Inkonsequente Straßensperrung - Warum drei Metall-Poller zu Streit in Cottbus führen

Mi 02.08.23 | 16:42 Uhr
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Die Poller in der Spremberger Straße in Cottbus (Bild: rbb/Maske)
Audio: Antenne Brandenburg | 02.08.2023 | Isabelle Schilka | Bild: rbb/Manske

Drei unscheinbare Poller sorgen für Frust bei Lieferanten in Cottbus. Sie sollen verhindern, dass eine Fußgängerzone als Abkürzung genutzt wird. Lange Umwege sind deshalb nötig. Für die Stadt ist die Barriere hingegen ein Erfolg. Von P. Manske und F. Ludwig

Es sind drei verhältnismäßig kleine Gegenstände, die aber eine große Wirkung haben: seit April sollen drei Metallpoller in der Cottbuser Innenstadt den Durchgangsverkehr durch eine Fußgängerzone verhindern. Konkret geht es um die Spremberger Straße, eine beliebte Einkaufsstraße in Cottbus.

Die Metallpoller, die seit dem Frühjahr stehen, sollen in erster Linie verhindern, dass Autofahrer die Fußgängerzone queren, um ihren Fahrtweg abzukürzen. In der Praxis zeigt sich aber: vor allem Lieferanten und Paketzusteller sind genervt von der Maßnahme - denn sie müssen lange Umwege auf sich nehmen.

Fünf bis Minuten mehr, nur wegen eines Schlüssels

"Die stehen da recht ungünstig", sagt Nico Gierth, Fahrer für einen großen Versanddienstleister. Er beschreibt den Mehraufwand, den er durch die Absperrung hat. "Aussteigen, sich den Schlüssel holen, aufschließen, durchfahren, aussteigen, wieder den Poller hoch machen, Schlüssel wieder wegbringen", so Gierth. Fünf bis zehn Minuten dauere das zusätzlich - doch das ist offenbar immer noch weniger, als wenn die Lieferanten die von der Stadt Cottbus vorgesehene Routen nutzen würden.

Die Spremberger Straße ist von mehreren Seiten erreichbar, das ist allerdings mit der Sperrung des nahgelegenen Altmarktes für den Autoverkehr noch einmal schwieriger geworden. Nur über enge Nebenstraßen gelangen die Fahrer zu ihrem Ziel. Liegt der nächste Lieferort auf der anderen Seite der Spremberger Straße, müssen die Lieferanten die halbe Innenstadt umrunden, um ihr Ziel zu erreichen.

Gierth nutzt dennoch nach eigenen Angaben den Weg über den Altmarkt - doch das ist durch die Sperrung nicht nur verboten, sondern durch die vielen Menschen dort oft kompliziert. Anschließend muss er sich durch ein Gewirr von Einbahnstraßen manövrieren. Bei Lieferungen versperre er dadurch regelmäßig die engen Straßen.

Lieferanten sollen gar nicht durchfahren

Manche Fahrer haben deshalb schon eigene Schlüssel für die Poller - das Abholen aus einem der Geschäfte entfällt damit. Dabei war die Durchfahrt für den Lieferverkehr zunächst gar nicht vorgesehen. Berechtigt seien alle Rettungskräfte und die Polizei, außerdem Entsorgungsbetriebe, so die Stadt auf Nachfrage.

Laut Stadt bestehe die Notwendigkeit für Lieferungen im Regelfall nicht - und verweist auf die anderen Zugänge zur Spremberger Straße.

Auch absenkbare Poller würden geprüft, so die Stadt, wann diese gebaut werden sollen könne die Stadt aber nicht sagen, hieß es auf rbb-Nachfrage.

Die Poller in der Spremberger Straße, gegenüber ein Lieferfahrzeug (Bild: rbb/Manske)Die Poller in der Spremberger Straße, gegenüber ein Lieferfahrzeug

Lieferfahrzeuge befahren gesamte Fußgängerzone

Die Stadt war allerdings nicht besonders konsequent bei der Errichtung der Poller. Von der anderen Seite kann man die Fußgängerzone befahren - diese Zufahrt ist nicht gesperrt. Dennoch sei es nicht geplant, weitere Poller zu errichten, die bisherigen hätten ihr Ziel erreicht, so die Stadt. "Weitere Poller würden keine Verbesserung bedeuten", so die Antwort an den rbb.

