweils 0:3). "Wir haben da noch etwas gutzumachen", sagt Jonas Hofmann. Der auch weiß, dass wenn Cottbus Platz eins ernsthaft ins Auge fasst, ein Sieg in Berlin fast Pflicht ist.

Sendung: Antenne Brandenburg, 03.08.22, 10 Uhr

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