Verfassungsschutzbericht - Stübgen: Rechtsextremismus stellt in Brandenburg weiter große Gefahr dar

Mi 19.04.23 | 14:54 Uhr
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Symbolbild:Rechtsextreme Demonstrierende laufen bei einer Kundgebung mit Reichsflaggen mit.(Quelle:imago images/E.Thonfeld)
Audio: Antenne Brandenburg | 19.04.2023 | Hanno Geduldig | Bild: imago images/E.Thonfeld

Die Zahl der Menschen, die der Verfassungsschutz in Brandenburg dem Rechtsextremismus zuordnet, hat im Jahr 2022 zugenommen - das zeigt der neue Bericht der Behörde. Einfluss darauf hat auch der Krieg in der Ukraine.

Der Rechtsextremismus bleibt der mit Abstand größte Extremismusbereich in Brandenburg. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht 2022 hervor, der am Mittwoch in Potsdam von Innenminister Michael Stübgen (CDU) und Verfassungsschutzchef Jörg Müller vorgestellt wurde.

"Von Rechtsextremisten geht weiterhin die größte Gefahr für unsere Demokratie aus. Hierbei bildet der rechtsextremistische Verdachtsfall Alternative für Deutschland (AfD) zusammen mit dem rechtsextremistischen Magazin 'Compact' und dem rechtsextremistischen Verein 'Zukunft Heimat' eine verfassungsfeindliche, politisch-mediale Formation", sagte Stübgen. Deren gemeinsames Ziel sei, die Gesellschaft fundamental umzuwandeln. Wachsende Teile der Gesellschaft drohten, in eine Art Hasszustand wegzukippen.

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Verfassungsschutz-Chef: Russischer Angriffskrieg hat Verfassungsfeinde "regelrecht elektrisiert"

Dem Bericht zufolge stieg das rechtsextremistische Personenpotenzial im Vergleich zum Vorjahr leicht um 25 auf 2.855 [mik.brandenburg.de]. 1.260 Anhänger der rechtsextremen Szene gelten nach Angaben des Verfassungsschutzes als gewaltorientiert, 15 mehr als im Vorjahr. Die Zahl der damit zusammenhängenden registrierten Gewaltstraftaten sank allerdings auf 90, 18 weniger als im Vorjahr. 2020 zählte der Verfassungsschutz 2.860 potenzielle Rechtsextremisten und damit den bisherigen Rekordwert.

Der Leiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Jörg Müller, sagte, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe im vergangenen Jahr gerade die Akteure der verfassungsfeindlichen politisch-medialen Formation "regelrecht elektrisiert." Nicht weil diese mit den Ukrainern mitfühlten, sondern weil sie darauf hofften, dass der Krieg zu ökonomischen Verwerfungen in Deutschland führe. "Sie träumten davon, Deutschland einen heißen Herbst und einen heißen Winter aufzuzwingen", sagte Müller. Das Ergebnis sei für die Szene ernüchternd, es sei bei zahlreichen, teilweise krampfhaften Versuchen geblieben.

Rückgang beim Linksextremismus, Zahl der Islamisten und "Reichsbürger" konstant

Beim Linksextremismus sei dagegen ein deutlicher Rückgang um 100 auf 530 Angehörige der Szene festzustellen. Als gewaltorientiert stuften die Verfassungschützer davon 200 Personen ein, 40 weniger als im Vorjahr. Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) kommen in Brandenburg laut des Verfassungschutzes zusammen nach einem weiteren Rückgang auf noch etwa 35 Mitglieder, sie seien nicht mehr handlungsfähig.

Islamische Extremisten wurden im Jahr 2022 wie im Jahr zuvor 210 gezählt. Darunter befänden sich weiterhin 80 Personen mit Bezügen zur "Islamistischen Nordkaukasischen Szene" in Tschetschenien, von denen manche Gruppen sich dem terroristischen sogenannten "IS" zugehörig erklärt hatten. In Brandenburg versuchten sie, junge Tschetschenen für ihre terroristischen Ziele zu gewinnen, heißt es im Verfassungsschutzbericht.

