Interview | Imker aus Cottbus - Warum die Stadtbiene der Landbiene gegenüber manchmal im Vorteil ist

Sa 20.05.23 | 18:49 Uhr
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Imker Sven Hoffmann.(Quelle:privat)
Bild: privat

Die Leiden der Bienen sind seit einigen Jahren immer wieder Thema. Imker Sven Hoffmann weiß, was Wild- und was Honigbienen umtreibt. Denn die beiden Gattungen kämpfen mit ganz unterschiedlichen Problemen - und dem Stadt- und Land-Gefälle.

Zur Person

rbb|24: Hallo Herr Hoffmann, Sie sind Imker. Verraten Sie uns, was der Unterschied zwischen Wild- und Honigbienen ist? Nur der, dass erstere niemandem gehören?

Sven Hoffmann: Wild- und Honigbienen sind verschiedene Gattungen. Der große Unterschied ist, dass die Honigbiene Honig sammelt und die Bienen staatenbildend sind. Die Bienen leben also in Staatsgefügen und haben dadurch die Möglichkeit, Vorräte zu sammeln. Denn sie können sich verteidigen und können über einen längeren Zeitraum Vorräte anlegen. So haben wir Imker auch die Möglichkeit, Honig zu entnehmen. Wildbienen sind oft Solitärbienen, die einzeln leben und keinen Vorrat anlegen.

Die bekanntesten Wildbienen sind Hummeln oder die Schwarze Holzbiene, die hier immer heimischer wird. Es gibt über 500 Wildbienenarten. Und bei der Gefährdung der Bienen geht es eigentlich immer um die Wildbienen. Denn die Honigbiene ist von Imkern betreut in Deutschland. Da wachsen die Völkerzahlen jährlich.

Welche Honigbienen-Rassen gibt es und welche eignen sich für Imker in Brandenburg?

Wir Imker arbeiten zwar mit den Honigbienen, kümmern uns aber auch mehr und mehr um die wilden Schwestern der Honigbiene. Da gibt es einige Projekte und wir machen Aufklärungsarbeit an Schulen.

Bei den Honigbienen gibt es vier oder fünf gängige Rassen, die sich an unsere klimatischen Bedingungen gut angepasst haben. Hier in Brandenburg ist die Kärntner Biene, die Carnica, der Vorreiter. Südlich der Alpen zum Beispiel gibt es viel die Ligustica, die etwas andere Voraussetzungen braucht – andere Temperaturen zum Fliegen beispielsweise. Oder die Buckfast-Biene aus England, das ist eine Züchtung aus einem englischen Kloster. Dann gibt es noch die Dunkle Nordbiene. Das sind die Bienen-Rassen, die auch in Deutschland gängig sind. Die kann man auch in Brandenburg halten.

Doch die Bienen haben ja eine Entwicklung hinter sich. Und die Carnica ist die hier am besten zu haltende Bienen-Rasse. Das war auch sozusagen die "DDR-Staatsbiene". Deshalb gibt es auch Zuchterfolge, was charakterliche Eigenschaften betrifft. Ein wenig ist das dann wie im Pflanzenbereich: Man arbeitet viel mit gebietsheimischem Saatgut. Wie bei den Samen sind auch bestimmte Bienen gut angepasst an die Lebensbedingungen in bestimmten Bereichen. Das heißt aber nicht, dass die anderen Bienen überhaupt nicht zurechtkommen würden.

Nass, trüb, kalt: Wir erleben ja klimatisch ein fast schon ungewöhnlich kühles Frühjahr. Was macht das mit den Bienen?

Faktisch haben wir einen klimatisch normalen Frühling. Das besondere Klima hatten wir eher in den vergangenen Jahren, die so heiß waren. Das waren die extremen Jahre. Deshalb kommt uns allen das wechselhafte Wetter in diesem Jahr so unnormal vor.

Bemerkenswerter ist für uns, dass wir keine strengen Winter mehr haben. Das betrifft die Wild- und die Honigbienen, die mit dem Wintereinbruch in eine Winterruhe und aus der Brut gehen. Honigbienen überwintern bis zum Beginn des Frühjahrs mit dem angelegten etwa 14 Kilo Vorrat. Dass es jetzt teils Mitte Dezember Temperaturen von 14 bis 15 Grad gab, ist problematisch. Das sind Frühlingstemperaturen und die Bienen kommen dann sehr schnell in ihr Brutgeschäft. Wenn sie Brut anlegen, müssen sie die pflegen und wärmen. Das bedeutet einen erhöhten Energieaufwand für die Bienen.

