Streit in der Koalition - Brandenburger Aktionsplan für Flüchtlinge soll in vier Wochen stehen

Di 07.03.23 | 17:32 Uhr
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Symbolbild: Geflüchtete Menschen aus der Ukraine nach ihrer Ankunft in Deutschland. (Quelle: dpa/S. Babbar)
Audio: rbb24 Inforadio | 07.03.2023 | Nico Hecht | Bild: dpa/S. Babbar

In der Brandenburger Koalition herrscht Uneinigkeit, wie Geflüchtete im Land untergebracht werden sollen. Am Dienstag diskutierte das Kabinett Vorschläge von CDU, SPD und Grünen - mit dem Ergebnis: Diskussion vertagt.

Die Brandenburger Landesregierung will innerhalb von vier Wochen ein Konzept vorlegen, das die Kommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten entlasten soll. Das kündigte Regierungssprecher Florian Engels am Dienstag im Anschluss an eine Sitzung des Kabinetts an.

Damit dämpfte er Erwartungen, dass bei der Konferenz von Landesregierung, Landräten und Oberbürgermeistern am Freitag bereits konkrete Maßnahmen vereinbart werden. "Die Gespräche in der Landrätekonferenz gehen in den weiteren Prozess ein", sagte Engels.

Uneinigkeit innerhalb der Koalition

In der Landesregierung streiten sich SPD, CDU und Grüne darüber, wie der aktuelle Zustrom von Geflüchteten und Asylsuchenden bewältigt werden soll. Zwar ist sich die Koalition darüber einig, dass die Kommunen bei der Unterbringung und Integration von Geflüchteten unterstützt werden sollen.

Vielerorts werden Wohnungen oder Plätze in Gemeinschaftsunterkünften knapp. Auch in Kindergärten und Schulen gibt es Engpässe. Es gibt aber unterschiedliche Auffassungen darüber, wie die Probleme gelöst werden können.

SPD fordert Nachbesserungen

CDU-Innenminister Michael Stübgen hatte vorgeschlagen, Tausende neue Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen zu schaffen und dort vor allem Menschen mit schlechter Bleibeperspektive bis zu anderthalb Jahre lang unterzubringen. Auf diese Weise müssten weniger Menschen an die Kommunen verteilt werden.

SPD-Fraktionschef Daniel Keller forderte den Innenminister zu Nachbesserungen auf. Seine Fraktion werde nicht mittragen, wenn zum Beispiel in Frankfurt (Oder) 3.000 neue Plätze "überproportional" geschaffen würden, sagte Keller. Für eine längere Unterbringungszeit in Erstaufnahmeeinrichtungen zeigt er sich allerdings offen. Auch er sei dafür, Menschen mit schlechter Bleibeperspektive nicht unmittelbar auf die Kommunen zu verteilen.

Grüne: Menschen nicht je nach Bleibeperspektive unterschiedlich behandeln

Die Grünen betonten, sie stünden für eine möglichst schnelle dezentrale Verteilung von Geflüchteten. Als "Puffer" sei eine Ausweitung der Unterbringung in der Erstaufnahme auf 18 Monate denkbar. Dazu müssten aber nicht Tausende neue Plätze geschaffen werden, sagte die Fraktionsvorsitzende Petra Budke.

Aus ihrer Sicht sei es zudem nicht sinnvoll, Menschen je nach Bleibeperspektive unterschiedlich zu behandeln. So seien zum Beispiel Abschiebungen nach Afghanistan oder Syrien derzeit nicht durchführbar, auch wenn ein Asylantrag abgelehnt worden sei. Menschen, die dann eine Duldung erhielten, müssten eine Chance zur Integration erhalten.

Brandenburg rechnet mit etwa 26.000 Geflüchteten

Stübgens Vorschlag so genannter Landesobhuteinrichtungen für Menschen mit schlechter Bleibeperspektive stieß sowohl bei SPD als auch bei Grünen auf Kritik. SPD-Fraktionschef Keller sagte, es fehle die gesetzliche Grundlage, um Menschen bis zu vier Jahre in solchen Gemeinschaftseinrichtungen unterzubringen.