Dadurch kommt es aber regelmäßig vor, dass Lieferfahrzeuge über die nicht gesperrte Zufahrt direkt auf die Fußgängerzone fahren. Statt die Überquerung der Straße zu verhindern sorgen die Poller also auch dafür, dass nun teilweise die gesamte Straße befahren wird.

Laut Stadt gehört die Sperrung zum Mobilitätskonzept in der Innenstadt. Das Ziel dessen ist "eine Verbesserung der gesamten Verkehrssituation", so die Stadtverwaltung. Wie alle Maßnahmen aus dem Paket soll die Sperrung innerhalb der Stadtverwaltung evaluiert und diskutiert werden.

Für Lieferanten bleibt damit noch eine kleine Hoffnung, dass die Poller wieder verschwinden. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber angesichts der Erfolgsmeldungen der Stadt eher gering.

Sendung: Antenne Brandenburg, 02.08.2023, 16:42 Uhr

5 Kommentare

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  1. 5.

    Selber habe ich in Potsdam die Erfahrung gemacht, dass keine/r der Radfahrenden wirklich weiterfährt, sofern ein zu Fuß Gehender NICHT zur Seite geht. Einfach mal ausprobieren: kein vorauseilender Gehorsam und vorsorglich beiseite gehen, einfach stehenbleiben, Blickkontakt suchen, die Bremsen quietschen ggf. leicht und der bzw. die andere steigt ab.

    Da brüllt niemand los. Die wissen, was sie dürfen und was nicht. Mein Rad stelle ich in Potsdam am Rande der Fußgängerzone ab, da gibt es genügend Abstellmöglichkeiten und gehe dann selbstverständlich hin und her - zu Fuß.

  2. 4.

    So ist es eben, wenn in Amtsstuben Bürokraten statt Praktikern sitzen!

  3. 3.

    Die Spremberger Straße ist bislang für Fußgänger kein Bißchen sicherer geworden. Dafür sorgen zum Einen die mitunter rücksichtslosen Lieferwagenfahrer, zum Anderen die vielen Radfahrer, die trotz Durchfahrtsverbot tagsüber durchrasen, selbst Donnerstags, wenn es wegen des Wochenmarkts sehr eng ist. Ganze Gruppen von bis zu 50 Fahrradtouristen klingeln sich dann den Weg frei, nachdem sie an den Schildern, die das Verbot anzeigen, abgewunken haben.
    Ordnungsamtmitarbeiter, die solche Verstöße sehen, ziehen es im Normalfall vor, mal schnell um die Ecke zu verschwinden.

    Ähnlich verhält es sich mit der Altmarktsperrung, die in West-Ost Richtung gern verbotenerweise im Halbminutentakt über Mönchsgasse-Klosterstraße umfahren wird, was beim verbotenen Rechtsabbiegen in die Klosterstraße auf Grund der Enge zu gefährlichen Situationen führt.

    Neuregelungen sind nutzlos, wenn die Einhaltung nicht kontrolliert wird.

  4. 2.

    Das sind dann wahrscheinlich die selben die sich aufregen wenn Radfahrer durch die Fußgängerzone fahren.

  5. 1.

    Wie sich doch die Umstände gleichen: Die Durchfahrt und Querung durch Fußgängerzonen sind zu keiner Zeit erlaubt, wohl aber zu bestimmten Anlieferzeiten die Ein- und die Ausfahrt aus diesen Bereichen. Das hat seinen guten Grund und der liegt eben in der Geschütztheit derjenigen Menschen, die zu Fuß sind und die keine Manövriermasse sein dürfen von Jenen, die voller Absicht und vollen Wissens den Terminplan sehr eng stricken.

    Auch in Potsdam wurde das missverstanden und es wurde zu spezifischen Zeiten die Fußgängerzone bald im Minutentakt per Kfz. gequert. Dies von Lieferfahrzeugen, doch auch von Privat-PKWs. Die (umlegbaren) Poller haben dies seither verhindert. Seitdem sind zu Fuß gehende Mernschen wenigstens hier ungestört.



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