Übergewicht, psychologische Probleme, Infektionen - Lausitzer Ärzte registrieren Pandemie-Folgen bei Kindern

Do 25.11.21 | 15:10 Uhr
Audio: Antenne Brandenburg | 25.11.2021 | Ralf Jußen

Eine Corona-Infektion verläuft bei Kindern meist ohne Auffälligkeiten. Doch die Pandemie kann andere Spuren hinterlassen, beobachten Kinderärzte. Dazu gehören beispielsweise psychische Probleme, Konzentrationsprobleme oder Übergewicht.

Eine Corona-Infektion verläuft bei Kindern meist mild oder sogar ohne Symptome. Dass sie schwer erkranken, sei die absolute Ausnahme, sagte der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, erst Anfang der Woche. Auch Lausitzer Kinderärzte berichten auf rbb-Nachfrage, dass seit Beginn der Pandemie in den Krankenhäusern kaum Kinder als Patienten behandelt werden mussten.

Dennoch sind Kinderarztpraxen voll, wie in Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz) bei Andrea Bethke. Zu Hochzeiten seien bis zu 140 Kinder am Tag in ihrer Praxis gewesen, mit ganz unterschiedlichen Problemen. "Manche Eltern sind schon ganz verzweifelt, weil die Kinder von einem Infekt in den anderen fallen", sagt Kinderärztin Bärbel Kammel aus Lauchhammer (Oberspreewald-Lausitz).

Ihr Senftenberger Kollege Mathias Genné sieht den Grund in den Corona-Beschränkungen der vergangenen Monate. "Das Immunsystem arbeitet ja auch mit Training und dieses Training ist in den letzten Monaten sehr gering gewesen, weil wir auch durch die Maskenpflicht wenige Keime weitergegeben haben."

"Deutlich weniger Bewegungen"

Neben den Infektionen gebe es laut Genné weitere Erkrankungen als Pandemie-Folgen. "Es kommen Kinder mit psychologischen Problemen, depressiven Verstimmungen, auch mit deutlichem Übergewicht, Kreislaufproblemen." So seien zum Beispiel das Home-Schooling und der Bewegungsmangel durch ausgefallenen Sport dafür verantwortlich, sagen die Ärztinnen Kammel und Bethke. "Aufgrund des Wegfalls von Vereinssport und Schulsport kommt es zu deutlich weniger Bewegungen", sagt Bärbel Kammel. Sie beobachtet auch Konzentrationsschwierigkeiten durch "übermäßigen Medienkonsum". Dieser werde "noch forciert, weil sie die ganze Zeit vor dem Computer, vor dem Fernseher sitzen", so die Kinderärztin.

Dass die Corona-Pandemie die Zunahme von Depressionen, Angststörungen und anderen psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen verstärkt, hatte bereits im Sommer eine Auswertung von Versicherten-Daten ergeben.

Alle drei Lausitzer Fachärzte wünschen sich, dass Eltern weiter regelmäßig den Kontakt zu Kinderärzten halten - egal ob bei Vorsorgeuntersuchungen oder Verhaltensauffälligkeiten.

Anstieg an RSV-Infektionen

Dass es in Kinderarzt-Praxen im Herbst voller wird, ist normal. "Aber jetzt kommt es geballt", sagte bereits Ende Oktober der Berliner Kinder- und Jugendmediziner Jakob Maske.

Die Menge der Erkältungen nehme zu, bemerkbar sei auch ein Anstieg an Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus, kurz RSV. Das Virus sei "besonders aggressiv", so Maske, und könne auch bei Kleinkindern zu Entzündungen an den Bronchien führen. Besonders für Frühgeborene und vorerkrankte Kinder im ersten Lebensjahr ist das Virus gefährlich.

Marcus A. Mall, Direktor der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin an der Charité wies im Oktober darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen mehr RSV-Fällen und der Pandemie "weder untersucht noch belegt" sei. Aber auch er vermutete, dass die Infektwelle darauf zurückzuführen ist, dass Säuglinge und Kleinkinder während dieser Zeit "keine natürliche Immunität gegen RSV und andere Vieren aufbauen konnten und deshalb in der aktuellen Infektsaison nicht geschützt sind und daher mehr Kinder gleichzeitig erkranken".

Was Sie jetzt wissen müssen

Mit Informationen von Ralf Jußen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 25.11.2021, 15:10 Uhr

Das könnte Sie auch interessieren

Bild in groß
Bildunterschrift