Die Zahl sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter liegt laut Verfassungsschutzbericht unverändert bei 650. Die fremdenfeindliche Gruppe "Provinz Brandenburg – Freistaat Preußen" beispielsweise fordere eine Rückkehr Deutschlands zu den Grenzen von 1914 und verlangte in einem im Juli 2022 veröffentlichten Schreiben "jeder Rasse ein Territorium zuzuweisen und durch geografische Barrieren voneinander zu trennen".

Verfassungsschutz warnt vor zunehmenden separatistischen Tendenzen

Der Verfassungsschutz hatte am vergangenen Samstag vor zunehmenden separatistischen Tendenzen in der rechtsextremen Szene gewarnt. Die Debatten liefen darauf hinaus, bestimmte Territorien zu besetzen, sie abzuspalten oder Deutschland ganz aufzugeben - wie mit dem Fantasiestaat "Königreich Deutschland" in Lychen-Rutenberg (Uckermark).

Der Chef des Verfassungsschutzes warnte am Mittwoch außerdem vor russischer Spionage. "Natürlich setzen die russischen Dienste jetzt erst recht alles daran, mit Spionage gegen Einrichtungen und Personen an sensible Informationen zu gelangen", erklärte Müller. Der Bundeskanzler und zwei Bundesministerinnen kämen aus Brandenburg, im Raum Potsdam befänden sich das Präsidium der Bundespolizei und das Einsatzführungskommando der Bundeswehr. "Wir müssen uns darauf einstellen, Angriffsziel zu sein", erklärte Müller.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 19.04.2023, 19:30 Uhr

34 Kommentare

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  1. 34.

    "Und treiben diese in wessen Arme? Extremismus kann braun, rot oder grün sein. "

    Hier geht es aber um die größte Gefahr, dem Rechtsextremismus, auch wenn die Sympathisanten versuchen mit angeblichen Extrmismus von links oder gar grün abzulenken.

  2. 33.

    "Wossi" hatte lediglich auf den Unterschied zwischen "rechts" und "rechtsextrem" hingewiesen.
    Ein Unterschied, die dem Autor des Artikels immerhin klar zu sein scheint.
    Also. Nichts mit Verharmlosung!

    "Konsorten" und AfD in Verbindung zu bringen ist im übrigen eine Beleidigung, die Argumente nicht ersetzt, aber die gelegentliche Verwendung des Begriffs "linksgrünversifft" erklären könnte.

  3. 32.

    Und einmal mehr verharmlosen Sie Rechtsextremismus. Zumal von den Rechten auch alles, was nicht rechts oder gar rechtsextrem ist, schnell als "linksgrünversifft" diffamiert wird. Polarisierende Scharfmacher von afd und Konsorten wollen halt ihre Schäfchen finden...

  4. 31.

    "Polarisierende Scharfmacher wollen „ihre Schäfchen“ finden?"
    Und treiben diese in wessen Arme? Extremismus kann braun, rot oder grün sein. Am Ende ist es egal. Die Gefährlichkeit ist gegeben.

  5. 30.

    Nein, das merken sie nicht, wie man an den zunehmenden Zahlen und dem Zuspruch unschwer erkennen kann. Die Selbstverliebtheit, gepaart mit Einfalt, Hochmut und die besserwisserische arrogante Bräsigkeit macht anscheinend immun gegen Kritik aller Art.

  6. 29.

    Wie es scheint, beginnt das Kartell langsam aber sicher zu bröckeln. Vielleicht kommt dann auch die geistig moralische Erneuerung, die Helmut Kohl einst versprochen hat ? Es sollte auch ein Ruck durch die Gesellschaft gehen. Leider ist der Ruck nach hinten losgegangen.

  7. 28.

    Für mich ist die größte Gefahr das Kartell der Blockparteien, mit schwarzen, roten und grünen Parteibüchern.

  8. 27.

    In dem Artikel geht es nicht um rechts sondern um Rechtsextremismus. Sie halten das zwar auseinander, indem Sie auf eine Frage richtig antworten, aber einige nutzen das für ideologische Zwecke so aus, dass alles rechtsextrem ist was sich nur ansatzweise dazu eignet. Sei es auch noch so liberal. Polarisierende Scharfmacher wollen „ihre Schäfchen“ finden?

  9. 26.

    Wenn fehlende Bildung tatsächlich zum Zulauf bei den Extremisten führt, dann müsste die AfD weit über 50% der Stimmen haben.

  10. 25.

