Raddusch im Spreewald - Bewohner sollen für Straßenlaternen zahlen, die sie gar nicht wollen

Fr 21.04.23 | 14:44 Uhr | Von Daniel Friedrich und Florian Ludwig
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Luckauer Straßenlaterne mit Banderole
Luckauer Straßenlaterne mit Banderole | Bild: rbb/Nico van Capelle

Ein Dorf im Dunkeln ist nicht unbedingt der einladenste Ort - die Bewohner des Radduscher Mühlwegs wollen es trotzdem so. Gegen ihren Protest werden nun neue Laternen gebaut - die sie bezahlen müssen. Von D. Friedrich und F. Ludwig

Vier neue Straßenlaternen in Raddusch, einem Teil der Stadt Vetschau (Oberspreewald-Lausitz), stehen im Zentrum einer vermeintlichen Provinzposse. Anwohner des Mühlwegs müssen nach einer Entscheidung der Vetschauer Stadtverordneten vom Donnerstag für die Errichtung der vier neuen Laternen aufkommen - die sie aber gar nicht wollen.

Seitdem bekannt wurde, dass neue Laternen gebaut werden sollen, regt sich Widerstand in der kleinen engen Anliegerstraße. Sie ist etwa 300 Meter lang, 16 Menschen wohnen hier. "Wir brauchen das Licht nicht", sagt eine Anwohnerin dem rbb, "das hat mit Demokratie nichts zu tun", ein anderer.

Zwei Autos pro Stunde - noch nie ein Unfall

Alle betroffenen Anwohner haben nun ein Schreiben aufgesetzt, in dem sie sich gegen die neuen Laternen aussprechen. Sie sehen nicht ein, "warum der Steuerzahler und die Umwelt belastet werden müssen, wenn das keiner braucht und keiner will", erklärt Matthias Klinkmüller, der den Protest anführt. Laut seiner Aussage stört das nächtliche Licht auch die Eulen und Fledermäuse in den nahen Nistkästen.

Das Verkehrsaufkommen im Mühlweg ist unterdessen gering. Eine Anfrage der Einwohner bei der Verwaltung hatte ergeben, dass im Schnitt gerade einmal zwei Autos pro Stunde auf der Straße unterwegs sind. "Wir haben auch gefragt, wie viele Unfälle sind hier eigentlich passiert: nicht einer in den letzten 100 Jahren", sagt Klinkmüller.

Öffentliches Interesse wichtiger als Anwohnerinteressen

Vetschaus Bürgermeister Bengt Kanzler (CDU) verweist auf die Verkehrssicherungspflicht der Stadt. "Wir wollen natürlich nicht warten, bis da was passiert", so der Bürgermeister. Vier energiesparende LED-Laternen sollen errichtet werden - laut Kanzler angemessen und nicht übertrieben.

Etwa 1.000 Euro müssen die Anwohner, abhängig von der Grundstücksgröße, für die Laternen bezahlen. "Auch wenn die Bürger zur Kasse gebten werden, sind die Beträge nicht unermesslich", sagt Bürgermeister Kanzler. Die Anwohner des Mühlwegs fühlen sich von der Stadt vor allem schlecht informiert und hätten auf Nachfragen von der Verwaltung und vom Bürgermeister keine Antworten bekommen.

Nun müssen sie mit der Entscheidung der Stadtverordneten leben. Die hatten am Donnerstagabend entschieden, dass das öffentliche Interesse überwiege und Raddusch ein Touristenort sei, in dem sich alle sicher fühlen sollen - auch nachts im Mühlenweg.

Sendung: Antenne Brandenburg, 21.04.2022, 16:30 Uhr

26 Kommentare

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  1. 26.

    Vielleicht will man einer Baufirma mal zum Zuge kommen lassen.
    Die bekommt den Auftrag von der Stadt, aber bezahlt wird von den Anliegern.
    Aber ist schon eine Frechheit, was sollen Anwohner denn noch alles bezahlen und was wer kein Geld hat? Nicht Alle sind Krösusse, die man schröpfen kann. Wer wollte denn diese Laternen? Und wenn ich die bezahlen soll möchte ich dazu einen Ein und Ausschalter dazu. Gehört ja denn mir.

  2. 25.

    Kurz, Mensch will in diesem Land nichts besitzen.

  3. 24.

    "trotz höchster Steuer- und Abgabenquote weltweit"

    Wie kommen Sie denn da drauf?
    Laut Bundesfinanzministerium liegt Deutschland bei der Steuer- und Abgabenquote im oberen Mittelfeld!

  4. 23.

    Es ist leider in unserem Staat vollkommen normal geworden, die Bürger trotz höchster Steuer- und Abgabenquote weltweit zusätzlich noch mit weiteren indirekten Steuern über allerlei Abgaben und Gebühren zu belasten. Statt seine hoheitlichen Aufgaben aus dem Steueraufkommen zu erfüllen, muss der Bürger für alles mögliche noch mal extra bezahlen. Egal ob Straße, Laternen, Abwasseranschluss, diverse verpflichtende Anträge, ja selbst den verpflichtenden Personalausweis wird man ordentlich zur Kasse gebeten. Das alles wird in der normalen Steuerquote gar nicht berücksichtigt und gerade diese indirekten Nebenkosten schießen in die Höhe und man kann sich kaum dagegen wehren.

  5. 22.

    "Wie Dorftrulla schon sagt müsste jemand mal klagen um diverse Satzungen auf den Prüfstand zu bringen." Spielen Sie damit auch auf unserer "Markendorfer Landrecht" hier in Ffo an?

  6. 21.