Die Landesregierung rechnet damit, dass in diesem Jahr etwa 26.000 Geflüchtete nach Brandenburg kommen (2022: 39.000). Aktuell sind knapp 3.300 der 4.900 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen belegt. Wöchentlich werden aktuell etwa 200 Personen in den Standorten der Zentralen Ausländerbehörde aufgenommen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 07.03.2023, 19:30 Uhr

13 Kommentare

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  1. 13.
    Antwort auf [Bernd ] vom 08.03.2023 um 17:54

    Derzeit bleiben ja auch die meisten Menschen ohne Bleibeperspektive, sogar viele Ausreisepflichtige.
    Wollen Sie alle in Bierzelten unterbringen, und dann? Wie lange in solch einem Zelt? Und danach? Es gibt zu wenige Wohnungen etc. pp.

  2. 12.

    Ehe die Politik nicht gesetzlich geregelt hat und die Wohnungen nicht gebaut sind, kann es doch so nicht weitergehen. "Container-Dörfer" sind kein Übergang, da auf der anderen Seite des Übergangs eben keine Wohnung ist. Das ist sozial einfach unverträglich. Seien wir realistisch.

  3. 11.

    Bitte "ver-dienen" nicht übernehmen, … Geringst-Verdiener … -> mit Geringst-Einkommen o. ä., danke. Sie kennen den Wortursprung von verdienen?
    Wie leben heute, nicht im Mittelalter.

    Aber eigentlich möchte ich hierauf antworten:

    … und auch wenn's nicht besonders schön ist, müssten mehr "Container-Dörfer" (wenigstens für den Übergang) entstehen …

    Welcher Übergang? Das ist ja das Problem. Für Flüchtlinge/Migranten gibt es Maximalzeiten in "Container-Dörfern", danach müssen sie auf Wohnungen verteilt werden. Von denen gibt es viel zu wenige für die Gesamtpopulation.

    Arme Nicht-Migranten haben keinen Umsetzungs-Anspruch auf Unterbringung in Wohnungen. Sollen alle in "Container-Dörfer" zwangsumquartiert werden? Welchen sozialen Frieden stellen Sie sich da vor?

    WBS … schauen Sie mal in die Statistik, wie viele Berechtigte sich um eine WBS-Whg. "streiten". Im Zweifel bekommen diejenigen mit den meisten und jüngsten Kindern den Zuschlag.

    Und was machen die anderen?

  4. 10.

    So schlimm es ist, jedoch kann man m.E. nicht ein Elend gegen ein anderes auf-/abwiegen.

    - "normaler" Wohnungsbau, keine Luxus-Appartments
    - Bauherr eines Büro-Towers, muss auch Wohnungen bauen
    - Wohnungstausch vereinfachen/bezuschussen (Rentnerin allein 3-Raum-Whg./Familie mit 2 Kindern 2-Raum-Whg)
    - WBS (weiß jetzt nicht auf die Schnelle, welche Konditionen) wirklich auf Geringst-Verdiener abstimmen
    und auch wenn's nicht besonders schön ist, müssten mehr "Container-Dörfer" (wenigstens für den Übergang) entstehen

  5. 9.

    "... sollen alle, die z. B. nicht in die Armee wollen ..."
    Ja, wenn sie in ihrem Land, z.B. Afghanistan, deshalb einen-Kopf-kürzer gemacht werden.

    "... Aber: Menschen flüchten vor den Zuständen in den Heimatländern.
    Indem Dtl. nur aufnimmt, aber weiterhin bspw. Waren dort einkauft oder dorthin verkauft, wird dieses Karussell und werden diese Ungerechtigkeiten unterstützt. ..."
    Sehe ich ähnlich.
    Deutschland "verkauft großzügig" z.B. unsere Hühnerabfälle (Füße ect.) nach Afrika und macht dort die eigene Produktion "kaputt".
    Oder - wir der Westen - unterstützten den arabischen Frühling, da ja unser System so toll ist.
    Jetzt ist die Wirtschaft z.B. in Tunesien marode, die Leute haben nichts zu "fressen" und schicken nun ihre jungen Männer zu uns, um Geld zu verdienen und es evtl. besser zu haben.