    Merkt die Politik nicht, dass sie mit ihren Entscheidungen gegen den Willen der Bevölkerung, den Zulauf zu dieser Partei vergrößert?

  11. 24.

    Rechtsextremismus ist die größte Gefahr. Einfach mal den Beitrag richtig durchlesen, denn wir alle haben es in der Hand, etwas dagegen zu unternehmen. Sie auch.

  12. 23.

    Unzufriedenheit bringt Rechtsextremismus hervor? Aus Unzufriedenheit muss man andere Menschen hassen? Gewalt ausüben?
    Wer unzufrieden ist, sucht sicher andere Lösungen, Sie aber erwecken den Anschein, man müsse andere hassen, weil man unzufrieden ist. Und die Politik trägt die Schuld daran, wenn man rechtsextrem wird.
    Ich muss Sie enttäuschen, rechtsextrem wird man aus anderen Gründen und dazu sollten sich die Menschen dann auch bekennen und sich nicht irgendwelche Ausreden ausdenken. Wer Menschen hasst, der hat ganz andere Probleme.
    Rechtsextreme wollen unsere Demokratie schädigen, aber nicht aus Unzufriedenheit.

  13. 21.

    Stimmt, da unterscheidet man auch ordentliche Enteignung von Enteignung über Umwege....

  14. 20.

    "Das Problem unserer heutigen Gesellschaft besteht nicht in der Frage wer jetzt welches Gedankengut verfolgt, sondern darin sich nicht mehr in Form einer Diskussion mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen."

    Die üblichen Verharmlosungsversuche, Rechtsextremismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

  15. 19.

    Extremismus jeglicher Couleur/ Kriminalität entsteht sehr oft wenn einer nichts mehr zu verlieren hat oder das Erreichte droht zu zerrinnen!

  16. 18.
    Antwort auf [Robin ] vom 19.04.2023 um 14:44

    Die vom Verfassungsschutz als Rechtsextremisten ausgewiesenen Personen sind Mitglieder in Parteien und Vereinen (bspw. NPD oder Dritter Weg), Burschenschaften, Kameradschaften etc.
    Die haben also nicht mal zufällig was falsches gesagt, als ein Polizist um die Ecke kam. Darüber hinaus gab es vor kurzem bereits Artikel zu gestiegenen Straftaten aus dem rechtsextremistischen Lager.
    Klar, Sozialisierung, Bildung und Aufklärung sind die erfolgversprechendsten Optionen, aber auch diese müssen finanziert werden. Und auch dafür muss das Problem erst einmal klar benannt werden. Wir haben ein Problem mit Rechtsextremisten und das muss gelöst werden.

  17. 17.
    Antwort auf [Robin ] vom 19.04.2023 um 14:44

    Vielen Dank für Ihren Kommentar!

    Volle Zustimmung mit kleinem Zusatz:

    "... Alle in unserer Gesellschaft müssen wieder lernen miteinander zu reden und einander zuzuhören! ..."

    OHNE, das momentan heftige schwarz/weiß-Denken ... dazwischen gibt es eine Menge Graustufen!

  18. 16.
    Antwort auf [Robin ] vom 19.04.2023 um 14:44

    "Alle in unserer Gesellschaft müssen wieder lernen miteinander zu reden und einander zuzuhören!"

    Prinzipiell richtig, aber wollen (und können...) Sie denen, die im Artikel beschrieben werden, zuhören...?

  19. 15.
    Antwort auf [Robin ] vom 19.04.2023 um 14:44

    " Es gibt eine politisch vorgegebene Meinung, die man zu haben hat"

    Darum geht es ja. Die politisch vorgegebene Meinung sollte aus dem Bekenntnis zur Demokratie bestehen. Wenn zu sehen/hören/lesen ist, dass das nicht der Fall ist, ist man in einer extremen Ecke und gehört bekämpft. Und das ist auch gut so.
    "Kritisch hinterfragen" ist selbstverständlich o.k. Aber dann immer auf dem Boden des Demokratieverständnisses bitte. Wenn ich den Artikel lese, fällt das dort Besprochene incl. Gewaltbereitschaft nicht in diese Kategorie.
    Die, die so gerne oft und laut Toleranz für sich einfordern, sind auch oft die, die anderen gegenüber ausgesprochen intolerant sind.

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