    "Mein bester, Steuereinnahmen der Stadt kommen auch von den Anwohnern." Ja, natürlich. Aber Steureinnahmen kommen von allen Steuerpflichtigen und nicht nur von den jeweils Betroffenen. Und wenn das von öffentlichem Interesse ist - also nicht nur spezifisch nur für die Anwohner - dann sollte es auch über die Allgemeinheit solidarisch finanziert werden.

  7. 20.

    Es gibt als erstes das Erschließungsbeitragsrecht nach dem Baugesetzbuch. Punkt! Gemeindevertreter/Stadtverordnete haben einen Beschluss zur Erschließung zu fassen. Gegen diesen Beschluss kann man Einspruch beim Verwaltungsgericht bzw. bei der Kommunalaufsicht einlegen, innerhalb von vier Wochen! Ist der Beschluss jedoch gefasst und kein Einspruch erfolgt, gibt es kein Einspruchsrecht mehr. Damit ist die Verwaltung gefordert, den Beschluss umzusetzen, sonst handelt sie Rechtswidrig und das Gericht kann die Maßnahme anordnen. Ob Sie das als Anwohner wollen oder nicht. Leute, vorher aufpassen und meckern, sich ständig informieren was beschlossen werden soll (die Sitzungen sind öffentlich!), bei den gewählten Beiräten vorsprechen anstatt nachher aus allen Wolken fallen! Wir sind in der BRD nicht in der DDR!!! Die Sinnhaftigkeit ist vor Beschluss zu prüfen, nicht danach! Und auch LED kann man Nachtabsenkend betreiben.

  8. 19.

    Andere Gemeinden die Ihr Licht komplett abschalten argumentieren, dass es seitens Gemeinde keine Pflicht gibt.
    Also richtig eindeutig scheint es nicht zu sein. Das würde aber nicht zu Deutschland passen. Mit Sicherheit gibt es da hochkomplexe Regelwerke, die aber jede Gemeinde offensichtlich anders interpretiert.
    Wie Dorftrulla schon sagt müsste jemand mal klagen um diverse Satzungen auf den Prüfstand zu bringen.

  9. 17.

    Ich finde, daß sowas wie Beleuchtung öffenticher Wege aber auch Befestigung öffentlicher Wege bei öffentlichem Interesse auch aus den Steuereinnahmen der Stadt zu bezahlen ist wie andere Aufgaben der der Stadt im öffentlichen Interesse. Wenn das Geld dafür nicht da ist, geht es halt nicht oder es muß für eine bessere Einnahmensituation der Stadt gesorgt werden - aber einfach immer die Anwohner für Aufgaben im öffentlichen Interesse zahlen zu lassen geht nicht und wird immer wieder wegen lokal unterschiedliche festgelegter Bemessungen (Länge Grundstück an der Straße oder doch mal wieder Gesamtgrundstücksgröße etc) zu Streiterein und auch Ungerechtigkeiten führen - wozu zahlt man denn schließlich Steuern, wenn nicht für solche Aufgaben im öffentlichen Interesse, die auch der Allgeminheit dienen und nicht nur den direkten Anwohnern.

  10. 16.

    Wenn die Laternen unerwünscht sind,
    Kanalisation, Internet und Stromleitungen
    ausbauen.
    Die paar Hanseln können auch 1-2 Städte
    weiter ziehen. Häuser, Garagen und
    Tiefbrunnen sind dann zu entfernen und
    der natürliche Urzustand ist wiederherzustellen.
    Auf Kosten der Umsiedelnden.

  11. 15.

    Kann mich mal jemand aufklären? Sind die Laternen nun zwingend notwendig wegen einer gesetzlichen Grundlage oder haben die Stadtverordneten sich für Laternen entschieden?

  12. 14.

    @ Vater, soweit ich auch den übrigen Kommentaren Recht gebe, aber was Sie hier machen ist in dieser Aussage eher kontraproduktiv um nicht zu sagen Schwachsinn.

  13. 13.

    Was sagen denn eigentlich die Umweltschutzgesetze und -auflagen? Lichtverschmutzung ist durchaus eine reale Gefahr für Insekten und Getier. Das GG schreibt zudem die Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit etc. vor, zudem muss das mildeste Mittel gewählt werden. Es muss auch die Wirksamkeit belegt sein: Was soll konkret erreicht werden? Ist das gewählte Mittel (Laternen) dazu erforderlich und nachprüfbar das mildeste und geeignete Mittel? Geht's nicht auch anders?

  14. 12.

    Es lebe das IFG!

  15. 11.

    Ist aber nicht anders, als beim Straßenbau. Wenn eine Anliegerstraße saniert wird, kann das schon mal pro Hausnummer fünfstellig werden.

  16. 10.

    Wenn die Gemeinde die Verkehrssicherungspflicht hat, dann soll sie verdammt nochmal dafür bezahlen. Ich kann ja auch nicht eine Baumpflegefirma auf Kosten der Gemeinde beauftragen, wenn Pflegemaßnahmen zur Sicherung notwendig sind.

  17. 9.

    Vielleicht hat ja den Leuten dort keiner gesagt, dass man im Dunkeln Angst haben muss.
    Oder was, wenn der AMAZON Fahrer abends stolpert und sich ein Bein bricht.

    "...? AMA wer?"

  18. 8.

    Tja, das ist eine in jeder Hinsicht falsche Entscheidung. Gegen Natur und Umwelt, gegen den Willen der Anwohner und ohne eine Gefahrenlage werden völlig unnütz Kosten produziert. Hoffentlich geben die Anwohner nicht so einfach auf und beschreiten den Rechtsweg. Wenn die Stadt die unsinnige Beleuchtung unbedingt will, sollte zumindest selber dafür zahlen.

  19. 7.

    Beste Deutschland aller Zeiten, der CDU Mensch ist wahrscheinlich Merkels früherer links grüner Politik erlegen.

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