Schreiben an Innenministerium - Sorbisches Parlament formuliert konkrete Forderungen an Bundesregierung

Di 15.08.23 | 13:04 Uhr
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Sorbische Bürger beim gemeinsamen Singen (Bild: dpa)
Sorbische Bürger beim gemeinsamen Singen | Bild: dpa-Zentralbild

Das Sorbische Parlament will mehr Autonomie erreichen und hat konkrete Forderungen formuliert. Auch eine Klage steht im Raum. Doch das Parlament ist politisch nicht legitimiert und liefert sich einen offenen Machtkampf. Von Florian Ludwig

Das selbsternannte Sorbische Parlament, der sogenannte serbski sejm hat konkrete Forderungen an die Bundesregierung formuliert, mit denen er der sorbischen/wendischen Minderheit mehr Rechte einräumen will. Das teilte der sejm am Dienstag mit.

Die Forderungen waren zuvor von einer internationalen Anwaltskanzlei erarbeitet worden und sind Ausdruck eines seit längerem bestehenden Konflikts des Sorbischen Parlaments mit der Bundesregierung, den Bundesländern Brandenburg und Sachsen und mit anderen sorbischen/wendischen Interessenvertretern.

Drei Hauptforderungen formuliert

Anfang Juli hatte der serbski sejm bereits damit gedroht, die Bundesregierung zu verklagen. Die Voraussetzungen dafür sollten von der Anwaltskanzlei geklärt werden. Dabei sollte auch ausgelotet werden, wie die Chancen bei einer möglichen Klage stünden. Das ist nun geschehen.

Auch ein entsprechendes Schreiben an das Bundesministerium des Inneren sei bereits verschickt worden, hieß es. Eine Klage vor einem internationalen Gericht ist damit noch nicht eingereicht worden, allerdings seien die wesentlichen Klagepunkte formuliert und die möglichen Rechtsmittel analysiert worden.

Die drei Hauptforderungspunkte, die das Anwaltsteam für den serbsi sejm formuliert hat sind:

1. die Anerkennung der Vertretungsrechte des serbski sejm in der Bundesrepublik Deutschland

2. Bildungsautonomie für das sorbische/wendische Volk und deren finanzielle Sicherung

3. die Anerkennung der Indigenität des sorbischen/wendischen Volkes.

Mehr Mitbestimmung, weniger Einmischung

Außerdem werden weitere Forderungen formuliert, die die Hauptforderungen untermauern. So solle der deutsche Staat den serbski sejm regelmäßig konsultieren, sich nicht in die Wahlen des sejm einmischen und dem sorbischen /wendischen Volk mehr territoriale Mit- und Selbstbestimmungsrechte einräumen.

Gleichzeitig wird der Sorbenrat im sächsischen Parlament für unnötig erklärt und die "willkürliche und ausschließliche Auswahl eines einzigen sorbischen/wendischen Dachverbandes als Konsultationspartner des deutschen Staates" als rechtswidrig verurteilt. Damit bezieht sich der sejm auf den Dachverband der Sorben und Wenden, die Domowina. Sie dient sowohl der Brandenburger als auch der sächsischen Politik als Ansprechpartnerin.

Laut der Mitteilung des serbski sejm hat die beauftragte Anwaltskanzlei mehrere Rechtsmittel aufgelistet, über die der sejm seine Forderungen geltend machen kann. Die Anwälte beziehen sich dabei unter anderem auf Minderheitenrechte, die von der Bundesrepublik, den Vereinten Nationen oder auch der EU formuliert wurden. Vor diesen Institutionen könne auch geklagt werden, heißt es in der Mitteilung.

Weiterer Weg ungewiss

Wie es nun weitergeht ist ungewiss. Mit seinem Schreiben an das Bundesinnenministerium hat der sejm die Bundesregierung nach eigenen Angaben zu einem "strukturierten Dialog" aufgefordert. Wann und bei welcher Institution eine tatsächliche Klage eingereicht werden soll, lässt der sejm offen.

Das sorbische Parlament verlangt seit Längerem die Anerkennung des sorbischen/wendischen Volkes als Indigene. Das Parlament erhofft sich davon mehr Autonomie. Die Forderungen können aber auch als Ausdruck eines offen ausgetragenen Machtkampfes mit der Domowina gesehen werden.

