Katastrophen-Warnsystem "Cell Broadcast" - Warum alle Berliner und Brandenburger bald eine wichtige Info aufs Handy bekommen

Fr 11.11.22 | 14:43 Uhr
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Ein Handy-Display zeigt eine Warn-Meldung. (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Das neue Warnsystem Cell Broadcast will möglichst die ganze Bevölkerung erreichen. Im Fall einer Katastrophe erscheint eine Art Eilmeldung auf Millionen Handys. In Kürze startet das Projekt, doch nicht alle profitieren davon. Alles, was Sie wissen müssen.

Wie lässt sich die Bevölkerung schnellstmöglich erreichen, wenn ein Chemieunfall passiert, Hochwasser droht, Waldbrände, Stürme oder andere Wetterlagen zur Gefahr werden? In Deutschland soll dies künftig mit Hilfe von "Cell Broadcast" geschehen, einem Warnsystem aufs Handy. Am 8. Dezember gibt es hierzu einen bundesweiten Warntag mit einem Testlauf. Um auf diesen vorbereitet zu sein, werden Handybesitzer in den kommenden Tagen eine Info-SMS bekommen.

Was ist Cell Broadcast?

Cell Broadcast ist ein bundesweites Warnsystem, das Hinweise sendet, wenn Gefahr droht – zum Beispiel ein heftiges Unwetter, nach einem gravierenden Störfall oder bei Erdbeben. Diese Hinweismeldungen werden dann automatisch auf Handys gesendet.

Wie funktioniert das?

Um per "Cell Broadcast" (wörtlich: "Aussendung in einer Zelle") ausgesandte Nachrichten zu empfangen, ist keine App notwendig. Das Mobilfunkgerät muss jedoch eingeschaltet und im Mobilfunknetz sein. Es erscheint dann eine Nachricht im Display - in der eingestellten Landessprache des Empfängers. Bei der höchsten Warnstufe soll es zusätzlich einen Ton geben - unabhängig davon, ob das Telefon leise gestellt ist oder nicht.

Es handelt sich dabei nicht um eine SMS, sondern um eine andere Methode des Nachrichtenversands, die von (fast) allen Handys und Smartphones verstanden wird. Auf diese Weise lassen sich Millionen von Menschen erreichen, ohne die Mobilfunknetze zu überlasten.

Menschen beziehungweise Regionen können damit auch gezielt ausgewählt und gewarnt werden. Denn der lokale Katastrophenschutz kann auch nur einige wenige Mobilfunkmasten auswählen, die eine Warnmeldung aussenden.

Nachteil: Bricht das Mobilfunknetz komplett zusammen, funktioniert die Technik nicht mehr.

Wann kommt Cell Broadcast zum Einsatz?

In welcher Region eine Benachrichtigung erfolgt, entscheidet eine Leitstelle. Die Mobilfunk-Provider sorgen dann dafür, in den ausgewählten Regionen die Nachricht zu versenden.

Warnen können Bund, Bundesländer, Feuerwehr, Polizei, Hochwasserzentralen und der Deutsche Wetterdienst.

Wovor warnt Cell Broadcast dann?

Vor Naturgefahren wie Hochwasser, Überschwemmungen, Lawinengefahr, Erdbeben kann mithilfe von Cell Broadcast gewarnt werden. Außerdem vor gefährlichen Wetterlagen wie schweren Stürmen und Sturmfluten, starken Schnee- und Regenfällen oder Hagel, Hitze- und Kältewellen, schweren Gewitter oder hoher UV-Strahlung.

Gewarnt werden kann auch vor Gewalt- und Waffenangriffen, vor Unfällen in Chemiebetrieben, schweren Störungen des Verkehrs, Stromausfällen, Ausfall der Versorgung, Krankheitserregern, Radioaktivität oder Feuer.

Was genau soll das?

Die beteiligten Behörden sollen demnächst ganz einfach kurze Textnachrichten verschicken können. Und zwar an sämtliche Mobilfunkgeräte, die in einem bestimmten Gebiet zu diesem Zeitpunkt eingeschaltet sind.

Wird der Datenschutz gewahrt?

