Schreiben an Innenministerium - Sorbisches Parlament formuliert konkrete Forderungen an Bundesregierung

Das Sorbische Parlament will mehr Autonomie erreichen und hat konkrete Forderungen formuliert. Auch eine Klage steht im Raum. Doch das Parlament ist politisch nicht legitimiert und liefert sich einen offenen Machtkampf. Von Florian Ludwig
Das selbsternannte Sorbische Parlament, der sogenannte serbski sejm hat konkrete Forderungen an die Bundesregierung formuliert, mit denen er der sorbischen/wendischen Minderheit mehr Rechte einräumen will. Das teilte der sejm am Dienstag mit.
Die Forderungen waren zuvor von einer internationalen Anwaltskanzlei erarbeitet worden und sind Ausdruck eines seit längerem bestehenden Konflikts des Sorbischen Parlaments mit der Bundesregierung, den Bundesländern Brandenburg und Sachsen und mit anderen sorbischen/wendischen Interessenvertretern.
Drei Hauptforderungen formuliert
Anfang Juli hatte der serbski sejm bereits damit gedroht, die Bundesregierung zu verklagen. Die Voraussetzungen dafür sollten von der Anwaltskanzlei geklärt werden. Dabei sollte auch ausgelotet werden, wie die Chancen bei einer möglichen Klage stünden. Das ist nun geschehen.
Auch ein entsprechendes Schreiben an das Bundesministerium des Inneren sei bereits verschickt worden, hieß es. Eine Klage vor einem internationalen Gericht ist damit noch nicht eingereicht worden, allerdings seien die wesentlichen Klagepunkte formuliert und die möglichen Rechtsmittel analysiert worden.
Die drei Hauptforderungspunkte, die das Anwaltsteam für den serbsi sejm formuliert hat sind:
1. die Anerkennung der Vertretungsrechte des serbski sejm in der Bundesrepublik Deutschland
2. Bildungsautonomie für das sorbische/wendische Volk und deren finanzielle Sicherung
3. die Anerkennung der Indigenität des sorbischen/wendischen Volkes.
Mehr Mitbestimmung, weniger Einmischung
Außerdem werden weitere Forderungen formuliert, die die Hauptforderungen untermauern. So solle der deutsche Staat den serbski sejm regelmäßig konsultieren, sich nicht in die Wahlen des sejm einmischen und dem sorbischen /wendischen Volk mehr territoriale Mit- und Selbstbestimmungsrechte einräumen.
Gleichzeitig wird der Sorbenrat im sächsischen Parlament für unnötig erklärt und die "willkürliche und ausschließliche Auswahl eines einzigen sorbischen/wendischen Dachverbandes als Konsultationspartner des deutschen Staates" als rechtswidrig verurteilt. Damit bezieht sich der sejm auf den Dachverband der Sorben und Wenden, die Domowina. Sie dient sowohl der Brandenburger als auch der sächsischen Politik als Ansprechpartnerin.
Laut der Mitteilung des serbski sejm hat die beauftragte Anwaltskanzlei mehrere Rechtsmittel aufgelistet, über die der sejm seine Forderungen geltend machen kann. Die Anwälte beziehen sich dabei unter anderem auf Minderheitenrechte, die von der Bundesrepublik, den Vereinten Nationen oder auch der EU formuliert wurden. Vor diesen Institutionen könne auch geklagt werden, heißt es in der Mitteilung.
Weiterer Weg ungewiss
Wie es nun weitergeht ist ungewiss. Mit seinem Schreiben an das Bundesinnenministerium hat der sejm die Bundesregierung nach eigenen Angaben zu einem "strukturierten Dialog" aufgefordert. Wann und bei welcher Institution eine tatsächliche Klage eingereicht werden soll, lässt der sejm offen.
Das sorbische Parlament verlangt seit Längerem die Anerkennung des sorbischen/wendischen Volkes als Indigene. Das Parlament erhofft sich davon mehr Autonomie. Die Forderungen können aber auch als Ausdruck eines offen ausgetragenen Machtkampfes mit der Domowina gesehen werden.
Der serbski sejm ist politisch nicht legitimiert und von den Ländern Brandenburg und Sachsen nicht als sorbische /wendische Interessenvertretung anerkannt. Der sejm war zwar von der Minderheitenbevölkerung gewählt worden, allerdings waren nur etwas mehr als 800 Stimmen gültig. Der sejm spricht demzufolge längst nicht für "die Sorben" im Ganzen.
Auch für welchen Zeitraum das Parlament gewählt wurde, war zuvor nicht festgelegt worden. Stattdessen kritisiert der sejm immer wieder den von Brandenburg und Sachsen anerkannten Dachverband Domowina, in dem die meisten sorbischen/wendischen Vereine und Institutionen organisiert sind.
In öffentlich gewordenen Mitschnitten von Sitzungen war die Domowina von sejm-Mitgliedern beispielsweise als "altstalinistische Terrororganisation" verunglimpft worden. Die Domowina versucht wiederum seit den öffentlichen Forderungen des sejm, die Meldungen zu relativieren und klarzustellen, dass "die Sorben" nicht vorhätten, die Bundesregierung zu verklagen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 15.08.2023, 13:30 Uhr