Und dann stellt sich auch noch die Frage, inwieweit Parasiten und Schädlinge gut über den Winter kommen. Gerade in wärmeren Wintern können auch sie auch zeitig starten. Das ist auch nicht gut. Das betrifft die Honigbienen auch stärker als die Wildbienen. Letztere überwintern ja auch einzeln. Da kann nicht ein ganzes Volk befallen werden.

Man muss aber zum Zustand der Bienen sagen, dass es den Honigbienen immer so gut geht, wie der Imker es mitgestaltet. Sie sind ja fast nie freilebend, sondern fast immer vom Imker geführt. Da wird dann nachgefüttert im Zweifelsfall. Wir Imker schauen auch immer, wie bestimmte Trachtpflanzen gerade entwickelt sind. In diesem Jahr waren Haselnuss und Stachelbeere, das sind "Zeigerpflanzen", die uns anzeigen, das bestimmte Aktivitäten dran sind, fast 14 Tage zu früh dran. Für uns Imker ist immer interessant, wann das Blühangebot da ist und wann das Bienenvolk stark entwickelt ist. Wenn Kirsche, Apfel und Raps blühen, dann will man starke Bienenvölker haben, die bestäuben können. Das hat, obwohl die Honigbienenvölker in diesem Jahr sehr spät waren und die Trachten sehr früh, in diesem Jahr gut geklappt. Obwohl es in diesem Jahr für mein Gefühl mehr Völkerverluste im Winter gegeben hat. Das führe ich auf Parasiten, die sich durch den nicht sehr kalten Winter stark entwickeln konnten, zurück.

Hinzu kommt noch die Bedrohung durch die Amerikanische Faulbrut. Wenn Völker da befallen sind, werden sie im Regelfall komplett gekeult – also abgeschwefelt. Da muss man als Imker gut aufpassen – insbesondere etwaige Sperrbezirke einzuhalten.

Haben Bienen jetzt ein besseres Nahrungsangebot, weil nach dem Bienensterben mehr auf Blüh- und Nahrungsangebote für Bienen geachtet wird? Ist da noch Luft nach oben?

Auch hier gibt es wieder einen Unterschied zwischen Honig- und Wildbienen. Honigbienen fliegen weitere Distanzen – etwa drei bis vier Kilometer. Wildbienen fliegen oft nur wenige hundert Meter. Wenn eine Honigbiene eine gute Nektarquelle gefunden hat, fliegen die Bienen zurück und kommunizieren das durch Schwänzeltanz und anderes den anderen Honigbienen und alle fliegen dorthin. Die Wildbienen bemühen sich, jede einzelne Blüte abzufliegen und haben daher einen größeren Bedarf, zusammenhängende Trachtflächen zu finden. Wir sprechen gern vom Trachtenfließband – dem Zeitraum vom frühen Frühjahr bis zum späten Herbst. Da sollte durchweg Tracht, also Blüte, vorhanden sein. Das ist schwer. Hier gibt es oft ein paar Wochen ein Überangebot und dann wird es in unseren sehr organisierten Kulturräumen schwieriger.

Teilweise haben die Bienenvölker, die in der Stadt gehalten werden, es da sogar mitunter einen Vorteil. Weil durch Balkonbepflanzung, Parkanlagen und auf Friedhöfen immer wieder frische Nektarpflanzen angeboten werden. Im ländlichen Bereich haben wir oft noch das Problem, dass es viel Monokulturen wie Mais gibt. Das ist problematisch. Artenreiche Pflanzen auf den Feldern wären da schon eine gute Sache. Mitunter gibt es auch bedenkliche Züchtungen. Es gibt beispielsweise wunderbar blühende Sonnenblumenfelder. Doch da ist das Saatgut so ausgelegt, dass jeder Tropfen Wasser in das Öl geht – und kein Nektar zur Verfügung steht. Da gab es schon Bienenvölker, die eigens dorthin gebracht wurden und fast verhungert sind.

Wie viel Honig erntet man als Imker mit wie vielen Bienen in welcher Zeit?

Ein gut entwickeltes Bienenvolk hat im Sommer bis zu 50.000 Bienen. Man kann da zwischen 20 und 30 Kilo Honig ernten.

In welchem Zeitraum?