Cell Broadcast kann komplett anonym betrieben werden. Es fallen keine Daten an. Die Betreiber wissen weder, wer die Nachricht empfangen hat, noch wann oder wo. Die Informationen werden wie ein Radioprogramm "ausgestrahlt" (deshalb: "Broadcast").

Behörden, die Menschen warnen wollen, brauchen also keine persönlichen Daten von Handybesitzern, keine Telefonnummer, keinen Standort. Die zuständigen Institutionen warnen anonym alle, die in diesem Moment in einem Gefahrenbereich sind - lokal oder deutschlandweit.

Wer kriegt wann eine Vorwarnung fürs Warnsystem Cell Broadcast?

Alle Besitzer eines Mobiltelefons in Deutschland werden in den kommenden Tagen mit einer Textnachricht über das neue Katastrophen-Warnsystem Cell Broadcast informiert. Dabei werden Kundinnen und Kunden von Vodafone, Deutsche Telekom und Telefónica (O2) Informationen über das neue Katastrophen-Warnsystem Cell Broadcast erhalten. Damit wollen die drei großen Mobilfunkanbieter auf den kommenden bundesweiten Warntag am 8. Dezember aufmerksam machen.

Was hat es mit dem bundesweiten Warntag auf sich?

Neben den klassischen Sirenen soll am bundesweiten Warntag am 8. Dezember zum ersten Mal das Warnsystem "Cell Broadcast" in allen 294 Landkreisen und 107 kreisfreien Städten in Deutschland getestet werden. Am diesem Tag werden die Behörden in unterschiedlichen Regionen testweise Warnungen aktivieren.

Ab 11 Uhr aktivieren die beteiligten Behörden und Einsatzkräfte unterschiedliche Warnmittel wie beispielsweise auch Radio und Fernsehen, digitale Stadtanzeigetafeln oder Warn-Apps. Durch Vielzahl und Vielfalt der Warnmittel wird sichergestellt, dass eine Warnung möglichst viele Menschen erreicht.

Durch die Probewarnung am Warntag werden die Warnwege und die Abläufe im Fall einer Warnung praktisch getestet. So sollen Schwachstellen gefunden und optimiert werden.

Wie es nach dem Warntag weitergeht

Die Testphase von Cell Broadcast soll nach Informationen der Verbraucherzentrale Ende Februar 2023 enden. Dann soll das System voll einsatzbereit sein, plant das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

Welche Handys können das (nicht)?

Eine sichere Aussage zur Cell-Broadcast-Fähigkeit von Smartphones in Deutschland ist aktuell nicht möglich, teilt das Bundesamt für Katastrophenschutz auf seiner Internetseite mit.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll das neue Warnsystem bei iPhones mit dem Betriebssystem iOS 16, 15.7.1 und 15.6.1. funktionieren. Das wären Apple-Modelle ab der 7er-Generation. Geräte mit dem Google Betriebssytem Android sind wohl ab Version 11 kompatibel.

Schätzungsweise ein Drittel aller Android-Smartphones läuft allerdings mit einer älteren Version, die kein Cell Broadcast empfangen kann.

Wer die Notfallbenachrichtigungen auf dem Handy deaktiviert hat, kann Warnmeldungen geringerer Warnstufe nicht empfangen.

Je nach Gerät müssen Alarme durch Cell Broadcast - und eventuell auch schon die Testalarme - zuvor manuell aktiviert werden. Bei iPhones, die das System unterstützen, lässt sich der Empfang von Testwarnungen über das Menü "Mitteilungen" und die dortige Rubrik "Cell Broadcast Alerts" aktivieren. Auf Android-Modellen findet sich diese Möglichkeit meist in den "Einstellungen" unter dem Untermenü "Sicherheit und Notfall". Der Punkt zum Ein- und Ausschalten der Nachricht heißt beispielsweise "Drahtlose Notfallwarnungen" oder "Notfallbenachrichtigungen für Mobilgeräte".

Und wenn es nicht geklappt hat?

Rückmeldungen zu (auch nicht erhaltenen) Nachrichten aus Cell Broadcast und allen anderen Warnsystemen können ab dem 8. Dezember auf der Internetseite [warnung-der-bevoelkerung.de] eingegeben werden. Auch in der Warn-App NINA sowie auf den Internetseiten und Social-Media-Kanälen des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sollen Rückmeldungen möglich sein.