Der serbski sejm ist politisch nicht legitimiert und von den Ländern Brandenburg und Sachsen nicht als sorbische /wendische Interessenvertretung anerkannt. Der sejm war zwar von der Minderheitenbevölkerung gewählt worden, allerdings waren nur etwas mehr als 800 Stimmen gültig. Der sejm spricht demzufolge längst nicht für "die Sorben" im Ganzen.

Auch für welchen Zeitraum das Parlament gewählt wurde, war zuvor nicht festgelegt worden. Stattdessen kritisiert der sejm immer wieder den von Brandenburg und Sachsen anerkannten Dachverband Domowina, in dem die meisten sorbischen/wendischen Vereine und Institutionen organisiert sind.

In öffentlich gewordenen Mitschnitten von Sitzungen war die Domowina von sejm-Mitgliedern beispielsweise als "altstalinistische Terrororganisation" verunglimpft worden. Die Domowina versucht wiederum seit den öffentlichen Forderungen des sejm, die Meldungen zu relativieren und klarzustellen, dass "die Sorben" nicht vorhätten, die Bundesregierung zu verklagen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.08.2023, 13:30 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    Der Serbski Sejm wurde in einer ordentlichen Wahl gewählt.

    Bekanntlich gibt es in der Demokratie nur ein Wahlrecht und keine Wahlpflicht.

    Dass Sie Sorben und Wenden mit der dänischen Minderheit in Deutschland - Dänen haben auch einen ganzen Staat zur Verfügung der nach meiner Kenntnis Dänemark heißt - gleichsetzen zeugt von Ihrer Unkenntnis in der Sache zu welcher Sie sich äußerten.

  2. 5.

    Ja aber sorbisch gibts doch dort schon an den Schulen, auch ist sobisch im Straßenbild in dieser Region omnipräsent.
    Es kann sich nicht irgendein Verein als alleinige Volksvertretung einer Gruppe ausgeben, die er gar nicht ist. Daher wird sich die Politik sicher auf Forderungen aus dieser Ecke nicht einlassen. Wäre es nicht logisch besser, eine Partei zu gründen wie z.B. die dänische Minderheitenpartei da oben an der Nordsee? Dann könnten mit entsprechender Wählerbeteiligung auch in Parlamenten mit eigenen Abgeordneten oder gar Fraktionen Einfluss auf kommunalpolitische oder landespolitische Entscheidungen nehmen. Und großer Vorteil: Gewählte Parteien haben eine Legitimation durch Mehrheiten aus demokratische Wahlen.

  3. 4.

    Die 3 Forderungen sind eigentlich logisch. Entweder werden sie als eine "echte" Minderheit betrachtet oder nur als eine Bildvorlage. In der EU gibt es schon Minderheiten die einen festen Platz in dem Parliment besitzen. Wenn die Sorben ihre Kultur und Sprache bewahren wollen, wird es ohne Schulwesen nicht gelingen. Die Frage ist aber, wer das Sejm wählt? Sie wollen letzt endlich kein Staat gründen, sondern die Kultur bewahren. Mehr Geld für das Bildungssystem in Brandenburg kann nur Helfen. (Ich bin kein Sorbe)

  4. 3.

    Das Auftreten dieses "serbski sejm" sollte man sehr kritisch betrachten. Alles sehr aggressiv. Und er ist von einer sehr kleinen Minderheit der Sorben "gewählt" worden. Von Alleinvertretungsanspruch kann damit keine Rede sein. Besonders bedenklich ist, dass dieser "serbski sejm" in dem Siedlungsgebiet der Sorben UND!!!! Wenden rumgeistert und nur die Sorben vertreten will und dieses Siedlungsgebiet nur für die Sorben beansprucht. Solche Gebiets- und Herrschaftsansprüche sind schon ein starkes Stück in unserem förderalen freien Land.

  5. 2.

    Wer sich abgrenzt, grenzt auch aus. Die Forderungen sagen mir nur eins, sie wollen nichts mit Deutschland zu tun haben.

  6. 1.

    Der serbski sejm ist politisch nicht legitimiert und von den Ländern Brandenburg und Sachsen nicht als sorbische /wendische Interessenvertretung anerkannt.
    Ich glaube dieser Satz sagt alles zu dem Selbsternannten Machtanspruch von rund 800 Wählern.
    Auch die im Artikel geforderten erwähnten Sonderrechte, die weit über die Minderheitenregelungen der dänischen Minderheit hinausgehen zeigt, dass hier sich ein Staat im Staate bilden will.

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