Das kann relativ schnell gehen. Wenn ein Volk direkt am Rapsfeld steht, ist das in wenigen Wochen möglich. Wenn Beispielsweise Imker im Hobbybereich nicht sortenrein abschleudern, sondern verschiedene Trachten zusammenmischen, liegen sie auch bei ungefähr 20 bis 30 Kilo in einer Saison.

Bei welcher Tätigkeit trägt man als Imker eigentlich Schutzkleidung?

Das ist eine persönliche Entscheidung. Es gibt Imker, die generell ohne Schutz arbeiten. Viele sagen, sie schauten dann mehr auf die Bienen und dass diese entsprechend ruhig sind. Im Endeffekt kommt es auf das eigene Schutzbedürfnis an. Es gibt auch Imker, die im Laufe ihrer Tätigkeit Allergien ausbilden und es sich nicht erlauben können, gestochen zu werden. Sie arbeiten dann immer voll geschützt. Es gibt ja auch verschiedene Varianten von Schutzkleidung. Einmal Anzüge von Schuh bis Kopf oder auch nur einen Schleier. Manche arbeiten auch nur mit Handschuh.

Es gibt aber auch Arbeiten, die nicht ganz so intensiv und gefährlich sind wie Honig ernten oder wenn man einen anderen großen Eingriff im Volk macht.

Was war denn die maximale Anzahl an Stichen, die Sie sich beim Imkern eingefangen haben?

Ich gehöre zu den Imkern, die geschützt arbeiten. Ich habe selten mehrere Stiche parallel. Ich kenne aber auch ältere Imker, die früher gar nichts getragen haben. Für die gehörten acht, neun Stiche am Arm irgendwie dazu. Doch jeder Stich ist, auch wenn man sie gewohnt ist, eine Belastung für den Körper.

Auch reißen Bienen ja, wenn sie Menschen und Säugetiere stechen, den Stachel mit heraus und sterben dann. Dabei versprühen sie einen Duftstoff, ein Pheromon, der ein bisschen nach Bananen riecht. Da kommen dann gleich noch andere Bienen herbei.

Wegen dieses Geruchs passen wir übrigens auch immer gut auf, dass Kinder, die mit an den Bienenstöcken sind, keine Bananen in ihren Frühstückspaketen haben.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.05.2023, 17:30 Uhr

5 Kommentare

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  1. 5.

    Schließe mich meinen Vorkommentatoren an. Danke!

  2. 3.

    Irgendwann einmal - da lebte ich noch in einer anderen Wohnung - habe ich ma aus Charlottenburg Ofenkacheln aus einem Abriss mit nach Hause genommen. Da war noch viel Schamott dran.
    Wenn ich doch bloß gewusst hätte, wozu die gut sein können, hätt ich den ganzen Ofen nach Hause geschleppt :D.

    Jedenfalls benutzte ich diese Kacheln als Untersetzter. So u.a. für einen Feigenkaktus, der ganzjährig draußen auf der Loggia steht. In dem Schamott der Kachel wohnen nun schon seit Jahren - sehr standortreu - Wildbienen. Eigentlich habe ich jedes Frühjahr nur zwei gesehen, dieses Jahr erstmalig drei. Sie scheinen also erfolgreich(er) gewesen zu sein.

    Ich rede mit meinen Bienchen, auch, wenn diese ganz offensichtlich mich eher als Störenfried empfinden und eher genervt sind. Es macht viel Spaß, sie zu beobachten und zu fotografieren.

  3. 2.

    Ein wirklich guter Bericht .Sehr sachbezogen und Realitätsbezogen.
    Keine Unsinnige Polemik zum Thema Pflanzenschutz im Raps. Wenn die Fachleute keinen Unsinn schreiben dann sollten die Amateure sich der Stimme enthalten.
    Alle Präparate ,welche im Raps oder anderen Kulturen appliziert werden sind durch das sicherste Prüfungsverfahren gegangen .Das deutsche Pflanzenschutzrecht ist das härteste der Welt.
    Alles was aus Afrika ,Asien und einigen Ländern dieser Welt eingeflogen wird unterliegt nicht mal im Geringsten diesen Adäquaten Richtlinien.
    Mal nachdenken bitte!

  4. 1.

    Ein sehr interessantes Gespräch über die Bienen. Viel Neues erfahren . Vielen Dank!
    Hoffentlich werden die Pestizide auf den Feldern weiter reduziert und dafür Alternativen gefunden, damit uns diese wichtigen Insekten erhalten bleiben.

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