Warum das Ganze und warum zu diesem Zeitpunkt?

Anlass für die Einführung von Cell Broadcast in Deutschland waren die heftigen Unwetter in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Juli 2021, bei denen es über hundert Tote gab. Die Flutkatastrophe hatte gezeigt, dass die Warn-Apps und klassischen Sirenen nicht ausgereicht haben, um die Bevölkerung flächendeckend vor der Gefahr zu warnen.

Nach dem Unglück im Ahrtal und anderen betroffenen Gegenden entzündete sich eine Diskussion, warum die Einführung von Cell Broadcast so viel Zeit in Anspruch nimmt. Allerdings hatte der Gesetzgeber den beteiligten Providern und Smartphone-Herstellern eine Frist bis zum Februar 2023 eingeräumt, um das Warnsystem technisch umzusetzen.

In Japan, Kanada oder Neuseeland werden Cell-Broadcast-Warnungen schon länger genutzt, um die Bevölkerung bei Naturkatastrophen wie Erdbeben, Bränden oder Hochwasser zu warnen. Und auch in anderen EU-Staaten ist Cell Broadcast schon seit Jahren im Einsatz.

Sendung: Fritz, 12.11.2022, 09:10 Uhr

36 Kommentare

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  1. 36.

    Ob es auch eine CB-Warnung gibt, wenn "Mutti" wieder antritt? Nur so'ne Idee.

  2. 35.

    Richtig. Ich rieche sogar, wenn der Nachbar im Nebenaufgang auf dem Balkon raucht. Dann mach ich das Fenster zu. Vielleicht gibt es auch geruchlose Gefahrgüter, die in Fahrzeugen transportiert werden. Ok, dann habe ich Pech gehabt. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit, niemals.

  3. 34.

    Der Senat ist nun bundesweit zuständig? Erleuchten Sie uns doch bitte: Wann wurde die Bundesregierung durch den Berliner Senat ersetzt? Oder ist das wieder nur tumbes Senatsbashing, weil RGR? Nein, ganz bestimmt nicht, oder? ;)

  4. 33.

    Könnte ja auch eine Warnung sein die Fenster geschlossen zu halten weil nebenan ein gefahrguttransporter umgekippt ist, aber das merkt man dann ja wenn man Atemnot bekommt wa.

  5. 32.

    "Ach Du grüne Neune ... Ich nutze seit 5 Jahren ein (ganz prima) Smartphone mit Android 6.0.1 … Kommt mir gar nicht veraltet vor und ich „fühle Nachhaltigkeit“ … Aber da gibt‘s keine Meldung ?! … Nee, oder ?"

    Sie verwenden ein Gerät mit einem Betriebssystem, für das der Support - auch für Sicherheitsaktualisierungen - schon vor mehr als 4 Jahren eingestellt wurde. Rein sicherheitstechnisch spricht man bei so einem langen Zeitraum von "offenem Scheunentor". Aber abgesehen davon, sie erwarten Unterstützung für ein System, das so lange schon 'End-of-Life' ist? Nee, oder? Die älteste noch unterstützte Android-Version ist Android 10.
    Ihre Frage sollte eher lauten 'Mein Smartphone-Hersteller gibt mir für ein vor 5 Jahren gekauftes Modell schon seit mehr als 4 Jahren keine Android-Updates!? Nee, oder?'

  6. 31.

    Ach Du grüne Neune ... Ich nutze seit 5 Jahren ein (ganz prima) Smartphone mit Android 6.0.1 … Kommt mir gar nicht veraltet vor und ich „fühle Nachhaltigkeit“ … Aber da gibt‘s keine Meldung ?! … Nee, oder ?

  7. 30.

    Ich finds gut und überfällig. Solange es nicht „missbraucht“ wird, um die inzwischen weit verbreitete Angst und Panik vor der Apokalypse zu verschärfen.
    Für die ganzen Warnapps würde ich mir wünschen dass, man das mal aufräumt. Katwarn, NINA und BIWAPP erfüllen alle ähnliche Funktionen aber keine vollumfänglich und überall gleich gut. Akkustromverbrauch bei NINA war mir zu hoch.
    Vielleicht benutze ich oder die lokalen Behörden die Systeme aber auch nur falsch.