    Es ist ein Graus. Wie dies alles anders zu händeln sein könnte, ist die große Frage.

  6. 8.

    Es fehlt aber auch die gesetzliche Grundlage die ganze Menschheit in Deutschland aufzunehmen und zu versorgen.
    Nie wieder links grün.

  7. 7.

    Diese Gefahr durch prekäre Lebensverhältnisse und Aussichtslosigkeit ist durchaus gegeben.

    Bitte setzen Sie es ins Verhältnis mit der Tatsache, dass Menschen in prekären Lebensverhältnissen und Aussichtslosigkeit durch Hartz4/BG zum Auszug binnen 6 Monaten genötigt werden, wenn die Wohnung – bspw. durch einen neuen Mietspiegel oder allgemeine Wohnwertsteigerung – besonders benachteiligt sind, denn ihnen steht kein solcher Verteilerschlüssel zu. Bspw. eine Mutter, die von heute auf morgen im Status alleinerziehend ist.

    Sie konkurrieren dann mit allen anderen Wohnungssuchenden auf dem "freien Markt" um die billigsten und kleinen Bleiben. Da gibt es aktuell und absehbar nur Mangel.

    Was sagen Sie hierzu, was den betroffenen Menschen?

  8. 6.

    Aber, Sabi, so verständlich das ist – sollen alle, die z. B. nicht in die Armee wollen, hierher kommen können? Welche Folgen hätte das?

    Ich denke, wenn man Flüchtlings-/Migrationspolitik einseitig betreibt, verschärft man das Problem.

    Dtl. darf sich nicht in die Politik anderer Staaten einmischen. Gut so.
    Aber: Menschen flüchten vor den Zuständen in den Heimatländern.
    Indem Dtl. nur aufnimmt, aber weiterhin bspw. Waren dort einkauft oder dorthin verkauft, wird dieses Karussell und werden diese Ungerechtigkeiten unterstützt.

    Oder?

  9. 5.


    Deshalb ist Grenzschutz so wichtig. Und natürlich eine faire internationale Wirtschaftspolitik.

    Der Grenzschutz ist im Grundgesetz festgeschrieben und völlig legitim.
    Bzgl. Wirtschaftsbeziehungen sollten sich alle Konsumenten und die gesamte Wählerschaft selbstkritisch befragen.

    Es gibt unendlich viel Not in dieser Welt. Die betroffenen Menschen auf der Erde herumzuschieben statt politisch stabile Beziehungen zu pflegen, ist keine Lösung, schon gar nicht für ein kleines Flächenland, das durch Zersiedelung der Natur kaum noch Raum lässt.

  10. 4.
    Antwort auf [Neugieriger ] vom 08.03.2023 um 07:18

    "... Wenn ich bereit bin diese Risiken einzugehen, dann muss ich auch mit den Umständen leben. ..."
    Naja, wenn ich evtl. in meinem Heimatland eine Bombe auf den Kopf zu bekommen oder als junger Mann zum Kämpfen gezwungen werde, würde ich auch viele Risiken auf mich nehmen.
    Es ging mir jedoch eher um die "Gefahr" - durch jahrelange schlechte Unterbrinung, keinen Möglichkeite für geregelte Beschäftigung/Arbeit usw. - ein Pulverfass zu schaffen, was sich dann "auf der Straße" entlädt z.B. Köln oder Berlin an Silvester.
    Wir brauchen doch Personal in allen Bereichen. Warum geht da nichts?

  11. 2.

    Erstaufnahmeeinrichtung ist nicht gleich Erstaufnahmeeinrichtung.
    Wenn ich mir vorstelle, dass nicht wenige bis zu vier Jahren in einer "schlechten" Einrichtung ohne Privatsphäre, mit Gemeinschaftsklo und -Küche usw.
    Schaffen wir dann nicht die reinsten Pulverfässer?

  12. 1.

    Wenn die gesetzliche Grundlage fehlt, dann muss man sie halt schaffen.

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