  8. 28.

    "- all die Personen ohne Handy/Smartphone sollten sich neben einer Person aufhalten die ein solches Gerät hat"
    Also ich häng' lieber mit einer Person ab, die ich mag - und dabei ist das Handy sowas von abgemeldet :-).

  9. 27.

    Ich habe das auf meinem Handy gleich mal ausgeschaltet. Ich wohne in Brandenburg, weit entfernt von jedem Berg, Fluss, Vulkan. Wenn es schneit, sehe ich das bei einem Blick nach draußen. Wenn ein Gewitter naht, ebenso. Sturm merkt man in der Regel auch, wenn man draußen ist. Bleibt also ein Unfall, ein bewaffneter Angriff oder eine andere menschengemachte Katastrophe. Aber ob mir da das Handy hilft...

  10. 26.

    Das wird sicher wieder eine Luft- Nummer des Berliner Senats .
    Funktioniert nur bei ein drittel alller Handy's . Wenn die das schon vorher wissen , warum wird nicht etwas gemacht , was von allen Handy's empfangen wird ?

  11. 25.

    Vielleicht hilft dies:

    https://www.usp-forum.de/threads/huawei-p30-pro-cell-broadcast-nachrichten-aktivieren-oder-ungewollte-cb-nachrichten-deaktivieren.149448/

  12. 24.

    Ich liebe mein Handy....damit kann ich spontan telefonieren. Ich erhalte ab und zu eine Whats up. Und ich habe mein Zeug über Doclib.
    Ich hoffe ich werde den nächsten Schnellfall nicht verschlafen.

  13. 23.

    Es ist an und für sich das bestmögliche zur Verfügung stehende System. Mich wundert nur, dass es in manchen etwas älteren Smartphones zwischenzeitlich anscheinend nicht mehr drin sein soll. Wo es doch in klassischen Handys immer drin ist.

    Prinzipiell können mit der Technik alle Menschen sehr gut, einfach und punktgenau erreicht werden. Menschen die hier Wohnen und Touris ebenso. Und das Zellengenau.

    Diese ollen Sirenen braucht echt niemand mehr, bloß nicht wieder auf die Dächer schrauben. Bitte nicht! Davon kriegt man nur einen Schock wegen der alten Kriegsfilme. Außerdem weiß man nicht was nun für ein Alarm sein soll: Krieg, Kernschmelze, Hochwasser, Feuer, was auch immer. Inhaltlich ungenau und auch örtlich viel zu ungenau. Sirenen sind einfach veraltet.

  14. 22.

    Ich habe ein Huawei P30 lite und finde darin nirgends eine Angabe, um welche Android-Version es sich handelt.

    Außerdem gib es unter "Sicherheit" nichts, was mit Notfallwarnumgen zu tun hat. Woanders gibt es eine SOS-Funktion, aber die dient nur dem Absetzen von Notrufen.

    Kann mir jemand mit einem ebensolchen Smartphone oder generell Huawei Gerät helfen, wo sich die Option zur Aktivierung von Cell Broadcasting findet?

  15. 21.

    "- all die Personen ohne Handy/Smartphone sollten sich neben einer Person aufhalten die ein solches Gerät hat
    (viele ältere Personen haben soetwas nicht da diese sich mit soetwas nicht auskennen/nicht leisten können" alternativ könnte man etwas Achtsamkeit walten lassen und mit den Nachbarn reden (!!), so dass man die o. g. Personen warnen und "mitnehmen" kann.

  16. 20.

    Cell Broadcast ist ein sog. Push-Dienst. Bei "Uralt-Knochen" im Menü mal nachsehen ob dort, z.B. bei Anwendungseinstellungen, eine Option für WAP-Push vorhanden ist. Der Rest sollte in der Bedienungsanleitung stehen.

  17. 19.

    Der letzte Testwarntag war ja ein riesiger Flop. Mal sehen, wie es diesmal geht!

  18. 18.

    Na toll! Ich habe hier nur ein Telex zu stehen. Wie soll ich da bitteschön eine Warnung erhalten? ;-)

  19. 17.

    Achso: Ansonsten bin ich mit Sicherheit nicht der Einzige der sich solche dämlichen Hinweise auf Google&Co verbittet!!!

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